0342 - Vampire in Petrila
Wutschrei, sah nur eine schattenhafte Bewegung, vernahm einen dumpfen Schlag, und im Licht der schmalen Deckenleuchte verzerrte sich plötzlich das Gesicht des Blutsaugers in namenlosem Grauen.
So sah nur ein Vampir aus, wenn er starb.
Er kippte nach vorn. Aus seinem offenen Mund rann eine weißliche, dünne Masse.
Während er kippte und ich nach hinten sprang, um von ihm nicht getroffen zu werden, erkannte ich, wer ihn getötet hatte.
Frantisek Marek!
Der Pfähler stand da und hielt seinen Eichenpfahl noch in der Hand. Jetzt wies die nasse Spitze auf mich.
So kannte ich ihn. Unbeugsam, hart gegen die Kreaturen der Finsternis, so war er in die Geschichte eingegangen.
Marek, der Pfähler. Ein Mann, den das Leben gezeichnet hatte, dessen Frau von Vampiren genommen worden war, und der anschließend seine Jagd nach den Blutsaugern noch mehr verstärkt hatte. Er war älter geworden, faltiger das Gesicht, vielleicht sogar noch weißer die Haare, aber in den Augen brannte der eiserne Wille, niemals aufzugeben.
Das hatte er mir wieder bewiesen.
»Hi, Marek«, sagte ich.
Er nickte nur und schaute auf den Blutsauger, der sein untotes Leben ausgehaucht hatte. Die Wunde befand sich in seinem Rücken, etwa in Herzhöhe.
»Kannst du nicht die Tür schließen?« fragte ich ihn. »Ich friere ein wenig.«
»Natürlich!«
Marek trat sie mit dem Fuß zu, während ich mich rasch anzog und auch das Kreuz wieder umhängte. Als ich den drittobersten Hemdknopf schloß und nach der Jacke greifen wollte, ließ sich Marek schwer auf einen Stuhl fallen. »Fast hätte er dich erwischt, wie?«
Ich hob die Schultern. Die kleinen Wunden dort brannten ein wenig, das war aber nicht weiter tragisch. »Das kann man nicht sagen. Ich war dabei, ihn mir zurecht zu stellen.«
»Dann habe ich es eben erledigt.« Er griff in die Tasche und holte einen Flachmann hervor. Ich wußte, daß sich in der Flasche Selbstgebrannter Schnaps befand. Er zog den Korken hervor. »Willst du einen Schluck?«
Ja, den konnte ich gebrauchen. Obwohl ich darauf vorbereitet war, traf es mich hart. Das Zeug brannte wie Salzsäure und schien aus flüssigen Reißnägeln zu bestehen. Einen Hustenanfall konnte ich nicht unterdrücken, woraufhin Marek den Kopf schüttelte.
»Ihr jungen Leute seid nichts gewohnt.«
»Wenn ich mal drei Jahre in Petrila wohne, huste ich auch nicht mehr.«
Er lachte und nahm die Flasche an sich. Den anschließenden Schluck konnte man als kräftig bezeichnen. Marek korkte die Flasche wieder zu und steckte sie ein.
Ich suchte mir einen zweiten Stuhl aus, auf dem ich mich niederließ. »Hast du Dragan draußen getroffen?«
»Nein.«
»Er wollte nachschauen, ob Blutsauger unterwegs sind. Es scheint die Nacht der langen Messer zu sein, befürchte ich.«
»Wieso?«
Ich deutete auf den Vampir. »Das war der zweite Angriff auf mich. Der erste erfolgte am Bach und war an sich normal.« Da Marek mich gespannt anschaute, berichtete ich ihm. Er wunderte sich ebenso, wie ich mich gewundert hatte.
»Killer?« fragte er. »Richtige Gangster?«
»Ja, der Typ wollte es lautlos machen. Deshalb nahm er das Messer.«
Frantisek hob die Schultern. »Das verstehe, wer will, ich nicht. Was hast du denn mit Killern zu tun?«
»Möchte ich auch gern wissen. In London ja. Meinetwegen auch in den Staaten oder in Italien, aber hier…?«
»Könnte auch ein Zufall gewesen sein.«
»Nicht bei mir, Marek!«.
Davon wollte Frantisek nichts wissen. »Ist schon öfter passiert, daß sich an Campingplätzen finstere Gestalten herumtreiben, glaub es mir.«
Ich holte eine Zigarette aus der Schachtel. Den Rauch blies ich über den Vampir. »Irgend etwas braut sich in deinem Heimatland zusammen, Marek«, erklärte ich.
»Was?«
»Das weiß ich eben noch nicht genau. Einen Grund könnte ich mir schon denken.«
Der Pfähler lächelte verschmitzt. »Ich auch.« Er strich über sein graues Haar. »Wenn ich daran denke, daß Rumänien noch immer einer Hochburg der Vampire ist, erinnere dich an den Vampir-Baron von Leppe, vor Jahren war es Kalurac, und alles hatte eigentlich mit Dracula angefangen.«
»Und mit Lady X aufgehört?«
Marek hatte verstanden und schaute mich scharf an. »Du stellst die Antwort als Frage?«
»Ja, bewußt, weil ich einfach jetzt nicht mehr glauben will, daß es mit ihr auch endete.«
»Wieso?«
»Denk an einen gewissen Boris Bogdanowich. Wie war das mit der Wallfahrt im Vampir-Expreß zum Grab der Lady X? Die Sippe der Bogdanowichs
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