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nicht daran, sich von Mr. Cordell zwingen zu lassen, mit ihm zu gehen. „Ich fühle mich wirklich gut, mein Lieber. Wenn du jedoch in die Kabine gehen und dich eine Weile ausruhen willst, dann tu das."
Clay stand kurz vor einem Wutausbruch. Nie zuvor hatte eine Frau es gewagt, sich so offen gegen ihn aufzulehnen. „Mir ist es wirklich lieber, wenn du mich begleitest, Liebling. Ich bin sicher, Mr. Webster sehen wir beim Abendessen wieder."
Unmerklich verstärkte er drohend den Griff um Miss Alvarez' Arm.
Reina wusste, sie durfte nicht wagen, ihn noch weiter zu reizen. Sie lächelte den ahnungslosen Mr. Webster an und sagte, ihren ganzen weiblichen Charme verströmend: „Mein Mann braucht mich, Mr. Webster. Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden. Wir sehen uns dann später."
„Ja, Madam", erwiderte er strahlend.
„Wir sehen uns doch nachher beim Essen, nicht wahr?" Reina hatte darauf geachtet, in der Mehrzahl zu sprechen.
„Ja, ganz sicher, Mrs. Cordell", versprach Michael eifrig.
Sie nickte ihm zu und ließ sich dann von Mr. Cordell fortführen. Sie wirkten wie ein perfektes Paar, als sie unter Deck gingen, und viele anerkennende Blicke folgten ihnen.
Erst als Clay in der Kabine war, explodierte er: „Zum Teufel, was haben Sie sich dabei gedacht?"
„Ich habe mich lediglich mit einem sehr netten, sehr einsamen jungen Mann unterhalten", antwortete Reina schlicht. Es freute sie, dass sie äußerlich so bemerkenswert ruhig bleiben konnte, obwohl sie innerlich vor Wut tobte und Mr.
Cordeil am liebsten angeschrien hätte, es ginge ihn nichts an, was sie tat oder mit wem sie redete.
„Es ist mir gleich, wie einsam der junge Mr. Webster ist. Es ist mir gleich, ob er auf der ganzen Welt keinen Freund hat!" stieß Clay wütend hervor. „Das hat aufzuhören, und zwar sofort!"
Unter halbgesenkten Lidern schaute Reina ihn an. Man hätte meinen können, er sei eifersüchtig, doch das konnte nicht der Fall sein. Wenn es etwas gab, das er ganz bestimmt nicht empfand, dann war das Eifersucht.
„Ich habe eingewilligt, bei Ihrer kleinen Komödie mitzumachen, dass wir angeblich verheiratet sind. Aber das ist alles, wozu ich zugestimmt habe."
„Sie haben sich wie eine verheiratete Frau aufzuführen!"
„Ich wusste nicht, dass es verheirateten Frauen nicht gestattet ist, sich mit anderen Passagieren zu unterhalten", erwiderte Reina herausfordernd.
„Nicht mit unverheirateten Herren! Ich habe miterlebt, wie Sie Männer umgarnen.
Ein unerfahrener Mann wie Mr. Webster wäre Wachs in Ihren Händen. Ich will, dass Sie sich von ihm fern halten. Lassen Sie ihn in Ruhe."
Reina fragte sich, wieso Mr. Cordell eine derart schlechte Meinung von ihr hatte. Er kannte sie doch kaum. Es machte sie wütend, dass er sie für so verkommen hielt, einen jungen Mann wie Mr. Webster verführen zu wollen. Das Einzige, was sie von Mr. Webster erwartete, war, dass er ihr bei der Flucht half, falls sich eine Möglichkeit dazu bot.
„Zwischen Ihnen und Mr. Webster besteht ein großer Unterschied. Mr. Webster ist ..."
„Sie haben Recht", fiel Clay ihr ins Wort. „Es gibt einen verdammt großen Unterschied. Mr. Webster ist noch nicht ganz trocken hinter den Ohren, und ich bin ein gestandener Mann. Sie tun gut daran, das nicht zu vergessen."
„Ich wollte sagen", fuhr Reina gelassen fort, ohne auf Mr. Cordells letzte Äußerungen einzugehen, „der große Unterschied besteht darin, dass Mr. Webster ein Gentleman ist."
„Ich werde Ihnen jetzt etwas sagen", erwiderte Clay kühl. „Ich werde mich wie ein Gentleman benehmen, obwohl ich angeblich keiner bin, wenn Sie sich wie eine Dame aufführen."
Die Spitze trieb Reina zur Weißglut, doch sie beherrschte sich. Das war nicht der Augenblick und auch nicht der richtige Ort, um Mr. Cordeil noch weiter zu reizen. Sie musste sich in Geduld üben. „Ich habe nie vergessen, dass ich eine Dame bin, obwohl Ihnen das entfallen zu sein scheint", entgegnete sie würdevoll.
„Da ich das nie wusste, konnte ich es auch nicht vergessen", entgegnete Clay abscheulicherweise.
Reina wünschte sich, die Kabine möge zehnmal größer sein, damit sie sich eine Weile von ihm entfernen konnte. Ihr war jedoch klar, dass sie bis zur Ankunft in Kalifornien nie richtig ungestört sein konnte. Im Gegenteil, Mr. Cordell schien mehr denn je entschlossen zu sein, sie nicht aus den Augen zu lassen.
Sie gab vor, durch nichts, was er geäußert hatte, aus der Fassung geraten zu sein, und machte sich zum
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