0332 - Inferno
weißt du, daß ich aus der Zukunft komme?«
Der Priester lächelte seltsam und deutete auf seine Augen.
»Diese hier verraten es mir. Diese hier lassen mich auch teilweise deinen Gedankenschirm durchbrechen. Du denkst anders als wir, denn du bist fremd. Aber sage, gibt es die Straße der Götter in deiner Zeit noch?«
Klang da nicht Angst in seinen Worten durch? Angst vor einer Katastrophe?
»Es gibt sie noch«, sagte er leise. »Aber sie verändert sich. Sie ist völlig anders, als du sie kennst. Es gibt Götter und Dämonen in Mengen, und die Magie lebt in blaufunkelnden Steinen, so blau wie deine Augen.«
Tief atmete der Priester durch.
»Blaufunkelnde Steine, wie meine Augen? Wie der Kristall, den der drachentötende Gott in seinem Gürtel trägt? Viele von ihnen? Oh…«
Er sah an Zamorra vorbei.
»Und die Priester?« fragte er plötzlich. »Haben sie auch diese Magie noch in den Augen, die sie zwingt, Dinge zu tun?«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Nein«, sagte er. »Du…«
»Ich versuche, dir Freund zu sein«, sagte der Priester dumpf. »Und ich versuche, unsere Welt zu retten. Hilf mir!«
Zamorra erhob sich. »Gegen den drachentötenden Gott?«
»Gegen das Grauen«, sagte Priester, »einer versklavten Welt.«
***
Nicole war fassungslos.
Ted Ewigk meldete sich über den Dhyarra-Kristall! Es war kaum zu glauben…
»Wie kann ich mit ihm reden?« fragte sie den Schamanen aufgeregt. Das Hutzelmännchen hüpfte von einem Bein aufs andere, während der Dhyarra-Kristall noch etwas stärker glühte.
»Durch mich«, sagte der Schamane. Und mitten im Wort wechselte dabei seine Stimmlage, wurde etwas tiefer und fester. Es war Ted Ewigks Stimme. »Wie kommst du hierher, Nicole, und wo steckt Zamorra? Ich muß mit ihm reden…«
»Den suchen wir selbst«, gab Nicole hastig zurück. »Ted, was machst du hier? Wie bist du hierher gekommen? Wir…«
»Versuch’s mal mit etwas mehr Disziplin«, verlangte Ted. »Erst erzählst du, dann ich. Vielleicht kann ich mir dann eher ein Bild machen. Ich glaube, ich habe mehr Überblick und…«
Abwarten, dachte Nicole, die es immer noch nicht fassen konnte, in 24 OOOjähriger Vergangenheit in der Straße der Götter auf Ted Ewigk zu treffen. Nacheinander berichteten sie sich gegenseitig, was ihnen zugestoßen war.
Ted Ewigk nickte nachdenklich.
»Dann paßt ja endlich alles zusammen«, sagte er. »Ich nehme an, daß ich in einem Dschungel in Grex stecke, nahe der Grenze nach Khysal. Hier wird dann wohl auch das Mädchen irgendwo sein. Aber ich spüre Barrieren, die alles abschirmen. Könnt ihr hierher kommen?«
»Klar, aber wie? Wir sind in Rhonacon, das dürftest du wissen. Und selbst wenn wir Pferde bekommen, sind es einige Tagesritte.«
»Zamorras Dhyarra kannst du nicht benutzen, nicht wahr?« überlegte Ted laut. »Dann müßte ich dich fernsteuern und…«
»Der Schamane kann den Kristall anscheinend benutzen«, unterbrach Nicole. »Zumindest verkraftet sein Geist diesen Kontakt.«
»Gut«, sagte Ted. »Ich werde ihm ein Muster Zuspielen. Er muß den Dhyarra entsprechend einpolen. Er wird wissen, was er zu tun hat. Das Muster kann euch zu mir teleportieren.«
»Glaubst du das im Ernst? Auch den Dhyarras sind Grenzen gesetzt…«
»Meine liebe Nicole, eigentlich solltest du wissen, daß in unserer Zeit Dhyarra-Transporte von Tempel zu Tempel an der Tagesordnung sind, und die wenigsten Kristalle sind höher als dritter Ordnung. Die meisten sind klein, und trotzdem klappt es. Also macht euch an die Arbeit. Ich will euch so schnell wie möglich hier sehen.«
»Gut«, seufzte Nicole. »Wir versuchen es. Wenn es nicht klappt, wirst du wieder mit uns in Verbindung treten müssen. Denn ich kann den Dhyarra nicht benutzen, und das Amulett ist im Tiefschlaf.«
»Es klappt«, versicherte Ted. »Ihr werdet sehen.«
Er übertrug dem Schamanen ein magisches Muster, dann löste er den Kontakt wieder. Er mußte erst einmal damit fertig werden, daß er in der Vergangenheit gelandet war - und daß auch Zamorra unauffindbar verschwunden war.
Auch an David Hays dachte er, den er beim Sturz ins Nichts verloren hatte. Hatte er nicht dessen Mitverschwinden überhaupt erst durch seinen Tastversuch ausgelöst, als er herausfinden wollte, wie das Mädchen verschwunden war? Mußte er sich nicht die Schuld dafür geben?
Über vierundzwanzigtausend Jahre, und irgendwo auf dieser Strecke war Hays verschwunden. Es war mit Sicherheit aussichtslos, ihn zu finden. Schon die
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