0334 - Aufruhr in der Unterwelt
selbst oder eine seiner Kreaturen gewesen sein. Nur eines verstand ich nicht. Warum bewahrte man mich so sorgfältig auf, anstatt mich einfach umzubringen?
Ich probierte, ob die Stricke, mit denen ich gefesselt war,, vielleicht lose seien oder mit der Zeit nachgeben würden. Aber das war leider nicht der Fall.
Dann hörte ich Schritte, merkwürdig klappernde, kurze Schritte.
Die Tür quietschte und ging auf. Um ein Haar wäre ich wieder k. o. gewesen, und zwar vor Erstaunen. Da stand doch tatsächlich ein schwarzhaariges Girl, das mich vergnügt angrinste. In der Hand hielt sie einen Leuchtstab und im Mundwinkel hing eine Zigarette, deren Rauch mir süß in die Nase stieg.
»Hallo, Darling«, begrüßte sie mich. »Gefällt es dir bei uns?«
Dabei stupste sie mich mit der Spitze ihres eleganten Lacklederschuhs in die Rippen.
»Ausgezeichnet! Allerdings ginge es mir noch, viel besser, wenn Sie mir dieses Wäscheseil abnehmen würden.«
Sie lachte und betrachtete mich wie ein Naturforscher einen seltenen Käfer.
»Also du bist der berühmte G.-man Jerry Cotton. Deinen Freund kenne ich bereits, und ich muß sagen, ich finde ihn recht nett.«
»Was meinen Sie, Mädchen, wie nett ich sein kann, wenn man mich nicht festbindet.«
»Das könnte dir so passen, mein Lieber«, grinste sie. »Möchtest du noch einen Zug machen, bevor die Boys sich mit dir beschäftigen?«
»Was für Boys?« fragte ich.
»Das wirst du noch merken. Hier.« Sie nahm die Zigarette aus dem Mund und steckte sie mir zwischen die Lippen. Es war Marihuana. Ich spie die Zigarette weg. Das Girl hob sie auf und schob sie sich wieder zwischen die Lippen.
Sie bückte sich, prüfte die Stricke, nickte zufrieden und ging. Unter der Tür winkte sie mir noch einmal zu. Dann war sie verschwunden.
Da lag ich nun und sollte auf gewisse Boys warten, die etwas mit mir vorhatten. Ich hatte nicht die geringste Lust, ihnen dazu Gelegenheit zu geben. Irgendwie mußte ich loskommen, ich wußte nur noch nicht wie.
Ich rollte herum, weil das die einzige Art und Weise war, auf die ich mich fortbewegen konnte. Zuletzt kam ich an den Koksberg und fuhr mit beiden Füßen hinein. Der Koks kam ins Rutschen und da schepperte etwas. Es waren zwei ganz verschiedene Dinge, die darunter verborgen gewesen waren und nun zutage kamen.
Das erste war eine leere Flasche, die einmal Scotch enthalten hatte. Das zweite war ein Schürhaken, der wohl aus dem Heizungskeller stammte. Dieser Schürhaken wäre eine brauchbare Waffe gewesen, wenn ich auch nur eine Hand frei gehabt hätte. Was nützte mir in diesem Zustand die Flasche, aber plötzlich hatte ich eine Idee.
***
Die Chance war gering, aber ich mußte es versuchen. Ganz leicht war es nicht, die Flasche vor mir her bis an die Mauer zu rollen. Dann kollerte ich wieder ein Stückchen zurück, zog die Knie an und trat mit aller Wucht gegen das Glas. Beim dritten Male zersplitterte sie.
Jetzt kam der schwierigste Teil. Scharfe Glassplitter hatte ich genug, aber ich konnte sie nicht fassen. Ich überlegte angestrengt, wie ich einen davon in die richtige Stellung bringen könnte, um den Strick, mit dem meine Hände auf dem Rücken zusammengebunden waren, durchzusägen.
Endlich gelang es. Zuerst zerschnitt ich mir daran die Finger, und dann spürte ich das Knirschen, als der Glassplitter an dem Strick scheuerte.
Es dauerte unendlich lange, und ich hatte Angst, die bewußten Boys würden kommen, bevor ich fertig war. Aber dann spürte ich, wie die Fessel nachgab, und zwei Minuten später waren meine übel zerschundenen Hände frei.
Bei den Füßen war es jetzt nur noch eine Kleinigkeit. Ich stand auf, reckte mich und sorgte dafür, daß die Blutzirkulation wieder in Gang kam.
Die Pistole hatten sie mir natürlich weggenommen, und so war der Schürhaken meine einzige Waffe. Aber ich würde die ja nur im Notfall gebrauchen, nahm ich mir vor.
Es verging noch eine halbe Stunde, dann hörte ich jemanden kommen. Es waren zwei Leute: das Mädchen, das ich am Klappern seiner Absätze erkannte, und ein Mann, dessen Schritte dumpf und schwer klangen.
Ich stellte mich hinter die Tür und wartete.
Die Tür quietschte genau wie vorher. Ein Kerl, den ich noch nie gesehen hatte, kam herein. Diesmal hatte er den Leuchtstab in der Hand.
In diesem Augenblick schrie die Frau hinter ihm eine Warnung. Aber es war bereits zu spät. Meine Faust traf ihn an der Schläfe, und er fiel um, ohne ein Wort gesagt zu haben.
Draußen klapperten die
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