0336 - Die Geburt des Schwarzen Tod
Claudine herum, denn ich hatte in der Nähe einen Baum entdeckt, dessen Stamm nur noch zur Hälfte vorhanden war. Er war trotzdem so dick, daß mehrere Männer nötig gewesen wären, um ihn zu umfassen.
Zu diesem Stamm eilte ich hin. Seine Wurzeln schauten aus dem Boden. Sie erinnerten uns an dunkle, feuchte Schlangen. Durch den Stamm einigermaßen gedeckt, hockten wir uns nieder und waren froh, daß wir es getan hatten, denn Sekunden später schien diese dschungelartige, unheimlich feuchte Nebellandschaft plötzlich von innen heraus zu explodieren.
Das Vibrieren mußte nicht allein von uns vernommen worden sein, sondern auch von den für uns unsichtbaren Tieren, die überall versteckt zwischen den Bäumen hockten.
Urplötzlich lösten sie sich von ihren Plätzen. Wir stellten fest, daß der Dschungel fast nur von Insekten und insektenartigen Wesen bewohnt war.
Fliegen, Schmetterlinge, Mücken, vielleicht auch Hummeln oder Wespen tosten durch die Luft, waren sich wegen ihrer Größe gegenseitig im Weg und flogen in eine bestimmte Richtung.
Manche, die nicht so schnell waren, klatschten gegen die Stämme der Bäume, verletzten sich dort und wurden von der dicken Rinde gefressen.
Uns griff man nicht an. Zudem hatten wir uns gegen den feuchten Boden gepreßt, der den Moder der Jahrtausende ausatmete und uns fast die Luft raubte.
Wie lange es dauerte, konnten wir nicht sagen, aber das Brausen und Summen wurde schwächer.
Dafür hörten wir ein anderes Geräusch.
Noch weit entfernt, nicht genau zu identifizieren, aber dennoch als dumpfes Trommeln hörbar.
Es glich schon einem mächtigen Schlagen auf dem weichen Boden.
Dieses Geräusch wurde gleichzeitig als Echo und als Vibration fortgepflanzt, so daß es auch unsere Ohren erreichen konnte.
Wir hatten uns wieder ein wenig aufgerichtet, knieten jetzt und schauten an der Seite des Baumstamms vorbei in die Richtung, aus der das Geräusch drang und immer lauter wurde.
Schon hörten wir das Knacken und Brechen von Zweigen. Jemand mußte diese gummistarken Arme mit einer wahren Brachialgewalt kappen, denn daß dafür starke Kräfte verantwortlich waren, konnte ich mir nur zu gut vorstellen.
Nicht allein der Untergrund zitterte jetzt, auch die blutjunge Französin neben mir. Sehr deutlich hatte sich ihre Angst gesteigert. Die Hände hielt sie zu Fäusten geschlossen, ihre Lippen bebten, und erst als ich ihr beruhigend eine Hand auf den Rücken legte, wurde das Zittern schwächer. Auch ihr Atem beruhigte sich.
»Wir liegen hier gut«, sagte ich, obwohl ich selbst nicht so recht davon überzeugt war.
Ein Erdbeben war es nicht, auch kein Aufplatzen des Sumpfes, obwohl es sich fast so anhörte.
Das Grauen kam.
Mit Urgewalt näherte es sich uns Menschen. Die dschungelartige Landschaft schien in ihren Urfesten zu erbeben. Wir merkten das Schlingern der Zweige und Äste, und als ich den Kopf hob, um mehr erkennen zu können, vernahm ich auch das überlaute Schnauben.
Im nächsten Augenblick zuckten Feuer und Rauch durch die Lücken zwischen den Baumriesen. Lange Flammenzungen bewegten sich wie dicke, feurige Bündel, trafen auf Widerstände und verkohlten in Sekundenschnelle die noch lebenden Äste und Zweige.
Sie verdorrten, zogen sich zusammen und hingen toten, fauligen Fingern gleich von den Bäumen.
Es war unwahrscheinlich.
Noch konnte ich nicht erkennen, wer sich hinter dem Vorhang aus Feuer und Rauch verbarg, doch wenig später schon schälten sich die Gestalten hervor.
Ich vergaß das Atmen.
Mit allem hatte ich gerechnet, hätte ich auch rechnen müssen, aber ich war so auf andere Themen fixiert, daß ich an diejenigen, die hier in wilder Kavalkade durch den Höllensumpf preschten und eine Apokalypse des Schreckens heraufbeschworen, nicht gedacht hatte.
Es waren alte Bekannte.
Die vier Horror-Reiter!
***
Geduckt und wie angewachsen mit dem weichen Sumpfboden stand ich da, schaute nach vorn und konnte nicht begreifen, daß sich ausgerechnet diese apokalyptischen Reiter aus dem Inferno aus Feuer und Rauch hervorschälten.
Vier Horror-Reiter.
Und sie hatten einen Namen.
AEBA!
Nie würde ich sie vergessen, denn ich hatte gegen sie gekämpft und sie vielleicht auch im Kloster St. Patrick, wo mein Freund Pater Ignatius lebte, zerstört. [3]
Wie gesagt, nur vielleicht…
In der Vergangenheit lebten sie, und ich erinnerte mich daran, daß sie zu den unheimlichen Begleitern des Schwarzen Tods gehört hatten. Sie waren gewissermaßen seine Leibwächter
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