033
Abendessen bereit. Sie holte ein hübsches blaues Abendkleid heraus, das Emilie in den Koffer gepackt hatte, strich es glatt und breitete es auf ihrer Betthälfte aus.
Clay setzte sich in der Nähe des Bettes in einen Sessel, schaute ihr bei den Vorbereitungen zu und überlegte, warum der Zwischenfall an Deck ihn so verärgert hatte. Er fand keine Antwort, war sich jedoch bewusst, dass er von nun an nicht mehr von Miss Alvarez' Seite weichen werde.
Reina wollte sich endlich umziehen und forderte ihn auf, sie allein zu lassen. Er weigerte sich und hielt ihr vor, er könne nicht jedes Mal, wenn sie sich umziehen wolle, die Kabine verlassen. Das würde seltsam aussehen.
„Sie könnten den Leuten, falls man Sie darauf ansprechen sollte, sagen, ich sei sehr schüchtern", wandte Reina ein.
Er lachte verächtlich auf. „Heute Nachmittag hat Sie alle Welt mit Mr. Webster gesehen. Ich bezweifele, dass man mir abnimmt, Sie seien sehr schüchtern."
Reina bedachte Mr. Cordell mit einem eisigen Blick. Es störte ihn jedoch nicht im Mindesten, dass sie verärgert
war. Es war nicht seine Aufgabe, ihr zu gefallen. Es war seine Aufgabe, sie unbeschadet zu ihrem Vater zu bringen.
„Ich befürchte, Sie werden sich notgedrungen damit abfinden müssen, dass keiner von uns bis Monterey seine Intimsphäre wahren kann", sagte er lächelnd.
Reina brachte es fertig, einen Wutschrei zu unterdrücken. Sie wartete darauf, dass Mr. Cordell sich endlich umdrehte, doch er rührte sich nicht von der Stelle. „Nun?"
fragte sie scharf.
Er grinste spöttisch, weil sie uneingestanden nachgegeben hatte. Sich als Sieger fühlend, ging er zu dem kleinen Bullauge und schaute aufs Meer. Zu seinem größten Entzücken stellte er fest, dass er in der Scheibe ihr Spiegelbild sehen konnte. Sie stand am Fußende des Bettes und starrte ihn aufgebracht an.
„Jetzt haben Sie Ruhe vor mir, Miss Alvarez. Ich kann Sie nicht sehen", log er.
„Vielen Dank", murmelte sie gereizt und fing an, das Kleid aufzuknöpfen.
„Gern geschehen. Wissen Sie, ich möchte Ihr Schamgefühl keineswegs dadurch verletzen, dass ich Sie unbekleidet sehe, wenngleich das sicher keine Enttäuschung für mich wäre. Ich meine, schließlich habe ich Sie schon halb ausgezogen gesehen."
„Es ist abscheulich von Ihnen, das zu erwähnen", sagte Reina eisig.
„Abscheulich? Damals war das ein ziemlich erfreuliches Erlebnis für mich", entgegnete er und lachte, weil sie so verärgert geklungen hatte.
„Vergessen Sie, dass es je so weit gekommen ist. Wir beide wissen, es hat überhaupt nichts zu bedeuten. Das war ein Fehler, den ich nie mehr begehen werde."
„Sie haben Recht. Es hat wirklich nichts bedeutet", stimmte Clay nachdenklich zu.
„Aber glauben Sie nicht, Miss Alvarez, dass es nur zufällig so weit gekommen ist. Ich war entschlossen, mit Ihnen allein zu sein, und habe mir den leichtesten Weg ausgesucht, um das zu erreichen."
Sie war froh, dass Mr. Cordell sie nicht sehen konnte, weil sie nach dieser Mitteilung schrecklich rot geworden war. Es war offenkundig, dass er sie von Anfang an für sehr leichtfertig gehalten hatte. Zu diesem Eindruck hatte sie noch beigetragen, weil sie sich ihm beinahe hingegeben hätte. Er war der Tatsache gegenüber blind gewesen, dass sie Gefahr gelaufen war, sich unsterblich in ihn zu verlieben. Er hatte angenommen, sie habe ihm die ganze Zeit nur etwas vorgemacht und ihn so aufgereizt und betört, wie er sie aufgereizt und betört hatte.
Diese Erkenntnis war schmerzlich, doch Reina war froh, das endlich zu wissen.
Solange er weiterhin glaubte, dass sie nur eine Rolle gespielt hatte, würden ihr weitere Demütigungen durch ihn erspart bleiben. Er durfte nie erfahren, dass sie wirklich etwas für ihn empfunden hatte, wenngleich nur für kurze Zeit.
„Wie schön, dass ich Ihnen alles so leicht gemacht habe." Ironie hatte aus ihren Worten geklungen.
„Wäre mein Plan damals nicht erfolgreich gewesen, hätte es andere Gelegenheiten zu anderen Zeiten gegeben, Miss Alvarez. Seien Sie versichert, ich hätte einen Weg gefunden, um mit Ihnen allein zu sein", fügte Clay selbstbewusst hinzu. „Ich hätte nicht zugelassen, dass Sie mir ein zweites Mal entwischen."
Reina lächelte vor sich hin, während sie sich auszog. Im Augenblick fühlte Mr.
Cordeil sich ihr sehr überlegen, doch wenn sie ein Wörtchen mitreden konnte, würde er nicht lange in dieser Stimmung sein. Sie würde bald einen zweiten Fluchtversuch unternehmen. Der Dampfer
Weitere Kostenlose Bücher