033
Plantage zurückkehren, wo man wieder als glückliche Familie vereint lebte. Nun, da die Unterredung stattfand, verlief sie indes nicht wie vorgesehen. Die Mutter war nicht mehr so, wie er sie sich vorgestellt hatte. Er beobachtete sie und fragte sich, wann ihre Schönheit zu verblassen begonnen haben mochte, seit wann ihr Blick so kalt geworden war.
Sie lachte boshaft auf, näherte sich ihm und hielt vor ihm an. Dann tätschelte sie ihm nachsichtig die Wange. „Ich werde nicht zu euch zurückkehren, ganz gleich, wie reich dein Vater und du jetzt seid. Ich bin glücklich. Warum in aller Welt sollte ich den Wunsch haben, wieder in diesem scheußlichen Loch zu leben?"
Wütend stand Clay auf. „Windown ist kein scheußliches Loch!"
„Das ist eine Frage des Standpunktes." Evaline zuckte mit den Schultern. „Es war mir zuwider, auf dieser elenden Plantage zu leben. Ich habe sie vom ersten Moment an verabscheut und deinen Vater gehasst, weil er mich dort hingebracht hat. Nun habe ich alles, was ich mir je ersehnte, und bin mit meinem jetzigen Leben sehr zufrieden. Ich habe nicht die Absicht, es zu ändern. Du kannst dein Geld behalten.
Ich brauche es nicht."
Stocksteif hatte Clay zugehört. „Aber ich habe Jahre gearbeitet, um dir das zu geben, was du haben wolltest ..."
„Das Einzige, was ich je haben wollte, war meine Freiheit. Ich habe sie seit dem Tag, an dem ich euch verließ", äußerte Evaline grausam. Das Gespräch ödete sie an. „Du bist mein Sohn, aber ich nehme an, dass ich nicht die Art Frau bin, die Kinder haben sollte, ganz zu schweigen von einem Ehemann."
Innerlich zuckte Clay zusammen. „Vater hat sich nicht von dir scheiden lassen."
„Das ist eine reine Formalität, Clay. Ich habe damit gerechnet, dass er die Scheidung einreicht, weil er von mir verlassen wurde, aber da er nie gerichtliche Schritte unternommen hat ..." Gleichmütig zuckte Evaline mit den Schultern. „Ich habe mir deswegen nie irgendwelche Sorgen gemacht. Schon vor langer Zeit habe ich mir geschworen, nie wieder in die Ehefalle zu tappen. Also ist es ohne Bedeutung, dass dein Vater und ich nicht geschieden sind."
„Ich verstehe", sagte Clay verbissen. Langsam, je mehr er die Wahrheit erkannte, wurde er von eisiger, ohnmächtiger Wut erfasst. Die Mutter liebte weder ihn noch ihren Gatten. Sie wollte überhaupt nicht nach Windown zurückkehren. Vermutlich hatte sie nie diesen Wunsch gehabt. All die Jahre, die er darauf verwendet hatte, Erfolg zu haben, um die Mutter zurückzugewinnen, waren vergeudet gewesen. Sein Traum, wieder eine vereinte Familie zu haben, war eine kindische Illusion gewesen.
Mehr und mehr begriff er die Einstellung des Vaters und erkannte dessen Klugheit.
Der Vater hatte wohl seit langem gewusst, welchen Standpunkt die Mutter vertrat, es jedoch nicht über sich gebracht, dem Sohn die kindliche Unerfahrenheit zu nehmen oder ihn gegen seine Gattin einzunehmen. Clay selbst hatte die Wahrheit herausfinden müssen, und diese schmerzhafte, ihn so nachhaltig erteilte Lektion beeindruckte ihn mehr als alle Erklärungen, die der Vater ihm hätte geben können.
„Ich hoffe, du hast begriffen", erwiderte Evaline und ging zur offenen Salontür, wo sie stehen blieb, um dem Sohn zu bedeuten, er solle sich zurückziehen. „Ich lebe jetzt mein eigenes Leben und habe nicht den Wunsch, irgendetwas daran zu verändern."
Einen Moment lang starrte Clay sie erschüttert an und erkannte, was für ein Narr er gewesen war. In diesem Augenblick gelobte er sich, nie zuzulassen, dass eine Frau je für ihn von Bedeutung war. Sein Blick wurde frostig, während er sich den Anblick der vor ihm stehenden, ihn verächtlich betrachtenden Mutter einprägte, die ihn ein für alle Mal aus ihrem Dasein verdrängte. Für den Rest seines Lebens würde er bittere Erinnerungen an sie haben.
Er nahm alle Willenskraft zusammen und schaute ihr in die grauen Augen, in denen keine Wärme oder verhaltene Zuneigung zu sehen war. Dann neigte er leicht den Kopf und ging zur Tür. „Wie du willst." Als er an der Mutter vorbeischritt, hätte er beinahe „Auf Wiedersehen" gesagt, brachte dann jedoch nur ein gepresstes „Lebe wohl" heraus.
„Danke, Clay", erwiderte sie knapp und schloss, ohne einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden, hinter ihm die Tür.
Er beherrschte sich, während er die Freitreppe hinunterstieg und sein Pferd vom Haltepfahl abband. Er hatte erwartet, in bester Stimmung und unverzüglich heimzukehren, doch nun dachte
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