0344 - Blutgeld ohne Zinsen
auf die Blätter.
»Hast du die Zeitungen mitgebracht oder hier in Quincy gekauft?«, erkundigte sie sich.
»In New York gekauft«, antwortete er knapp und streckte die Hand aus.
»Schreckliche Sachen passieren in der Welt«, sagte sie. Ihr Blick huschte über die Überschriften auf der Titelseite. »Das Begräbnis ohne Tote. Familie weint am leeren Sarg«, las sie laut vor.
»Gib schon her!«, forderte der Mann knapp und riss ihr den Stoß fast aus der Hand.
Verwundert sah sie ihn an. Er versenkte seinen Blick sogleich in die Zeitung. Da wandte sie sich ab und ging in die Küche. Sie wunderte sich über den Mann, der manchmal so reizend sein konnte, wie sie noch keinen Mann getroffen hatte. Dann wieder stieß er sie ab durch seine Grobheit. Sie führtö das auf seinen geschäftlichen Ärger zurück und verzieh ihm. Schnell machte sie sich daran, den Nachtisch zu bereiten.
Der Mann stand plötzlich neben ihr, dass sie erschrak. Sie hatte ihn bei ihrer Arbeit nicht kommen hören.
Er legte ihr die Hand auf die Schulter und sah sie an.
»Ich muss noch einmal fort, Liebling«, sagte er rasch. »Es ist ganz dringend. Ich habe etwas vergessen. Ich werde möglichst schnell zurück sein.«
»Aber warte noch den kleinen Augenblick«, bat sie erstaunt. »Ich bin jetzt mit dem Nachtisch fertig. Den kannst du doch erst essen.«
»Das geht nicht«, entschied er und war schon wieder aus der Küche. Draußen nahm er die Ledermappe, steckte sämtliche Zeitungen hinein, die er mitgebracht hatte und war schon aus dem Zimmer, als die junge Frau ihm nacheilte.
»Der Ärmste!«, flüsterte sie leise.
***
Am Ortsausgang von Quincy fuhr Malloy von der breiten Interstate Route herunter und bog in nordwestlicher Richtung ab.
»Wo willst du denn hin?«, erkundigte sich Pat Brian und sah den anderen Gangster erstaunt an.
»Ich fahre über Springfield«, beschied ihn Malloy kurz.
»Das ist ein Umweg«, protestierte Pat Brian und nahm die Kappe ab, die zur Uniform der Leichenträger von Budra Bestattungen gehörte. Die Kopfbedeckung war um mindestens anderthalb Nummern zu klein und hatte eine Rille in die Stirn des Gangsters gegraben. »Wann sollen wir denn wieder in New York sein?«
»Ich mach lieber ’nen Umweg, als dass ich überhaupt nicht zurückkomme«, maulte Malloy böse. Die ganze aufgestaute Wut brach jetzt aus ihm heraus. »Meinst du vielleicht ich wollte mich in Brockton noch mal von den Cops schnappen lassen? Die stehen doch unter Garantie noch da und kontrollieren alle Fahrzeuge. Weiß der Teufel, was da schon wieder los gewesen ist. Bei der Hintour hat ja alles geklappt, weil wir ja ordnungsgemäße Papiere hatten, aber wenn wir jetzt dort mit derselben Leiche wieder aufkreuzen, dann muss doch auch der blödeste Cop wach werden.«
»Ich hätt’s einfach riskiert«, warf Pat Brian ein. »Die werden den Wagen schon nicht untersuchen. Über Springfield, das sind doch bestimmt 80 Meilen mehr.«
»Genau 102«, knurrte Malloy, der vorher auf die Karte geschaut hatte. »Kann’s nicht ändern. Ich gehe lieber auf Nummer sicher.«
»Werd nicht kiebig!«, verlangte Pat Brian. »Der Auftritt beim Boss hat mir gereicht. Der ist ja mächtig wütend gewesen.«
»Wütend ist ja gar kein Ausdruck«, brummte Malloy. »Ich hab ihn noch nie so gesehen. Dass der uns nicht in Stücke gerissen hat, war aber auch alles. Und dabei konnte er uns diesmal nun wirklich keinen Vorwurf machen. Nicht einmal dir«, fügte er boshaft hinzu.
Pat Brian schwieg eine ganze Weile gekränkt. Er öffnete das Handschuhfach und fischte sich eine Zigarette aus 34 der Packung. Er rauchte schweigend und starrte durch die Windschutzscheibe in die Dunkelheit, die nur von dem scharfen Licht der Scheinwerfer durchschnitten wurde. Pat Brian rauchte in langen, hastigen Zügen. Als die Zigarette kaum zur Hälfte geraucht, war, drehte Pat Brian das Fenster herunter und warf den glimmenden Rest hinaus.
»Dein blödes Gequatsche kannst du dir ruhig sparen«, maulte er. »Möchte wissen, was ich denn jetzt schon wieder verbockt haben soll.«
»Wenn du diesem Norman nicht das Lebenslicht ausgeblasen hättest, dann wäre der ganze Zirkus nicht notwendig gewesen«, knurrte Malloy böse und trat wütend das Gaspedal durch.
»Du weißt doch genau, dass ich gar keine andere Möglichkeit gehabt habe. Der hätte mir doch sonst das Messer in die Rippen gejagt. Ich möchte wissen, was du in dem Fall gemacht hättest. Ist doch schließlich nicht meine Schuld, dass der
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