0335 - Das Säure-Attentat
aufbauen.«
»Wie stellst du dir das vor?«, fragte Phil.
»Niemand kann mit einem Mikrofilm etwas anfangen, wenn er nicht die notwendigen Geräte hat, um den Film enorm zu vergrößern. Solche Geräte werden sie nicht gerade mit sich herumschleppen.«
»Worauf willst du hinaus, Jerry?«
»Ganz einfach. Wir tauschen den Film gegen einen anderen Mikrofilm aus. In unserer Lichtbildstelle gibt es doch Mikrokameras, also wird es auch Mikrofilme geben. Wir lassen uns einen geben und tauschen ihn gegen den richtigen aus. Dann fahren wir zu Mrs. Wing und bringen ihr die Zigarettenspitze. Aber wir sagen ihr nicht, dass wir den Film ausgewechselt haben.«
»Du meinst, sie werden sich noch einmal in die Wohnung wagen?«
»Nicht unbedingt. Aber sie werden einen Treffpunkt vorschlagen. Und dort werden wir sein, und wir werden ihnen folgen, bis sie uns zu den Kindern geführt haben. Inzwischen kann sich unsere Lichtbildstelle daran machen, den Mikrofilm zu vergrößern. Dann werden wir wohl auch wissen, was für ein heißes Eisen dieser findige Reporter diesmal angepackt hat.«
»Der Plan ist gar nicht übel«, knurrte Hackery. »Kann man einen Mikrofilm wirklich nicht mit dem bloßen Auge prüfen?«
»Dann müssten Sie schon statt Augen die Linsen eines mittelgroßen Mikroskops haben.«
Als wir das Distriktgebäude erreichten, waren wir uns einig. Es dauerte zehn Minuten, bis wir wieder abfuhren, mit einem ausgetauschten Mikrofilm in Robert Wings Zigarettenspitze.
»In der Wohnung befinden sich doch noch Kollegen?«, fragte ich unterwegs.
»Ja.«
»Die schicken wir nach Hause. Und wir selbst betreten das Haus irgendwie von hinten her. Die Gegenseite muss den Eindruck kriegen, dass Mrs. Wing allein zu Hause ist.«
»Meinst du, sie beobachten das Haus?«
»Denk an den Anruf, als wir in der Wohnung waren. Sie wussten sogar, dass außer Lieutenant Snackford vom Vermisstenbüro drei Zivilisten ins Haus gegangen waren. Also müssen sie es beobachten.«
»Richtig. Ich habe dort eine Hoftür gesehen. Vielleicht kommen wir wirklich unbemerkt von hinten in das Haus.«
Es war doch ein bisschen schwieriger, als wir gedacht hatten. Wir mussten uns in der Dunkelheit mühsam einen Weg suchen über Hinterhöfe, zwei Garagendächer und durch ein Gewirr von Gerümpel und abgestellten Autos. Aber endlich standen wir doch vor Mrs. Wings Wohnungstür. Phil klingelte nur ganz kurz.
Einer unserer anwesenden Kollegen öffnete die Tür, misstrauisch die Pistole in der Hand.
»Was macht die Frau?«, fragte ich leise.
»Sie hatte vom Arzt ein Schlafmittel bekommen. Aber vor drei Stunden wachte sie auf. Wir mussten ihr beibringen, dass die Kinder verschwunden sind. Es war furchtbar.«
»Was tut sie jetzt?«
»Sie läuft ruhelos durch alle Zimmer, sie ruft alle möglichen Leute ah, ob man ihre beiden kleinen Mädchen nicht gesehen hätte, oder sie sitzt für ein paar Minuten apathisch in einem zerfetzten Sessel, um danach wieder herumzuwandern.«
»Kann man verstehen. Ihr beide könnt übrigens Schluss machen für heute. Wir bleiben hier.«
***
Die nächste Viertelstunde war nicht erfreulich. Als sie uns sah, glaubte die Frau natürlich, wir hätten Nachsicht über ihre Kinder. Als wir das verneinen mussten, versank sie in ein dumpfes Dahinbrüten und war kaum anzusprechen.
Erst nach einiger Zeit gelang es uns, ihr zu erklären, was wir vorhatten. Wir weihten sie in unseren Plan ein, verschwiegen aber, dass der Film ausgetauscht war, weil sie sich vielleicht gegenüber den Gangstern verraten hätte, wenn sie das wusste. Endlich schöpfte sie Hoffnung.
»Sie meinen, ich werde bald meine beiden Mädchen Wiedersehen?«, fragte sie mit großen Augen und leicht zitternder Stimme. »Nur weil jemand so einen kleinen Film haben will?«
»Ganz bestimmt, Mrs. Wing«, sagte Phil überzeugt. »Wenn das gewöhnliche Kidnapper wären, die auf ein Lösegeld aus sind, wäre ich nicht so überzeugt. Aber diese Burschen wollen diesen Film haben, und sie setzen alles daran, ihn zu kriegen. Er ist für sie offenbar so wichtig, dass sie allerhand riskieren. Sie haben nur Aussichten, den Film einzuhandeln, wenn sie den Kindern nichts antun.«
Ich sah auf meine Uhr. Vor zehn Minuten hatten die beiden Kollegen das Haus verlassen. Wenn es tatsächlich einen Beobachtungsposten gab, würde er das also - wahrscheinlich telefonisch - seinem Auftraggeber kurz darauf gemeldet haben. Jetzt hing es nur noch davon ab, was dieser Auftraggeber beschloss.
»Sollte
Weitere Kostenlose Bücher