Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0339 - Walpurgisnacht

0339 - Walpurgisnacht

Titel: 0339 - Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Sie nicht um Urlaub gebeten haben. Aber vielleicht hatten Sie es ja vor.«
    »Urlaub? Ich verstehe nicht, Herr Kaiser…«
    Kaiser gehörte zur obersten Leitung der Kaufhauskette. Kaiser war es gewesen, der Hoffachs Anstellungsvertrag unterschrieben hatte. Daß Kaiser jetzt hier höchstpersönlich erschien, konnte nichts Gutes bedeuten.
    »Sehen Sie, Herr Hoffach. Wir sind genötigt, Ihnen bis auf weiteres Urlaub zu geben. Momentan sind Sie als Geschäftsführer einer Filiale unseres Unternehmens nicht tragbar.«
    »Was soll das bedeuten, Herr Kaiser?« fragte Hoffach blaß.
    »Nun, Sie hatten doch am letzten Abend ein wenig Pech mit der Polizei, nicht wahr? Fahrerflucht nach Unfall, Diebstahl eines Dienstwagens, Widerstand gegen die Staatsgewalt… Sie werden unter Anklage gestellt. 73 Das alles ließe sich ja noch ertragen, nicht aber das hier, mein Lieber. Glücklicherweise erfuhren wir bereits in der Nacht von dem Vorfall und konnten entsprechend kommentieren.« Er breitete eine Zeitung vor Hoffach auf dem Schreibtisch aus.
    Hoffachs Augen wurden tomatengroß. In einem zwar nur einspaltigen Artikel, aber immerhin auf der ersten Seite und mit einem Foto seines zertrümmerten Wagens berichtete ein Reporter schlagwortartig über das Geschehen. Der Artikel endete mit der Bemerkung, daß Erwin Hoffach um Urlaub gebeten habe, um sich auf den bevorstehenden Prozeß vorzubereiten…
    »Aber das ist doch – eine Unverschämtheit! Wie kommt dieser Zeilenschmierer daran? Das…« Hoffach schnappte fassungslos nach Luft.
    »Der Reporter arbeitet wohl eng mit der Goslarer Polizei zusammen, Herr Hoffach. So erfuhr er von dem Vorfall. Zusätzlich rief er noch bei mir privat an – wir kennen uns zufällig von einigen gesellschaftlichen Ereignissen her – und erkundigte sich nach weiteren Details. Ich fiel aus allen Wolken und teilte ihm mit, daß Sie um Beurlaubung gebeten hätten – das klingt für Sie doch noch besser, als wenn es hieße, wir müßten Ihnen kündigen. Herr Hoffach, ich bin über Ihr gestriges Verhalten bestürzt. Sie haben mich erheblich enttäuscht. Einen Mann, der einen Polizeiwagen stiehlt und zwei Beamte niederschlägt, können wir nicht an die Spitze einer unserer Kaufhausfilialen stellen. Das werden Sie einsehen müssen. Wenn dieser Zeitungsartikel nicht wäre, könnte man darüber schweigen und alles im stillen regeln. Aber nun ist die Öffentlichkeit angesprochen worden, und wir müssen die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Es tut mir leid, Herr Hoffach. Wir verlieren nicht gern so qualifizierte Mitarbeiter wie Sie.«
    »Das heißt – ich bin entlassen?«
    »Sagen wir mal so: wir geben Ihnen Urlaub, bis Sie sich nach einer anderen Stelle umgesehen haben. Da Ihnen aber nach sechs Wochen Tätigkeit eigentlich noch kein umfangreicherer Urlaub zusteht, gewähren wir Ihnen diesen Urlaub in unbezahlter Form. Es wäre vielleicht gut, wenn Sie von sich aus kündigen würden. Ihren Arbeitsbereich, übernimmt vorübergehend Fräulein Vahlberg. Es tut mir wirklich leid, Herr Hoffach.«
    »Und mir erst«, murmelte Hoffach entsetzt.
    Entlassen! Einen Prozeß am Hals, der einfach nicht zu gewinnen war!
    Danach würde er vorbestraft sein. Das bedeutete, daß niemand ihm mehr eine verantwortungsvolle Tätigkeit anbieten würde. Er konnte vielleicht als einfacher Arbeiter oder als kleiner kaufmännischer Angestellter ganz unten auf der Rangleiter anfangen. Seine Karriere war auf jeden Fall beendet. Kein hohes Gehalt mehr, keine Sicherheit – dazu die Spielschulden Er war erledigt.
    »Sie können mir doch nicht einfach kündigen«, keuchte er.
    »Wenn Sie es nicht von sich aus tun – natürlich«, sagte Kaiser nachdrücklich.
    »Sie können vors Arbeitsgericht gehen, aber das wird Ihnen nicht viel helfen. Sie sind erst sechs oder sieben Wochen bei uns. Die Probezeit ist noch nicht um. Und im Interesse unseres Geschäftes können wir nicht anders handeln. Mann, Herr Hoffach, uns bleiben doch die Kunden weg, wenn sich herumspricht, daß ein Raufbold und Autodieb Geschäftsführer ist! Und Sie können sicher sein, daß der Reporter am Ball bleiben wird.«
    Warte, bis du von meinen Spielschulden hörst, dachte Hoffach sarkastisch.
    Dann wirst du mich noch schneller loswerden wollen.
    »Und… Ihre Entscheidung ist endgültig?«
    »Ja. Wir werden sie zwar heute noch im Aufsichtsrat besprechen, aber Sie können davon ausgehen, daß sich nichts mehr ändert. Wir müssen, so leid es mir persönlich tut, auf Ihre

Weitere Kostenlose Bücher