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Ordnung sein. Davon war er überzeugt. Bei dem Gedanken, was er ihr anzukündigen hatte, fühlte er sich versucht zu lächeln, bezwang sich jedoch. Er war jetzt ein Mann und kein Halbwüchsiger, der gelobt werden wollte, und hatte sich nach dem nicht sehr herzlichen Empfang durch die Mutter vorgenommen, etwas vorsichtiger zu sein.
Sie setzte sich in den Schaukelstuhl, bedeutete dem Sohn mit achtloser Geste, ihr gegenüber im Sessel Platz zu nehmen, und beobachtete ihn aus halb geschlossenen Augen. Seine Anwesenheit war ebenso unerwartet wie unerwünscht. Unwillkürlich staunte Evaline jedoch darüber, zu welch gut aussehendem jungen Mann er sich entwickelt hatte. Er war hoch gewachsen, breitschultrig und schmalhüftig und sah wie eine verbesserte, verfeinerte Kopie des Vaters aus. In jäher Einsicht begriff Evaline, weshalb sie Philip zuliebe ihre wohlhabenden Eltern verlassen hatte. Es war seine körperliche Ausstrahlung gewesen, die sie dazu bewogen hatte. Seine Anziehungskraft war sehr stark gewesen, mit der Zeit jedoch, wie Evaline mittlerweile wusste, restlos geschwunden.
Sie zwang sich, nicht mehr an ihn zu denken, und erkundigte sich scharf: „Also, was willst du?" Es drängte sie, das Gespräch hinter sich zu bringen, damit sie ihre Pläne durchführen konnte.
„Ich habe dir etwas Wichtiges mitzuteilen", antwortete Clay eifrig.
„Ach, ja? Was?"
„Daheim ist alles anders geworden", sagte er triumphierend. Er war bereit, ihr zu berichten, wie hart der Vater und er gearbeitet hatten, damit das Gestüt hohe Gewinne abwarf. Sie sollte stolz darauf sein, dass man endlich etwas erreicht hatte.
Der Vater war jetzt ein gemachter Mann, für den Geld nie wieder ein Problem sein würde.
„Oh?" erwiderte sie wenig beeindruckt. Es lag ihr fern, den Sohn zu ermutigen. Im Gegenteil, sie wollte das Gespräch beendet wissen und ihn gehen sehen. Boyd Char-leton, ihr Liebhaber, würde sie in ungefähr einer Stunde abholen kommen, und wenn er eintraf, wollte sie zum Ausgehen fertig sein.
Ihre Gleichgültigkeit befremdete Clay. „Ja, wir haben es geschafft", sagte er selbstbewusst. Er hatte zu lange auf diesen Augenblick gewartet, um sich jetzt von irgendetwas aufhalten zu lassen. Er war überzeugt, dass seine Nachrichten sie erfreuen würden. In seinen kühnsten Träumen wäre er nie auf den Gedanken gekommen, dass sie nicht begeistert sein würde. „Vater und ich haben Windown zu einem blühenden Unternehmen gemacht."
Jäh fühlte Evaline sich unbehaglich. „Wie schön für euch."
„Für uns alle", meinte Clay. „Jetzt hast du keinen Grund mehr, Mutter, uns fernzubleiben. Wir haben genug Geld. Du kannst alles haben, was du dir wünschst.
Nun kannst du heimkommen."
Erstaunt zwinkernd schaute sie den Sohn an. Sie sollte nach Windown zurückkehren? Hatte er gesagt, sie solle heimkommen? „Warum sollte ich das tun?"
„Warum?" wiederholte er stirnrunzelnd.
„Ja, warum?" Sie erhob sich und entfernte sich von ihm.
„Nun, ich dachte ..." Durch die überraschende Reaktion auf die freudige Nachricht bekam seine aufgesetzte Fassade der Reife Risse.
„Was dachtest du?" Evaline drehte sich zu ihm um und sah ihn spöttisch an.
„Ich dachte, du liebtest uns und ..."
Er hielt inne, weil sie verächtlich auflachte. „Du dachtest, ich würde deinen Vater und dich noch lieben?"
Ihr abfälliges Lachen erschütterte Clay bis in Mark.
„Wann habe ich bei dir den Eindruck erweckt, mein lieber Junge, ich würde zu euch zurückkehren?" fragte sie ungläubig. „Hast du wirklich angenommen, ich käme nach all diesen Jahren mit fliegenden Fahnen zu euch zurück, nur weil dein Vater und du zu etwas Geld gelangt seid?"
Schweigend und reglos hatte er sich den gehässigen Ausbruch ihrer wahren Gefühle angehört. Philip Cordell hatte in all den Jahren ihre geringschätzige Einstellung gekannt, jedoch nicht das Herz gehabt, seinen jungen, idealistischen Sohn über sie aufzuklären. Clay versteifte sich.
„Ich sehe, dass du genau das von mir erwartet hast. Ich befürchte jedoch, es wird nicht geschehen. Hat dein Vater dich zu mir geschickt?"
„Nein!" platzte Clay heraus.
„Also war dieser Besuch dein Einfall?"
„Ja", antwortete Clay gepresst und sah sie wie erstarrt an. Er hatte so lange auf diesen Moment gewartet und sich oft ausgemalt, wie das Gespräch verlaufen, wie er ihr unerhörte Reichtümer versprechen, sie ihn dann in die Arme schließen und ihm sagen würde, sie liebe ihn. Und dann würde sie mit ihm zur
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