0339 - Walpurgisnacht
Kunde bei dieser Bank. Aber inzwischen mußte sie doch anhand der Kontobewegungen längst festgestellt haben, mit welchen Summen er operierte. Von zwanzigtausend plus in einer Nacht auf fünfzigtausend minus zu gehen, war zwar schon ein großer Schlag.
»Aber wenn ich mir dafür einen weiteren Wagen gekauft hätte oder sonstwas, würden sie doch auch keinen Aufstand machen!« knurrte er vor sich hin.
»Sicher, Herr Hoffach. Das wäre aber auch allein dadurch etwas anderes, daß die Sicherheit des Materialwertes dahinter stände. Immerhin hätten wir dann den Wagen. Hier aber haben wir nichts. Gar nichts, Herr Hoffach. Sie haben das Geld schlicht und ergreifend verloren. Was schlagen Sie nun vor?« fragte der Bankangestellte freundlich.
»Ich habe mein Haus. Ich habe einen wertvollen Wagen. Ich habe eine relativ hoch dotierte Stellung in Zellerfeld. Das müßte eigentlich genügen.«
»Im Prinzip ja, Herr Hoffach. Das Haus ist aber noch verschuldet, oder?«
»Bar gekauft«, fauchte Hoffach verärgert.
»Und, wenn ich etwas indiskret fragen darf, von welchem Kapital? Ersparnisse, ein tatsächlich so hoher Verdienst? Entschuldigen Sie, wenn ich Sie direkt frage. Aber es könnte die Angelegenheit vereinfachen, wenn wir über die Höhe Ihrer ständigen Einnahmen besser informiert sind…«
»Ich habe das Haus von erspielten Geldern gekauft«, sagte Hoffach.
»Ich habe ein Goldhändchen für die Kugel. Das gestern… nun, eine Pechsträhne hat jeder mal.«
»Aber eine so tiefe?«
Der will’s einfach nicht begreifen, dachte Hoffach zornig. Und mit seinem verdammten Unglauben macht er mir alle Chancen kaputt…
Plötzlich war ihm, als presse etwas mit Übermacht seinen Brustkorb zusammen. Er stöhnte auf und erlitt einen krampfartigen Hustenanfall.
Er glaubte, etwas müsse ihm die Rippen brechen und die Lunge zerdrücken.
Der Bankangestellte zeigte Bestürzung. »Herr Hoffach, was ist mit Ihnen? Sind Sie krank? Soll ich einen Arzt rufen?«
»Danke… es geht schon wieder«, keuchte Hoffach, als der Druck unvermittelt wieder nachließ. Dennoch hatte er noch eine Weile mit Hustenanfällen zu kämpfen.
»Hören Sie, ich hole mir das Geld noch heute abend wieder zurück«, sagte er.
»Das ändert nichts an der Tatsache, daß das Casino auf Einlösung der Schecks drängt, die Sie ausgestellt haben, Herr Hoffach. Und Sie haben das Geld einfach nicht. Ich schlage Ihnen einen Kreditvertrag vor…«
Zwei Stunden später war der Abschluß getätigt. Hoffachs Zorn hatte sich nicht gelegt. Er hielt den Kredit nach wie vor für überflüssig! Heute abend würde er wieder spielen, notfalls auch noch morgen… und dann hatte er den Verlust wieder drin. Von siebzigtausend Mark ging doch die Welt nicht unter.
Er fuhr zurück in sein Haus. Im Barschrank befand sich eine angebrochene Flasche edlen Cognacs.
Aber nicht mehr lange.
***
»Der Brocken ist klar zu sehen«, stellte Zamorra fest, während sie zum Hotel zurückfuhren. »Schade, daß wir nicht hinkönnen.«
»Wir könnten schon. Bloß ist das mit ein wenig Papierkrieg und Zeitaufwand verbunden«, erwiderte Nicole. »Abgesehen davon – der Brocken selbst ist drüben militärisches Sperrgebiet. Wir kämen also auch höchstens bis in die Nähe.«
Zamorra seufzte.
»Irgendwie ist es schade, daß mitten durch ein Land eine Grenze läuft und es in zwei Teile spaltet; die Vorfahren diesseits und jenseits der Grenzen waren noch gute Nachbarn…«
»Träumer«, schalt Nicole ihn. »Ich finde es noch bedauerlicher, daß es überhaupt Grenzen zwischen den Ländern gibt. Oder daß Gebiete hin und her geschoben werden, wie zum Beispiel der Elsaß… aber das alles ist doch nicht unser Problem!«
»Ja… so kann man einem Thema auch ausweichen… jenseits der Grenze soll übrigens ein bekannter Hexentanzplatz liegen.«
»Bei Thale, nicht wahr?« zeigte Nicole sich informiert. »Da gibt’s ja auch die Teufelsmauer – so benannt, weil der Teufel sie selbst erbaut haben soll…«
»Dir kann man auch mit keiner Neuigkeit mehr kommen, wie?« murmelte Zamorra unzufrieden. Nicole bog auf den großen Parkplatz ein, wo sie den BMW abstellten. Möbius’ Mercedes stand immer noch vor dem Hotel. Ein Wagen der hoteleigenen Ferienfahrschule parkte daneben.
Der Fahrer wartete wohl auf seinen Schüler.
»Ob der alte Eisenfresser noch immer unten zu finden ist?«
»Schauen wir nach«, schlug Zamorra vor und lenkte Nicole nach Durchqueren des Eingangs nach links. Aber im
Weitere Kostenlose Bücher