0331 - Heroin in zarten Händen
brüllte er.
Eine Kugel sirrte durch den Raum und klatschte in die Wandtäfelung. Genau an der Stelle, wo eben noch Jack Demmer gesessen hatte.
Wir stürzten auf die Straße und sahen gerade noch einen schweren Wagen mit singenden Reifen um die Ecke verschwinden.
»Rufen Sie die Stadtpolizei an«, empfahl ich dem Sheriff, »vielleicht können sie den Wagen noch stellen. Aber ich habe nicht viel Hoffnung, dass die Brüder erwischt werden. Wahrscheinlich sind sie bereits in einen anderen Wagen umgestiegen. Das ist die Arbeit eines Mannes, der alle Tricks kennt.«
Als wir ins Office zurückkamen, saß Demmer auf dem Boden und presste sich sein Taschentuch gegen die Stirn. Es war blutdurchtränkt. Phil beugte sich hinab und untersuchte die Wunde.
»Streifschuss«, meldete er. »Nicht weiter schlimm. Ein Pflaster kann den Schaden heilen. Aber einen halben Zoll weiter nach rechts…«
Demmer war käsebleich und zitterte, als er sich erhob. Der Vorfall hatte ihm die Fassung geraubt.
»Wir nehmen Sie mit und überstellen Sie dem Untersuchungsrichter, Demmer«, sagte ich. »Ich weiß nicht, was er mit Ihnen anfangen wird, aber jedenfalls sind Sie dort sicherer als sonst irgendwo!«
Er war so erledigt, dass er sich wortlos neben uns setzte, als wir in den Jaguar stiegen.
***
Phil schnitt ein so trauriges Gesicht, dass uns der Portier sicher für die Angestellten eines Beerdigungsinstituts hielt, als wir uns anmeldeten.
»Mrs. Holborn lässt die Herren bitten, auf ihr Zimmer zu kommen«, verkündete er, nachdem er den Hörer aufgelegt hatte. »Mrs. Holborn bewohnt Appartement 219.«
Wir gingen also zum Lift und fuhren hinauf. Vor 219 klopfte ich an die Tür. Die Frau öffnete und bat uns, an einem runden Tischchen Platz zu nehmen. Das hochgeschlossene Hauskleid stand ihr ausgezeichnet.
»Verzeihen Sie die Belästigung«, begann ich, »aber wir müssen ein paar Fragen an Sie stellen.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, fiel sie mir ins Wort. »Sie sind mir immer willkommen, wenn ich so sagen darf. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie als Freunde betrachte? Ich denke, ein Polizist sollte jedermanns Freund sein.«
Phil starrte mich an.
»Wenn Sie es so betrachten, ist es eine außerordentliche Ehre für uns«, meinte ich. »Sie erinnern sich, dass wir Sie neulich bei Chigi mit einem Herrn trafen?«
»Sicher«, antwortete sie, »mit Mr. Mora. Ist etwas mit ihm nicht in Ordnung?«
»Es ist alles in Ordnung«, beruhigte ich sie. »Aber würden Sie uns vielleicht verraten, woher Sie Mr. Mora kennen?«
»Also doch«, schmunzelte sie. »Sie interessieren sich für Mr. Mora. Aber das hat doch mit dem Tod meines Mannes nichts zu tun, oder? Das wäre ja absurd. Welcher Schönen hat denn Alberto wieder das Herz gebrochen? Er war schon immer ein Casanova, wissen Sie!«
»Das FBI beschäftigt sich nicht mit solchen Dingen«, gab ich zur Antwort.
»Verzeihung! Ich wollte Sie nicht beleidigen. Aber im Ernst: Ich kenne Mr. Mora schon seit fünf Jahren. Ich war damals noch nicht verheiratet und traf ihn auf einer Cocktailparty, die meine Freundin Lizzi gab. Bei dieser Gelegenheit wurde er mir vorgestellt, und ich tanzte ein paar mal mit ihm. Richard, mein späterer Mann, war damals sehr böse auf mich und brachte mich auch bald nach Hause. Er konnte fürchterlich eifersüchtig sein. Als ich nun gestern Mr. Mora im Speisesaal des Hotels traf, erinnerten wir uns wieder an diese Geschichte. Wir beschlossen dann, zu Chigi zu gehen und dort zu essen.«
»Und Sie haben keine nähere Verbindung zu Mr. Mora?«
»Ich helfe Ihnen gern«, erwiderte sie leicht verwundert, »aber ich begreife nicht, worauf das alles hinaus soll. Nein, ich habe keine engeren Beziehungen zu Mr. Mora, wenn Sie das meinten. Ich lernte ihn zufällig kennen und habe ihn zufällig gestern wieder getroffen. Wollen Sie mir nicht erklären, warum Sie so eindringlich danach fragen?«
»Nun«, meinte ich vorsichtig, »Mr. Mora genießt nicht gerade den besten Ruf.«
»Das weiß doch alle Welt«, lachte sie, »deswegen war doch auch Richard damals so böse. Aber er ist ein so guter Unterhalter. Ich nehme ihn auch gar nicht ernst.«
»Mrs. Holborn«, sagte ich, »ich bin nicht hergekommen, weil ich auf Mr. Mora eifersüchtig bin. Sie scheinen zu vergessen, dass ein Polizeibeamter nicht nur private Interessen hat.«
Sie schmollte ein wenig, nötigte uns aber dann doch dazu, einen Whisky mit ihr zu trinken.
***
Juan Celeste war und blieb verschwunden
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