0335 - Zentaurenfluch
mitbekommen haben, daß sich hier eine angeregte friedliche Unterhaltung ergeben hatte! So weit konnte sie einfach nicht davongelaufen sein, das paßte nicht zu ihr. Nicole war nicht feige. Sie stellte sich einer beherrschbaren Gefahr.
Sie ließ Zamorra nicht einfach im Stich, wie er auch seinerseits sie nicht im Stich ließ.
Aber daß sie jetzt immer noch nicht wieder aufgetaucht war, deutete darauf hin, daß ihr etwas zugestoßen war.
Zamorra teilte seine Überlegungen der Drachenechse mit. Reddy wiegte nachdenklich den riesigen Schädel.
»Sie lief in den Wald. Dort kann ich dir nicht helfen«, gestand die Echse. »Wenn du ihr nachgehst, mußt du das allein tun. Ich kann dir nur den Weg zeigen, wohin der Mensch Monica entführt wurde. Soll ich es tun?«
Zamorra preßte die Lippen zusammen. Natürlich sollte Reddy ihm diesen Weg zeigen. Aber da war die Sorge um Nicole. Was war dringlicher? Das verschwundene Telepathenmädchen, oder die geliebte Lebensgefährtin zu suchen?
Zamorra fühlte sich hin und her gerissen. Dann aber entschloß er sich, zunächst nach Nicole zu suchen. Entweder war Monica ohnehin schon nicht mehr zu helfen, oder es kam jetzt, nach über einem halben Tag, auf eine Stunde mehr oder weniger auch nicht mehr an.
»Ich bitte dich, mir den Weg zu zeigen, wenn ich zurückkehre«, sagte Zamorra. »Wir treffen uns wieder hier, ja?«
»Ich bin einverstanden«, teilte Reddy ihm mit.
Zamorra erhob sich. Als er die Gemme nicht mehr berührte, gab es auch keine Verständigung mehr zwischen ihm und der Drachenechse. Zamorra ließ die Gemmen liegen, wo sie waren. Er brauchte so später nicht wieder eine Verbindung zu schaffen und konnte sich die Vergeudung der Kreide sparen.
Er winkte Reddy zu, während er in der vom mächtigen Echsenkörper geschlagenen Bresche im Wald untertauchte und versuchte, Nicoles Spur zu finden. Und wahrhaftig, die Drachenechse winkte zurück und verzog die geschuppten Lefzen zu einem unverkennbaren freundlichen Grinsen.
Der Wald nahm Professor Zamorra auf.
***
Eysenbeiß hielt sich weiterhin verborgen. Um ein Haar wäre er von Nicole Duval gesehen worden. Aber immerhin war es ihm gelungen, sie zu Koo zu locken. Der Schamane hatte sie eingelullt. Das war als positiv zu werten.
Eysenbeiß wollte Nicole nicht als Geisel gegen Zamorra ausspielen. Er kannte den Meister des Übersinnlichen inzwischen gut genug, um zu wissen, daß er ihn damit nur wenig beeindrucken konnte. Zu viele hatten schon versucht, Zamorra mit Geiselnahmen unter Druck zu setzen, und waren gescheitert. Irgendwie fand Zamorra immer einen Weg.
Nein, wenn sie ganz verschwunden blieb, war das wesentlich wirkungsvoller. Zamorra durfte keinen Hinweis auf den Verbleib des Mädchens erhalten. Das würde ihn verunsichern. Deshalb hatte Koo den Auftrag, zunächst einmal unterzutauchen und unter Umständen sogar mit Nicole in der Menschenwelt unterzutauchen. Es gab genug Weltentore, die von anderen Orten aus dorthin führten. Aber das wollte Eysenbeiß noch nicht sofort entscheiden. - Er wollte erst einmal zusehen, wie sich die Situation entwickelte.
Daß es nicht zum Kampf zwischen der Drachenechse und Zamorra gekommen war, gefiel ihm nicht. Er überlegte, wie er die Echse am besten vernichten konnte. Mit ihrem Wissen, das sie offenbar besaß, konnte sie gefährlich werden. Eysenbeiß hatte das Gespräch der beiden unterschiedlichen Wesen verfolgt. Noch hatte die Drachenechse nicht alles verraten -oder wußte sie wirklich nichts?
Wie dem auch sein mochte, es war besser, wenn sie getötet wurde. Es war auch für Eysenbeiß selbst besser. Die Echse mit ihrem feinen Gespür für Gut und Böse mochte ihm einen Strich durch seine Rechnung machen, falls sie ihn gewahrte. Und sie hatte mit Sicherheit ausgezeichnete Wahrnehmungsorgane, wodurch sie so lange hatte überleben können.
Zamorra verschwand im Dschungel. Eysenbeiß achtete vorerst nicht weiter auf ihn, sondern machte sich Gedanken über die Tötung der Echse.
***
Etwas in Nicole bohrte und drängte. Mehr und mehr wurde ihr bewußt, daß sie auf dem Rücken eines Wesens saß, das es eigentlich gar nicht geben durfte. Eine Mischung aus Pferd und Mensch…
Wie kam sie hierher? Was war geschehen?
Sie versuchte krampfhaft, sich zu erinnern. Da war eine rote Raubechse gewesen, ein Beobachter, dem sie folgte… aber irgendwie gab es keinen Zusammenhang. Nicole strich sich durch das Haar. Das Denken war anstrengend und schmerzte. Mehrmals versuchten schwarze
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