Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0330 - Der Todesclub

0330 - Der Todesclub

Titel: 0330 - Der Todesclub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Todesclub
Vom Netzwerk:
nehmen Sie doch Platz, Mister Cotton. Ich nehme an, dass Peter den Kaffee gleich bringen wird.«
    Sie setzte sich an einen niedrigen, viereckigen Tisch, der von einer dünnen und durchsichtigen Kunststoffschicht überzogen war, sodass man die Maserung des Holzes klar wie unter einer Fensterscheibe erkennen konnte.
    »Wir haben noch nie einen richtigen G-man im Haus gehabt. Ist es wahr, dass es sechstausend gibt?«
    Ich zuckte die Achseln und musste gegen meinen Willen grinsen.
    »Ich weiß es nicht genau. Wir sind noch nie als geballte Streitmacht in Erscheinung getreten. Die größte Zahl von G-men, die ich zusammen sah, war 261.«
    »Bei einer Tagung?«
    »Nein. Bei einem Fall von Kindesentführung.«
    »Sie haben einen sehr interessanten Beruf, Mr. Cotton.«
    »Es geht.«
    Der Kaffee war serviert worden, und die Frau bedankte sich mit einem freundlichen Wort. Ich spürte, wie sich etwas bedrückend eng um mein Herz legte. Bald würde ich dieser Frau reinen Wein einschenken müssen. Die Tote im Kappa Eight Klub musste erwähnt werden. Die Frage war nur: wie? Wie bringt man jemandem bei, dass ein Mensch, den er liebt, der jung war und die Zukunft, eine glänzende Zukunft, vor sich hatte, dass dieser junge Mensch plötzlich tot ist? Es war nicht das erste Mal, dass ich diese traurige Pflicht zu erfüllen hatte, aber jedes Mal ist es wieder wie beim ersten Mal.
    »Milch? Zucker?«, fragte sie.
    »Danke«, sagte ich, und meine Stimme klang fremd. »Ich trinke ihn schwarz, wenn Sie erlauben.«
    Der Butler hatte die Bibliothek längst wieder verlassen. Das Haus lag einsam. Soweit man sehen konnte, gab es keinen Nachbarn.
    Aber die Stille, die jetzt den Raum erfüllte, war so schwer, dass ich sie auf mir lasten fühlte, wie eine greifbare Bürde. Das Klirren, das die Stille unterbrach, als ich meine Tasse zurücksetzte, klang grell und hässlich.
    Sie war zu höflich, um mich nach der Ursache meines Besuches zu fragen. Aber ich konnte nicht ewig so herumsitzen. Ich musste damit anfangen.
    »Mrs. Goefield«, presste ich hervor, »ich muss Sie um ein paar Auskünfte bitten.«
    Sie lächelte wieder. Diese Frau war nicht nur gütig und freundlich, sie war auch gescheit.
    »Das habe ich nicht anders erwartet«, entgegnete sie. »Es gehört sicher zu Ihrem Beruf, und Sie sind beruflich hier, sonst hätten Sie mir ja nicht Ihren Dienstausweis zu zeigen brauchen. Betrifft es meinen Mann?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Oh, er war während des Krieges leitend in der Rüstung tätig, er hat mehrere Positionen in gewissen Komitees innegehabt, die im Auftrag der Regierung irgendwelche geheimen Dinge zu tun hatten - und seither, Mr. Cotton, bekommen wir in schöner Regelmäßigkeit Besuch von der Abwehr, vom Geheimdienst und ähnlichen Organisationen. Routineüberprüfungen, oder wie man das nennt.«
    »Nein, damit hat es nichts zu tun«, sagte ich kopfschüttelnd. »Es geht eigentlich mehr Ihre Kinder an.«
    »Doch nicht etwa George, ich meine meinen Sohn. Er ist Soldat in Übersee. Hat er etwas angerichtet?«
    »Nein, Mrs. Goefield.«
    »Wir kommen der Sache näher. Jetzt kann es sich nur noch um Violence handeln. Das ist meine Tochter.«
    »Haben Sie ein Foto von ihr da?«
    »Bestimmt. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, ich will nachsehen.«
    »Bitte.«
    Wir erhoben uns gleichzeitig. Ich sah mir flüchtig die Bücher an, als sie hinausgegangen war. Viele berühmte Namen waren darunter, und es war nicht nur die alte Garde aus den frühen Tagen der amerikanischen Literatur. Ich verstehe nicht viel davon, aber dass hier jemand eine Leseratte sein musste, darauf hätte man wetten können.
    Ich setzte mich wieder.
    Am liebsten hätte ich mir eine Zigarette angezündet, aber dazu musste ich anstandshalber erst die Erlaubnis erbitten.
    Es wäre für mich eine Erleichterung gewesen, wenn sich durch ein Foto herausgestellt hätte, dass die Tote im Klubhaus nicht ihre Tochter sein konnte.
    Sie kam zurück.
    Ich stand auf, wartete, bis sie Platz genommen hatte, und setzte mich wieder.
    Das Bild war plötzlich in meinen Händen, und auf einmal war auch der bittere Geschmack wieder da. Ja, sie war es. Dieses lachende, lebenslustige Mädchen auf einem Tennisplatz war identisch mit dem Mädchen, das wir tot im Klub gefunden hatten.
    »Ich hoffe«, sagte die Frau, »ich hoffe, dass es nicht zu schlimm ist, was Vicky angestellt hat. Obgleich ich fast mit einem Kurzschluss gerechnet habe.«
    Ich legte das Bild beinahe behutsam auf den Tisch.

Weitere Kostenlose Bücher