0342 - Vampire in Petrila
streuen, und die Kugeln holen uns von den Beinen.«
Mit dieser düsteren Prognose hatte er ins Schwarze getroffen.
Nicht anders hätte auch ich gehandelt, wenn ich an Stelle der Schießer gewesen wäre.
Nur wußte ich noch immer nicht den Grund. Weshalb hatte man uns hier eingekesselt? Wer war in Rumänien so scharf darauf, uns mit Maschinenpistolen das Lebenslicht ausblasen zu wollen?
Eine Teilantwort auf die Frage gab uns eine kratzig klingende Megaphonstimme, die gegen die Hausfront hallte und auch durch die zerstörten Scheiben an unsere Ohren drang.
»Sinclair, wir haben dich gesehen! Du hockst in der Bude und hast keine Chance!«
Ich hörte die Stimme und wunderte mich. So verzerrt und kratzig sie sich auch anhörte, sie sprach ein lupenreines Englisch. Es kam für mich nur ein Landsmann in Frage.
Das merkte auch Dragan. »Das ist ein Engländer!«
»Sieht so aus.«
»Dann geht die Aktion sicherlich von London aus«, bemerkte Marek, der wie ich zum Fenster schielte.
»Hast du gehört, Sinclair? Wir wissen Bescheid, und wir sind gekommen, um Schluß zu machen. Rumänien ist genau der richtige Ort für dich, wo du begraben wirst.«
Das konnte ich mir vorstellen. Vielleicht sogar neben Lady X.
Aber noch lebte ich.
»Behaltet ja die Fenster im Auge«, flüsterte ich. »Das Gerede kann ein Ablenkungsmanöver sein, um uns kalt zu erwischen.«
»Geht klar, John«, sagte Dragan.
In der Tat hatten wir es mit einem Ablenkungsmanöver zu tun gehabt. Der Schatten am Eingangsfenster war kaum zu sehen. Dafür der dunkle Lauf der MPi, der durch das Loch geschoben wurde.
Dann hämmerte die Garbe.
Der Kerl am Fenster schwenkte die Waffe, damit sie eine große Streuwirkung bekam. Die Kugeln jagten in den Boden, sie rissen ihn auf. Späne flogen, das Krachen der Waffe zerrte an unseren Trommelfellen, und ich schoß hinein in das Mündungsfeuer.
Meine Position war besser gewesen. Der andere hatte auf gut Glück zielen müssen, da das Fenster für einen sicheren Treffer viel zu hoch lag. Ich traf ihn.
Die MPi verstummte nicht nur, ich hörte auch einen Schrei, dann schwankte die Waffe und fiel.
Nach innen!
»Na bitte«, sagte ich und setzte mich in Bewegung. Geduckt hastete ich auf die MPi zu und riß sie an mich, hörte Wutrufe, und schon begannen die Waffen zu hämmern.
Mit der Beutewaffe rollte ich mich über den Boden, während die Kugeln durch das Fenster flogen und über meinen Kopf hinwegpfiffen. Sie räumten einiges um. Gläser flogen vom Tisch, aus den Regalen holten sie Bücher hervor und zerfetzten auch das Bett.
An der gemauerten Kaminwand prallten sie als böse Querschläger ab. Wir hatten Angst, von den umherirrenden Geschossen getroffen zu werden, denn die platten Kugeln konnten böse Wunden schlagen.
Die erste Wut nach meiner Gegenattacke hatte nachgelassen. Die Killer berieten sich, und wir hörten ihre Stimmen, konnten aber nichts verstehen. Einer der Männer sprach lauter. »Verdammt, der Hund hat mir fast die Schulter zerschossen!«
Das mußte der Kerl gewesen sein, den ich am Fenster gesehen und dessen MPi ich jetzt hatte.
Dennoch hatte sich unsere Lage nicht grundlegend verändert. Mit einer Maschinenpistole konnten wir nicht viel ausrichten. Zudem wollte ich mir den Weg auch nicht freikämpfen, schließlich waren wir keine schießwütigen Söldner. Es mußte eine andere Chance geben, dieser Lage zu entkommen. Daß unsere Gegner die Belagerung fortsetzen würden, stand für mich fest.
»Also, wie kommen wir raus?« fragte ich Marek.
Dragan antwortete. »Du müßtest uns den Weg freischießen, John.«
»Das ist nicht drin.«
»Wieso nicht?«
Ich erklärte ihm die Gründe. »Außerdem wären wir immer auf der Verliererstraße. Hat einer von euch eine andere Idee, wie wir die Killer überlisten können?«
Der Pfähler lächelte und legte mir seine Hand auf die Schulter.
»Überlisten ist gut, John.«
»Was hast du?«
Er deutete schräg nach oben. Dragan und ich folgten dem ausgestreckten Zeigefinger und wußten Bescheid, was sich der alte Marek ausgedacht hatte. Er war wirklich ein Fuchs.
Und seine Idee fand bei uns Zustimmung. Die Leiter war noch ausgefahren. Über sie konnten wir auf den Speicher gelangen und von dort auf das Dach.
»Da werden sie uns nie vermuten«, sagte Marek. »Wenn wir das Dach erreicht haben, verhalten wir uns so lange ruhig, bis die Killer den Bau stürmen. Sind sie drin, versuchen wir zu verschwinden. Die Chance ist zwar nicht groß, aber besser als
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