0343 - Der Satan schickt seine Rechnung
Neues. Die Hamishs vertrieben sich die Zeit damit, die Kunstschätze im Haus zu sichten und stundenlange Telefongespräche mit ihren Anwälten zu führen. Da kein Testament vorhanden war, würde die Nachlaßverteilung vor Gericht stattfinden — bei den verworrenen Vermögensverhältnissen des alten Samuel eine Fundgrube für tüchtige Anwälte. Phil nannte die Namen von einigen der bekanntesten New Yorker Anwälten, die ihre Mitarbeit bereits zugesagt hatten. Im Laufe des Tages wollten sie in Havre de Grace eintreffen.
Dann rief ich New York an, LE 5 - 7700.
Ich bat die Vermittlung, mir das Archiv zu geben.
Es meldete sich Howard Wade, der Leiter des Archivs, ein Mann, dessen Gedächtnis es mit jedem elektronischen Computer aufnehmen konnte.
»Hier Cotton«, sagte ich, »hör zu, How, ich brauche alles über Swam Shark!«
»Wenn du mit dem zu tun hast, wird’s ein Fest«, grinste How. »Swam ist sechsundvierzig Jahre alt, unverheiratet, nennt sich Künstler, wird in unserer diskreten Weise auf eine Menge Dollars geschätzt und hat noch keine Vorstrafe.«
»Was tat er nach deiner Ansicht in der letzten Zeit?«
Howard wußte auch das, ohne nachzusehen.
»Er schwimmt im Windschatten eines ganz großen Fisches. Das heißt — das ist eine Vermutung von mir.«
»Worauf gründet sich die?«
»Tja — das ist so eine Sache. Vielleicht weißt du, daß wir Swam im Verdacht hatten, ein Killer zu sein. Ich will sagen, es war schon mehr als ein Verdacht. Seit geraumer Zeit hat er sich aber ganz vom Geschäft zurückgezogen. Und eben das kommt mir komisch vor.«
»Das gibt es doch, daß ein Gangster Schluß macht, sich zurückzieht!«
»Ja, aber nicht, wenn er Swam heißt.«
»Du meinst, er arbeitet jetzt auf einem anderen Gebiet!«
»So ungefähr. Wenn du meine ganz private Meinung wissen willst: Swam arbeitet für ein Syndikat!«
»Welches?«
»Keine Ahnung! Das ist es ja. Seit zwei Jahren ist hier nichts Neues mehr über Swam eingegangen. Ich denke, daß er überhaupt nichts mehr tut, daß er aber seinen schlechten Ruf ausnützt.«
»Das mußt du mir genauer erklären!«
»Erpressung«, sagte How. »Das große Geschäft der Syndikate. Erpressung setzt eine Drohung voraus. Und wenn ein Kerl mit dem Rufe eines Swam Shark auftaucht, ist das Drohung genug!«
»Aber das ist eine Theorie von dir?«
»Natürlich, was soll ich anderes tun, wenn ich keine Tatsachen erfahre!«
»Eine andere Frage«, sagte ich. »Wo lebt Swam zur Zeit.«
»In Toms River!«
Es gab mir einen Schlag. In Toms River war Dick Hamish ermordet worden. Bestand da ein Zusammenhang?
»Sieh doch mal in deinen Akten nach«, bat ich. »Gibt es irgendwo einen Hinweis darauf, daß Swam mit dem Namen Hamish in Zusammenhang gebracht wurde.«
Es dauerte eine ganze Weile, bis How zurück war. Ich hörte seinem Tonfall sofort an, daß er etwas gefunden hatte.
»Ein gutes Archiv ist doch Gold wert«, brummte er. »Hier liegt ein Bericht eines unserer V-Leute vor. Danach gehörte Swam im Jahre 1960 zu dem Freundeskreis von Orville Hamish. Dieser Orville war ein Playboy von der üblen Sorte. Er wurde 1961 entmündigt und in eine Heilanstalt gebracht…«
»Ich weiß«, unterbrach ich How. Das war mehr, als ich erwartet hatte. Orville und Swam Shark — hatten wir endlich den Komplicen gefunden, der Orville unterstützte? Das war eine höchst vielversprechende Spur.
Ich hatte noch eine letzte Frage.
»In Begleitung von Swam befindet sich ein Gorilla. Sein Vorname ist Al! Weißt du etwas über den Burschen!«
How konnte auch das beantworten. »Der Mann heißt Al Johnson!«
»Etwa verwandt mit dem Schwergewichtsboxer Johnson?«
»Er ist der Bruder. Ein ziemlich einfältiger Geselle, mehrfach wegen Körperverletzung vorbestraft. Arbeitet schon lange mit Swam zusammen. Stand auch einmal gemeinsam mit ihm unter Mordanklage vor Gericht. Freigesprochen! Zur Zeit steht er nicht auf der Fahndungsliste.«
Ich bedankte mich und legte auf. Das gab zu allerhand Vermutungen Anlaß. Kines schien mir jetzt schon sicher. Swams Anwesenheit in Havre de Grace hatte unmittelbar mit unserem Fall zu tun. Wir würden uns mit dem Burschen befassen müssen.
Der Fall mündete in gewohnte Bahnen ein.
***
Ich vereinbarte mit dem Captain, daß er mir Bescheid geben sollte, wenn Shark im Headquarters war. Natürlich konnte Shark sich weigern, der Aufforderung Folge zu leisten. Eine Handhabe, ihn zu zwingen, hatten wir nicht, und er wußte das ebensogut wie wir. Aber ich
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