Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0339 - Walpurgisnacht

0339 - Walpurgisnacht

Titel: 0339 - Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Restaurationsbereich war von Stephan Möbius nichts zu sehen. Also suchten sie ihn in seinem Zimmer.
    Ein unwilliges Knurren antwortete auf das Klopfen. Zamorra deutete es als Aufforderung zum Eintreten.
    Möbius saß in einem Sessel und starrte aus dem Fenster. »Zamorra?« fragte er, ohne den Kopf zu drehen.
    »Richtig erkannt«, erwiderte der Parapsychologe. »Was ist los mit dir? Warum vergräbst du dich hier oben? Und hast du vor, heute noch einmal den Wagen zu benutzen?«
    »Nein.«
    »Dann solltest du ihn vielleicht auf den Parkplatz bringen. Hier kommen laufend neue Gäste an, und der Wagen steht vielleicht doch ein wenig im Weg. Ich wollt’s dir sagen, ehe dir das Personal Bescheid gibt.«
    Möbius zuckte mit den Schultern. »Na und? So breit ist er nun auch wieder nicht. Aber wenn er im Weg steht – na, dann fahr ihn doch auf den Parkplatz hinüber. Mich interessiert das nicht.«
    »Was interessiert Sie denn dann, Stephan?« fragte Nicole und baue sich in seinem Sichtfeld vorm Fenster auf. »Was ist heute in Sie gefahren? Warum wirken Sie so abweisend und lustlos?«
    »Ich? Abweisend und lustlos? Ach was… lassen Sie mich doch mit 32 dem Quatsch in Ruhe. Ich möchte mich nur ein wenig ausruhen. Das ist alles.«
    »Stephan…«
    Zamorra legte ihm die Hand auf die Schulter und zwang den grauhaarigen Mann damit, den Kopf zu drehen und zu ihm hoch zu sehen.
    »Stephan, mit dir stimmt doch etwas nicht! Gestern habe ich mich schon darüber gewundert, daß du so aufgekratzt, munter und unternehmungslustig warst. Okay, aber heute bist du das krasseste Gegenteil davon! Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen? Bist du krank?«
    »Ziemlich viele Fragen auf einmal«, knurrte Möbius. »Wie wäre es, wenn du mich in Ruhe ließest? Wie oft muß ich das noch sagen?«
    »Okay. Wir lassen dich in Ruhe, Stephan. Aber erst, wenn wir den Vertrag aufgesetzt haben. Danach fliegen wir nach Frankreich zurück. Dann hast du deine Ruhe.«
    »Muß das mit dem Vertrag unbedingt jetzt sein?« Möbius sah richtiggehend unglücklich aus. »Himmel, Zamorra, warum…«
    »Laß ihn«, warf Nicole schulterzuckend ein. »Er hat heute seinen Schmollie-Tag. Die ganze Welt ist gegen ihn, und das läßt er jetzt an seinen Freunden aus. Komm, wir gehen. Wir sehen uns die Umgebung eben allein an. Und heute abend löchern wir ihn mit Fragen über das, was wir uns angesehen haben.«
    »Ich lasse nichts an euch aus«, knurrte Möbius erzürnt. »Ich will doch nur ein wenig Ruhe haben.«
    »Wir gehen. Wir lassen uns nachher noch einmal sehen, ja? Ach – der Wagenschlüssel. Wir fahren deinen Rasenmäher vom Eingang weg.«
    »In meiner rechten Jackentasche. Hängt da am Schrank.«
    Zamorra bediente sich. Gemeinsam gingen sie zur äußeren Tür des Zimmers. Dort drückte Zamorra Nicole den Wagenschlüssel in die Hand.
    »Ich bleibe noch hier und beobachte«, flüsterte er ihr zu. »Da stimmt tatsächlich irgend etwas nicht.«
    Nicole nickte stumm und ging auf den Flur hinaus. Zamorra produzierte auch noch einige Schrittgeräusche, dann wurde die Zimmertür laut und deutlich ins Schloß gezogen. Zamorra blieb im Durchgang stehen.
    Links die Abstellkammer, rechts das Bad… Lautlos huschte er zur Mitteltür, die er halb offen gelassen hatte. Von hier aus konnte er Möbius deutlich sehen, der ihm den Rücken zuwandte und sich nicht aus seinem Sessel rührte.
    Der alte Mann war lethargisch geworden, und auf jeden Versuch, ihn aus diesem Zustand zu reißen, reagierte er nur sauer!
    Das paßte nicht zu ihm. Zamorra kannte Stephan Möbius inzwischen einigermaßen gut. Lange genug hatten sie miteinander zu tun gehabt.
    Der alte Selfmade-Millionär, der sein Wirtschaftsimperium mit eigener Hand aus dem Boden gestampft hatte, war nicht der Typ, der in Depressionen fiel. Sicher, jeder hat mal seinen schlechten Tag. Aber so sehr konnte das Stimmungsbarometer dieses sonst dynamischen, energischen Mannes doch nicht umschlagen.
    Zamorra befürchtete, daß Möbius irgend einem Negativ-Einfluß unterlag.
    Aber warum?
    Und wer übte diesen Einfluß aus, der gestern noch nicht spürbar gewesen war? Wer konnte ein Interesse daran haben, den recht inkognito hier lebenden Wirtschaftsmagnaten depressiv werden zu lassen?
    Langsam öffnete Zamorra das Hemd und berührte Merlins Stern, das Amulett, das er am silbernen Halskettchen vor der Brust hängen hatte.
    Mit einer traumhaft sicheren Bewegung ertastete er eine der leicht erhaben gearbeiteten Hieroglyphen auf dem

Weitere Kostenlose Bücher