0339 - Walpurgisnacht
rückwärts in die Garageneinfahrt und schaltete den Motor ab.
»Ich sehe mal nach«, sagte Zamorra.
Er ging einmal um das Haus herum, nachdem er sich am Türschild vergewissert hatte, daß hier tatsächlich ein »E. Hoffach« wohnte. Aber auch auf der Rückseite brannte hinter keinem Fenster Licht. Zamorra ging wieder zur Haustür und drückte auf die Klingel. Minutenlang geschah nichts.
Schließlich griff Zamorra einer Eingebung folgend nach dem Drehgriff an der Tür. Zu seiner Überraschung ließ die Haustür sich öffnen, war nicht abgeschlossen gewesen. Zamorra trat zögernd ein und bediente den Lichtschalter.
Die Wohnung war, so wie er sie rasch untersuchte, recht teuer eingerichtet, ließ aber erkennen, daß sie erst seit kurzem bewohnt wurde.
Zamorra schreckte bei seinen Suche auch nicht vor dem Schlafzimmer und dem Bad zurück, aber der Bewohner des Hauses war ausgeflogen.
»Seltsam«, überlegte Zamorra. Irgendwie hatte er das Gefühl, daß etwas nicht stimmte. Wo zum Teufel war Hoffach hin?
War er wieder nach Bad Harzburg zum Casino gefahren?
Entschlossen griff Zamorra zum Telefon, ließ sich von der Auskunft die Rufnummer der Spielbank geben und rief dort an, um Erwin Hoffach ausrufen zu lassen. Aber ihm wurde abschlägig beschieden. »Herr Hoffach ist nicht in unserem Haus, und er wird es auch nicht mehr sein. Wir wünschen Ihnen einen guten Abend.«
»Hm«, machte Zamorra.
Das Gefühl, daß etwas nicht in Ordnung war, verdichtete sich.
Unwillkürlich aktivierte er das Amulett. Er spürte einen schwachen Hauch von Magie, der aber nicht stärker wurde, je mehr er sich darauf konzentrierte. Die Magie war jetzt nicht mehr wirksam. War sie personengebunden, auf Hoffach bezogen? Hatte die Magie mit ihm das Haus verlassen?
Verdammt noch mal, dachte Zamorra. Soll denn alles scheitern, was mit dieser Hexe zu tun hat?
Er versuchte, mittels des Amuletts in die Vergangenheit zu blicken. Mit aller Konzentration zwang er Merlins Stern zu einem Rückgriff. Der Drudenfuß im Mittelpunkt der Silberscheibe wurde wieder einmal zu einer Art magischem Bildschirm. Zamorra versenkte sich in das kleine Bild.
Plötzlich sah er Hoffach. Da der Zeitablauf rückwärts gezeigt wurde, kam Hoffach folgerichtig auch rückwärts zur Haustür herein, zog den Mantel aus und hängte ihn auf, um dann rückwärts ins Wohnzimmer zu gehen.
Zamorra stoppte den Ablauf und tastete sich langsam wieder vorwärts.
Hoffach verließ das Haus. Das war vielleicht eine halbe Stunde her. Zamorra ging halbblind hinter ihm her, das Amulett sorgsam steuernd. Hoffach ging zur Straße und wandte sich nach links. Also ins Dorf hinein.
Vielleicht hatte er eine Gastwirtschaft aufgesucht?
Zamorra seufzte.
Er wollte eigentlich schon aufgeben. Aber ein Gefühl sagte ihm, daß er jetzt ganz dicht dran war.
Da mischte sich etwas anderes ein. Da war irgendwo, gar nicht so weit fort, eine Kraftquelle, die sich zu entfalten begann.
Zamorra konnte nicht genau erkennen, worum es sich handelte. Aber die Magie, deren Hauch zu ihm herüber wehte, war schwarz.
Dämonisch.
Teuflisch.
***
Erwin Hoffach hatte den Ort auf der anderen Seite verlassen. Auf den BMW Coupe hatte er nicht geachtet. Er achtete auf gar nichts mehr.
Er stapfte durch die Dunkelheit und näherte sich der Uferstraße der Talsperre. Er wandte sich nach links, dorthin, wo die Brücke war.
Immer noch hörte er die Glocke wie aus weiter Ferne läuten. Er glaubte, daß die Laute vom Wasser her kamen. Aber das war doch unmöglich.
Immer mehr glaubte er ersticken zu müssen. Die frische Luft half ihm nicht. Es war furchtbar. Unwillkürlich griff er sich an den Hals.
Da war das lockende Wasser.
Hoffach kam der Brücke immer näher. Du bist in Gefahr, sang die Glocke. Wach auf, wach auf. Dir droht Gefahr.
Aber Hoffach war blind und taub. Er mußte wissen, woher der Glockenklang kam, sonst nichts. Kam er wirklich aus dem Wasser herauf?
Das mußte festzustellen sein.
***
Irena Vahlberg erreichte den Ort, an dem der Teufel sie in den Kreis seiner Hexen aufnehmen wollte. Sie hatte sich mit einem Taxi bis in die Nähe fahren lassen und war dann ausgestiegen. Der Taxifahrer hatte sich zwar gewundert, daß sie mitten zwischen Zellerfeld und Schulenberg aussteigen wollte, aber sie hatte seine Frage einfach nicht beantwortet.
Um die Rückkehr machte sie sich keine Gedanken. Das waren alles Dinge, die sie jetzt nicht zu berühren brauchten. Es würde sich alles von selbst ergeben, wie es sein
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