0338 - Grauen in der Geisterstadt
über das sie auf das Dach eines angebauten Holzschuppens kam… und von da aus weiter aufs Hausdach… Blitzschnell turnte sie empor. Das Schwert warf sie dabei voran, um die Hände frei zu behalten. Als der Skelett-Krieger das Haus verließ und sich umsah, schwang Nicole sich nach einem wilden Klimmzug gerade aufs flache Hausdach über dem ersten Stock. Atemlos blieb sie oben liegen. Hatte der Knochenmann noch ihre Beine oben verschwinden gesehen? Wenn ja, war er gleich ebenfalls hier oben, und dann sah es für Nicole schlecht aus. Denn der Knochenmann konnte denselben Weg nach oben benutzen wie sie…
Er kam nicht auf die Idee, hochzublicken. Er suchte im Sand nach Spuren! Spuren, die bis zu dem alten, leeren Wasserfaß führten und da endeten…
Nicole beobachtete ihn vorsichtig, bereit, sofort zurückzuzucken. Kam er auf die richtige Idee?
Aber offenbar konnte der Knöcherne nur zweidimensional denken. Er schaute in das Faß, ob Nicole sich darin verborgen hatte. Danach bewegte er sich schrittweise vom Haus fort. Er suchte!
Und so, wie Nicole seine Bewegungen deutete, war er zornig. Gab es das? Skelett-Krieger, die Gefühle empfanden?
Sie vernahm ein seltsam scharrendes Geräusch hinter sich. Unwillkürlich wandte sie den Kopf. Dabei streckte sie die Hand mit dem Schwert etwas aus, und vor Schreck über das, was sie sah, lockerte sich ihr Griff.
Das Schwert sauste nach unten und schlug klirrend auf. Die angebrochene Klinge zerbrach mit einem hellen Laut. Der Skelett-Krieger wirbelte blitzschnell herum, sah das Schwert und kam endlich auf den richtigen Gedanken. Er sah nach oben.
Dort war Nicole Duval nicht mehr allein.
Hinter ihr war ein Dämon auf dem flachen Hausdach erschienen, in bräunliche Hornschuppen gehüllt und mit fünf Armen, deren Hände Krallenfinger besaßen. Eine riesige, furchterregende Gestalt mit einem gewaltigen, halb geöffneten Maul, in dem mehrere Reihen nadelspitzer Zähne lauerten.
Nicole kannte den Dämon.
Es war - Churk!
***
Der Flug von New York nach Amarillo hatte reibungslos geklappt. Dort hatte Bill einen schnellen Wagen gemietet, der Tandy Cant und ihn nach Romero brachte. Die rund siebzig Meilen Luftlinie, die sich durch die Highways auf gut hundert verlängerten, schaffte Bill unter Mißachtung aller Geschwindigkeitsbegrenzungen in etwas über einer Stunde - einschließlich des Stadtverkehrs von Amarillo. Der Provincial-Highway 767 brachte den offenen Cadillac Allanté bis dicht ans Ziel. Bill fuhr nicht nach Romero hinein, sondern bog vorher auf einen schmalen Feldweg ab. Daß es eine Privatstraße war, die sich durch weites Weideland zog, berührte ihn nicht, auch nicht, daß links der Straße Comanchenland begann.
»Woher weißt du so genau, wohin du mußt?« fragte Tandy Cant.
»Weil ich schon einmal hier war«, sagte Bill. »Hier gab es mal im Indianerland einen pseudohistorischen Fund, eine Silberkette, deren Alter auf etwas über 100 Jahre bestimmt wurde und die absolut keine Indianer-Arbeit war. Es stellte sich heraus, daß sie in einem Gebiet gefunden wurde, das einmal ein Comanchendorf war, in erreichbarer Nähe einer verlassenen Stadt. Von der Stadt stehen heute höchstens noch zwei oder drei Häuser. Und genau dahin fahren wir jetzt.«
»In diese Stadt?«
Bill Fleming nickte. »Dort war Zamorra damals, um hundert Jahre in die Vergangenheit versetzt. Und da ist auch das… hm, jetzige Geschehen angesiedelt. Dort werde ich versuchen, den Prydo noch einmal einzusetzen.«
Hoffentlich holst du damit nicht diesen Zamorra auf den Plan, dachte Tandy Cant unsicher.
Nach einer Weile tauchten verfallene Gebäude auf. Der Feldweg führte genau zwischen ihnen hindurch. In der Mitte der zerfallenen Stadt stoppte Bill den Wagen in einer Staubwolke ab und stieg aus.
Tandy Cant strich sich das vom rasenden Fahrtwind zerzauste Haar etwas glatter. Sie blieb im Wagen sitzen und sah zu, wie der blonde Mann im grauen Lederanzug, den Prydo in der Hand, langsam vorwärts ging, gerade so als suche er eine bestimmte Stelle, wie der Wünschelrutengänger die Wasserader.
Nach ein paar Dutzend Metern blieb er stehen.
»Soll ich dich unterstützen?« fragte Tandy.
»Ich versuch’s erst mal so«, sagte Bill. Er hatte im Flugzeug geschlafen und fühlte sich wieder halbwegs fit. Jetzt kauerte er sich in den Sand und zeichnete mit dem Stab die erforderlichen Kreise und Zeichen in den Straßenstaub. Dann begann er mit seiner Beschwörung.
Und wieder schaffte er es, in die Zeit
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