0342 - Vampire in Petrila
stimmte.
»Was ist denn, John?« erkundigte sich der junge Rumäne.
»Hier scheint jemand was umgekippt zu haben«, antwortete ich mit belegter Stimme.
»Das glaubst du doch selbst nicht.«
Nein, das glaubte ich auch nicht. Mein Verdacht bezog sich auf etwas anderes. Ich spürte das Kratzen in meiner Kehle. Es kam von dem unguten Gefühl, das mich überkommen hatte.
Ich zog die Hand zurück.
Die Fingerspitzen waren rot. Keine Farbe, das erkannte ich sofort.
So sah Blut aus.
»Es ist Blut!«
»Au verdammt!« Marek hatte dies gesagt, und ich stieg die restlichen Stufen hoch, um mich umzuschauen. Meine Bleistiftleuchte leistete mir wertvolle Dienste.
Ihr Lichtstreifen war nur schmal. Er reichte trotzdem aus, um die leblose Gestalt zu erkennen, deren Kopf inmitten einer Blutlache lag…
Ich blieb auf der Leiter stehen, als wäre ich festgewachsen. Der Anblick war einfach zu schrecklich. Einen Vampir hatte ich nicht vor mir, sondern einen Toten.
Er war Bartträger. Das dunkle Haar umgab Kinn und Wangen.
Auch darin klebte das Blut.
Mit einer müden Bewegung wischte ich mir eine Haarsträhne aus der Stirn, kletterte die restlichen Stufen hoch und blieb neben der Öffnung geduckt hocken, wobei ich auch den Geruch wahrnahm, der den Speicher durchzog.
Es roch nach Staub – und nach Blut…
»Kommst du allein zurecht?« rief Marek zu mir hoch.
»Ja, nur hätte ich noch eine Frage. Hat dieser Kierek einen Bart getragen?«
»Stimmt.«
»Dann ist er der Tote.«
»Ist er tatsächlich eine Leiche oder ein Vampir?«
»Moment noch.« Es war mir nicht recht, aber ich mußte es tun, streckte den Arm aus und schob die Oberlippe des Toten zurück.
Keine Vampirzähne. Dieser Mann war wirklich tot und tat nicht nur so, wie mancher Vampir.
Den anderen erklärte ich, daß ich mich auf dem Speicher noch ein wenig umschauen wollte.
»Ich habe hier eine stärkere Lampe«, sagte der Pfähler. »Willst du sie haben?«
»Das wäre gut.«
Er reichte sie mir hoch. Ich war ihm ein Stück entgegengegangen.
»Siehst blaß aus, Junge«, sagte er.
»Kein Wunder.«
Auf dem Speicher mußte ich geduckt gehen. Das Dach war niedrig, aber gut abgedichtet. Durch keine Ritze pfiff der Wind.
Ich fand sehr viel, denn das Dach diente als Abstellkammer. Unter anderem sah ich mit dickem Staub überzogene Flaschen, ferner alte Holzbretter, einige Lumpen, Öllampen, Holzbalken und eine zerbrochene Leiter, über die ich fast gestolpert wäre. Sie lag dicht neben einem Fenster, das sich in der Schräge befand.
Um es zu öffnen, mußte ich einen Hebel hochschieben. Ich weiß auch nicht, aus welchem Grunde ich das tat, vielleicht um in den Himmel sehen und nach Vampiren schauen zu können. Durch die Scheibe konnte ich nicht blicken, sie war völlig verdreckt.
Auch mußte ich Kraft aufwenden, um das Fenster in die Höhe zu stemmen. Es knirschte. Rost löste sich von der Stange und rieselte nach unten. Sogar auf meinen Schuhspitzen blieb er liegen.
Endlich hatte ich das Fenster hochgedrückt. Kühler Wind traf mein Gesicht und ließ mich schaudern. Ich schaute in den Himmel.
Er zeigte eine seltsame Bläue. Wieder kam es mir vor, als hätte jemand ein gewaltiges Tintenfaß dort oben geleert und die Flüssigkeit verteilt.
Ich schaute genau auf den Mond. Er stand am Himmel wie ein stummer, alles beobachtender Wächter.
Vampire sah ich nicht, auch keine Fledermäuse, aber ich sah, als ich zu Boden schaute, schattenhafte, huschende Bewegungen.
Dort lief jemand herum!
Sofort war ich alarmiert. Wie viele sich dort bewegten, konnte ich nicht sagen, jedenfalls hatten sie nichts Gutes vor, das verriet mir ihre Anwesenheit, die sie zudem, nach meinem Gefühl jedenfalls, vor unseren Augen verbergen wollten.
Außerdem mußten sie wissen, daß wir uns im Haus des Platzwarts befanden. Wahrscheinlich hatten sie uns schon längst eingekreist.
Meiner Ansicht nach mußten wir das Haus so rasch wie möglich verlassen.
Ich wußte nicht, ob sie mich entdeckt und auch gehört hatten, als ich das Fenster öffnete. Es hatte Geräusche gegeben, die sich nicht wiederholen sollten. Aus diesem Grunde ließ ich die schräge Klappe offen.
Leise zog ich mich zurück. Marek und Dragan standen noch immer am Fuße der Leiter. Sie schauten überrascht, als sie mich entdeckten, weil ich einen Finger auf die Lippen gelegt hatte.
Erst als ich unten bei ihnen stand, erklärte ich ihnen, was ich entdeckt hatte.
»Gestalten?« flüsterte der Pfähler.
»Ja, und sie
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