0340 - In der Häuserschlucht des Grauens
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»Können Sie so wenig Aufsehen wie möglich erregen?« kaute er in seinem gebrochenen Englisch .
»Kommen Sie selbst mit und überzeugen Sie sich«, schlug ich vor.
Wir waren eine ganz ansehnliche Gruppe, als wir zu den Kabinen hinunterstiegen und schließlich vor der Tür stehenblieben, auf die der Kapitän deutete. Zur Vorsicht holte ich die Smith and Wesson aus der Halfter, als der Holländer ziemlich energisch an die Tür klopfte.
Es dauerte einige Sekunden, bevor die Kabinentür geöffnet wurde und wir verblüfft auf das Mädchen starrten, das uns öffnete. Es hatte ungefähr die Figur von Sonja Kronen, aber trotzdem war es nicht Sonja. Das zarte Gelbbraun ihrer Haut verriet Mischlingsblut und das pechschwarze Haar war in einem straffen Knoten am Hinterkopf zusammengerafft. Die dunklen, blanken Augen starrten uns ausdruckslos an.
»Yes?« sagte sie leise und die Stimme hatte den fremdländischen Beiklang, den man von ihr erwartete.
Captain Blakie starrte mich wütend an.
»Na, Cotton, was sagen Sie jetzt?« knurrte er.
Ich zuckte die Schultern und schob die 38er wieder in die Halfter zurück.
»Tut mir leid, Miß«, sagte ich entschuldigend zu dem Mädchen. »Wir haben uns in der Kabine girrt.«
Sie antwortete nicht, sondern schlug uns nur die Tür vor der Nase zu. Ich blickte Phil verdutzt an. Ein Inbegriff der Höflichkeit war sie nicht gerade.
Die beiden anderen Damen hatten noch weniger Ähnlichkeit mit Sonja Kronen. Eine war alt genug, um ihre Großmutter zu sein, und die letzte war eine feurige Argentinierin, die beim Anblick unseres stattlichen Aufgebots beinahe in Ohnmacht fiel.
Wir verbrachten eine ganze Stunde damit, die »Batavia« zu durchsuchen, aber als wir endlich wieder in das Polizeiboot kletterten, hatten wir die Gewißheit, daß sich Sonja Kronen auch hier nicht befand.
Auch bei dem vierten und letzten Schiff wurden wir gründlich enttäuscht. Langsam wurde mir klar, daß es nicht so einfach sein würde, Sonja Kronen wiederzufinden. Trotzdem nagte an mir ein unbestimmter Verdacht, über den ich mir aber nicht klafwerden konnte.
»Was nun?« erkundigte sich Jim Blakie, als wir auch das letzte Schiff verlassen hatten.
»Nach Hause«, erwiderte ich. »Wir legen uns am besten ein paar Stunden lang aufs Ohr. Vielleicht fällt uns dabei etwas ein.«
»Wird nichts Gescheites sein«, sagte Jim Blakie. Mißvergnügt wendete er das Boot, und wir fuhren zum North River zurück.
Wir saßen schon wieder im Jaguar, als Phil den Grund für den unbestimmten Verdacht aufbrachte, der mich noch immer quälte.
»Mit dieser Surinamesin stimmt etwas nicht, Alter«, stellte er plötzlich fest. »Die Argentinierin fiel beinahe in Ohnmacht, als sie uns sah. Die Alte glaubte, du wolltest sie um ihr Reisegeld erleichtern, aber die Surinamesin benahm sich so, als gäbe es deine Pistole nicht. Entweder hat sie starke Nerven oder?«
»Oder sie erwartete, daß wir mit der Pistole an ihrer Tür erscheinen würden, war also schon darauf gefaßt!« ergänzte ich den Satz. »Aber wie konnte sie das wissen?«
Phil blickte mich schweigend an, aber ich sah ihm an, daß in seinem Gehirn der gleiche Verdacht schwelte wie in meinem. Ich sprang wieder aus dem Wagen.
»Komm«, knurrte ich. »Wir sehen uns die Kleine noch einmal genauer an.«
***
Jim Blakie verstand überhaupt nichts mehr.
»Euch muß eine hoffentlich nur momentane Geistesverwirrung erfaßt haben!« knurrte er, als er das Motorboot wieder zur »Batavia« steuerte. »Sucht ihr jetzt nach einer Holländerin oder nach einer Surinamesin?«
»Vielleicht nach beiden«, meinte Phil. »Für eine Frau ist es nicht schwierig, ihr Aussehen zu ändern. Sie geht zum Friseur und läßt sich erst einmal die Haare färben. Dann geht sie zu einem Maskenbildner und erzählt ihm irgendein Märchen. Entweder behauptet sie, einen Maskenball zu geben, oder sie tritt als Statistin in einem Film auf. Sie läßt sich dort ihre Haut gelb schminken, zieht sich ein wenig anders an als sonst, und kein Mensch erkennt sie wieder.«
Captain Blakie grinste.
»Ihr habt nur eins vergessen. Die Holländerin hatte blaue Augen. Hat sie sich die vielleicht auch bemalen lassen?« Ich schüttelte den Kopf.
»Auch das ist kein großes Problem. Heutzutage können Frauen ihre Augenfarbe ebenso leicht ändern wie ihren Haarton. Dazu braucht man nur gefärbte Kontaktlinsen. Auch die kann ein Maskenbildner oder sogar ein Optiker beschaffen.«
Jim Blakie schüttelte noch immer den
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