0339 - Walpurgisnacht
Weiterbeschäftigung verzichten.«
»Und eine Versetzung… in eine andere Filiale? Vielleicht nach Süddeutschland?«
Kaiser schüttelte stumm den Kopf.
»Tut mir leid. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag.« Er ließ die Zeitung zurück und ging. Hoffach sank hinter seinem Schreibtisch in den Sessel.
Vernichtet, dachte er. Es ist aus. Ich bin ruiniert.
Nach einer Weile erhob er sich und verließ das Gebäude. Ein Taxi brachte ihn zurück in sein Haus in Schulenberg.
Schlafen, dachte er. Ich muß endlich schlafen. Vielleicht habe ich danach eine Idee, wie ich aus diesem Schlamassel wieder herauskomme.
Aber trotz seiner Müdigkeit – nach seiner Entlassung vom Polizeirevier zu später Nachtstunde hatte er nur wenige Stunden schlafen können – fielen ihm die Augen nicht zu. Eine unerklärliche Unruhe zerrte an ihm.
Er sah keine Zukunft mehr vor sich. Innerhalb weniger Tage war Erwin Hoffach restlos zerstört worden.
***
Im Laufe des Tages versuchte Zamorra einige Male, die Hexe mit Hilfe des Amuletts und weißmagischen Beschwörungen aufzuspüren. Aber es gelang ihm nicht. Entweder war sie zu weit entfernt, oder sie hatte sich sehr gut abgeschirmt. Auch an den Stellen, an denen sie aktiv geworden war – im Kurvenbereich der Straße nach Altenau oder dort, wo das Amulett abgeschüttelt worden war – war nichts festzustellen. Allerdings fand Zamorra dort auch nicht die Ruhe, die er für eine erfolgreiche Beschwörung benötigte. Diese Ruhe hatte er nur im Hotel, aber von dort aus konnte er nicht viel erreichen, da die Entfernung wohl tatsächlich zu groß war. Auch Merlins Stern hatte seine Grenzen.
Je mehr Zeit verstrich, ohne daß seine Bemühungen Erfolg zeigten, um so unruhiger wurde Zamorra. Es war der 30. April. In der kommenden Nacht war die Stunde der Hexen. Dann besaßen sie so viel Macht wie selten sonst. Und Zamorra ahnte, daß in dieser Nacht etwas geschehen würde.
Die Hexe war schwarzmagisch aktiv. Das bedeutete, daß sie anderen Menschen Schaden zufügen würde. Den Angriff auf Möbius und sich selbst hätte Zamorra notfalls noch als Zufall und Notwehr durchgehen lassen können. Aber mit Sicherheit waren auch andere Menschen in Gefahr.
Und diese Gefahr mußte beseitigt, die Hexe unschädlich gemacht werden. Aber wie, wenn sie nicht aufzuspüren war?
»Apropos Hexe«, warf Stephan Möbius einmal zwischendurch beiläufig ein. »Erinnerst du dich an Damona King?«
»Die weißmagische Hexe? Man sagt, sie sei spurlos untergetaucht, nicht wahr? Keiner weiß etwas Genaues. Vielleicht ist sie den Höllenmächten zum Opfer gefallen, vielleicht sind ihre Fähigkeiten erloschen – auf jeden Fall tritt sie seit einiger Zeit nicht mehr in Erscheinung.«
»Ihr gehört ja ein weltweiter Industriekonzern«, sagte Möbius.
»Hauptsitz in London. Wir sind im Begriff, den King-Konzern zu kaufen. Damonas Top-Manager hat uns jedenfalls ein gutes Angebot gemacht. Hat Carsten dir davon noch nichts erzählt?«
»Wir haben uns in den letzten Wochen etwas seltener gesehen als sonst«, sagte Zamorra. »Sag mal, wie groß wollt ihr eigentlich noch werden? Der King-Konzern ist doch eigentlich milliardenschwer.«
»Unser bisher größter Konkurrent«, schmunzelte Möbius. »Bald nicht mehr. Aber was soll’s – es fiel mir nur gerade wieder zum Thema Hexen ein.«
»Seltsame Einfälle hast du«, brummte Zamorra. »Laß dir lieber etwas einfallen, wie wir unsere spezielle Hexe irgendwo ausgraben.«
»Vielleicht sollten wir Hoffach aufsuchen und befragen. Möglicherweise weiß er mehr. Immerhin sah er gestern so aus, als würde er gezielt fertiggemacht. Von wem sonst, wenn nicht von dieser Hexe? Es könnte sein, daß er sie kennt.«
Zamorra sah auf die Uhr.
»Gut«, entschied er. »Es wird gleich achtzehn Uhr. Essen wir etwas und versuchen dann Hoffach zu finden. Sagtest du nicht, er habe ein Häuschen in Schulenberg?«
»Das ist richtig. Das ist ein Dorf in der Nähe der Okertalsperre«, erklärte Möbius. »Okay, fahren wir nach dem Essen hin.«
***
Die Hexe hatte ihrem Feierabend entgegengefiebert. Sie wußte immer noch nicht, wo sie die Burg finden würde, die das Bild ihr zeigte, aber das mußte sich doch noch ergeben!
Sie betrat ihre Wohnung, wo die kleine Voodoo-Puppe auf sie wartete.
Sie beschloß, den Schlußakt für Erwin Hoffach einzuleiten. Unter normalen Umständen hätte sie bereits zufrieden sein können. Er hatte seinen Job verloren, und Irena Vahlberg konnte jetzt versuchen, sich so
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