0333 - Teris grausame Träume
worauf sie achten sollte…
***
Nicole setzte einige Kerzen in Brand, die sie nach kurzem Suchen und Tasten gefunden hatte, und sah sich um. Das also war Gryfs eigentliches Domizil, klein, sparsam eingerichtet und doch urgemütlich. Trotzdem wies die Einrichtung der Hütte die typische Handschrift eines Junggesellen auf; entweder hatte Teri nie Zeit gefunden, sich um die Details zu kümmern, oder Gryf hatte sie nicht gelassen.
Aber das alles interessierte Nicole jetzt nicht, sie nahm es nur am Rande auf. Sie kümmerte sich um Teri und stellte fest, daß diese eigentlich nur durch Erschöpfung zusammengebrochen war.
Eigentlich erstaunlich, fand Nicole. Früher, meinte sie, hatte Teri mehr ausgehalten, war stärker belastbar gewesen. Oder kam es ihr nur so vor, waren die Gegner, mit denen sie zu tun hatten, jetzt einfach stärker?
Immerhin hatte sie den Sprung bis in diese Hütte auf der Insel nördlich von Wales geschafft. Zamorra mußte der Zeit nach noch hierher unterwegs sein, würde aber innerhalb der nächsten halben Stunde Anglesey erreichen - und was dann?
Wohin würde er sich wenden? Wo war der EWIGE? Sicher, die Hütte am Berghang war durchaus erreichbar, lag relativ nahe - wenn man mobil war. Zu Fuß war es Teris Erzählung nach doch eine beachtliche Strecke. Die fragliche Behausung mußte auf der anderen Seite des Dorfes und da auch noch mal eine gehörige Strecke weit weg sein. Wie sollte sie da auf die Schnelle hinkommen? Sie mußte damit rechnen, daß sie selbst bei schneller Gangart weit über eine halbe Stunde unterwegs war, und das bei Dunkelheit! Sie mußte sich orientieren. Jemanden nach dem Weg fragen konnte sie um diese Zeit auch nicht mehr - der Pub hatte garantiert ab 23 Uhr geschlossen, und brave auf dem Feld arbeitende Bürger, die frühmorgens um vier oder fünf Uhr schon wieder auf den Beinen sein müssen, pflegen auch nicht die Geisterstunde abzuwarten, ehe sie müde ins Bett fallen.
Das alles, fand Nicole, hätte sie eigentlich früher überlegen müssen. Noch bevor Teri den zeitlosen Sprung vornahm. Aber jetzt war es dazu zu spät.
Wie sie Gryf kannte, gab es hier auch kein Fahrzeug. Gryf war überzeugter Fußgänger, und wo das nicht half, half ein zeitloser Sprung. Und es gab keinen Ort auf der Welt, den er so nicht erreichen konnte.
Nicole mußte versuchen, Teri zu wecken. Wenigstens mit Auskunft würde die Druidin ihr doch wohl noch helfen können!
Sowohl Zamorra als auch Nicole befaßten sich von jeher intensiv mit Magie, aber auch mit allerlei medizinischen Künsten von Naturvölkern. Besonders Nicole war in diesem Punkt durchaus bewandert, und sie entsann sich eines Kunstgriffs, einen Schlafenden, sogar einen Bewußtlosen, auf relativ einfache Weise zu wecken -eine Kunst, die kaum jemand auf der Welt kannte, weil sie nur in einem bestimmten winzigen Kulturkreis gepflegt wurde: bei den Druiden. Sorgfältig prüfte Nicole, wo sie ansetzen mußte, denn ein falscher Griff konnte schmerzhaft werden oder ein ganz anderes Ergebnis zeitigen als das gewünschte. Dann begann Nicole.
Es funktionierte in der Tat, und nach wenigen Augenblicken erwachte Teri Rheken wieder. Aber sie hatte Mühe, wach zu bleiben, und lallte zunächst nur unverständliche Worte.
Nicole mußte ihr umständlich klar machen, auf welche Weise sie Teri geweckt hatte, und daß sie jetzt dringend Hilfe brauche, um helfen zu können. Während sie auf Teri einredete und die Druidin dazu anhielt, selbst einfach draufloszuplappern, irgend etwas, nur um wach zu bleiben, sah sie sich in den Vorräten in Gryfs kleiner Küche um und fand tatsächlich Kaffee, wahrscheinlich für Gäste. Gryf selbst bevorzugte Tee. Nicole braute eine Tasse nach texanischem Rezept zusammen - das Hufeisen muß oben schwimmen - und kehrte zu Teri zurück. Die war während des Redens wieder eingeschlafen und murmelte im Schlaf etwas vor sich hin. Nicole stieß sie an. Teri schreckte hoch.
»Versuch das hier zu trinken, vermutlich belebt es dich ein wenig.«
»Oder ich bekomme einen Kreislaufkollaps davon«, stöhnte Teri. »Sag mal, was habe ich da gerade erzählt? Ich müsse unbedingt aufschreiben, in welcher Welt ich mich befände? Das sind schon wieder diese verflixten Träume…« Sie gähnte ausgiebig, schüttelte sich und nippte an dem heißen Kaffee.
»Wenn ich nicht so geschwächt wäre, Nicole…«
Die Französin preßte die Lippen zusammen. »Du mußt mir den genauen Weg zu dieser Hütte beschreiben. Habt ihr nicht wenigstens
Weitere Kostenlose Bücher