0344 - Die Hexe von Nottingham
Dan Tracey hatte sein Attentat nicht überlebt. Seine Mentalsubstanz, seine Lebensenergie war zum Dhyarra-Kristall geworden, geformt von den leitenden Geistesimpulsen der EWIGEN. So war ein Kristall I. Ordnung entstanden.
Zu mehr hatt es nicht gereicht. Ohne Traceys oder eines anderen Wesens Lebensenergie wäre nicht einmal das gelungen. Andere EWIGE schafften es aus ihrer eigenen Ur-Kraft heraus.
Aber die Rothaarige schien von Anfang an zur Versagerin gestempelt zu sein. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß sie wirklich einmal Alpha-Rang besessen haben sollte. Andererseits hätte sie sonst niemals einen Kristall 10. Ordnung besessen…
Immerhin, es war ihr gelungen, diesen Kristall zu schaffen. Sie hatte darüber kurzzeitig das Bewußtsein verloren. Die geistige Anstrengung war sehr groß gewesen. Zudem hatte sie sehr schnell sein müssen, weil sie ahnte, den Kristall sofort einsetzen zu müssen, denn sie mußte sich vor der Rache Bess Saunders’ schützen. Der Kristall, im Moment des Bewußtloswerdens noch aktiviert, hatte die EWIGE auch prompt geschützt. Sie befürchtete allerdings, daß seine Aktivität festgestellt worden war.
Denn auch wenn dem ERHABENEN der Machtkristall entwendet worden war, würde es genug andere ihm treu ergebene EWIGE geben, die das Umfeld überwachten. Und nach dem Dhyarra-Diebstahl würden sie ganz besonders wachsam sein…
Die Rothaarige gab sich da keinen Illusionen hin.
Sie bedauerte, daß sie nicht den Machtkristall selbst hatte einsetzen können. Aber den hatte ja Bess Saunders in der Hand gehalten. Aber was sollte es? Bald würde sie ihn ohnehin besitzen.
Sobald Ted Ewigk tot war…
Und dann würde es auch Bess Saunders nicht mehr lange geben. Denn eine Hexe, die einen ERHABENEN töten konnte, konnte auch seine Nachfolgerin töten… Irgendwie würde die Hexe mit Sicherheit die richtigen Schlüsse ziehen. Allein die Existenz des Dhyarra-Kristalls 1. Ordnung mußte sie darauf bringen, daß der zu Tötende und die Rothaarige artverwandt waren.
Noch hielt die Schock- und Schreckwirkung an. Sie durfte nicht so bald verfliegen.
Die Rothaarige betrat die Wohnküche. Die Hexe schreckte hoch.
»Wir werden diese Wohnung, dieses Haus verlassen«, sagte die Rothaarige. »Der Diebstahl wird nicht unbemerkt geblieben sein. Und dieser blaue Kristall lockt die Verfolgung hierher.« Sie deutete auf den Machtkristall, den die Saunders immer noch umklammerte.
Deren Augen wurden groß. »Warum hast du mir das nicht früher gesagt, du Monstrum?«
»Weil der Kristall die engste persönliche Bindung an jenen Mann hat, die man sich nur denken kann. Los, wir verschwinden.«
Bess Saunders erhob sich. In ihren Augen blitzte es in wilder Wut.
»Warum hast du es mir nicht früher gesagt?« wiederholte sie ihre Frage. »Wir wären erst gar nicht hierhergekommen!« Und Dan würde noch leben, fügte sie in Gedanken hinzu.
»Weil ich auch erst seit ein paar Minuten weiß, daß die Verfolger unterwegs sind«, sagte die Rothaarige.
Sie wußte es nicht. Sie ahnte es nur. Wenn sie nicht gezwungen gewesen wäre, den Kristall so schnell zu bilden, hätte es anders ausgehen können. Sie hätte dies auch der Hexe mitteilen können. Aber sie wollte es nicht.
Alles brauchte die Hexe auch nicht zu wissen…
»Wir suchen uns einen besseren Ort, wo du deine Tricks ungestörter anwenden kannst. Ted Ewigk muß sterben«, befahl die Rothaarige.
»Gehen wir.«
***
»Das muß es sein«, sagte Zamorra eine halbe Stunde später und stieg aus dem Jaguar. Er legte den Kopf in den Nacken und sah an der Hausfassade hinauf. »Ich bin mir sicher. Das ist das Haus, das ich gesehen habe.«
Nicole schürzte skeptisch die Lippen.
Die Häuser in diesem Straßenzug sahen sich alle verflixt ähnlich. Hier hatte man irgendwann, wohl noch vor dem Krieg, Wohnhäuser aus dem Boden gestampft, eines wie das andere. Gut, einige waren etwas heller gestrichen, andere dunkler. Aber im Grunde glichen sie sich alle.
Aber Zamorra deutete auf dieses eine bestimmte Gebäude.
»Es muß hier sein«, sagte er. Wieder die Reflexbewegung nach dem Amulett, das vor seiner Brust hing. Nicole hob die Brauen.
»In diesem Haus dürften etwa zehn Mietparteien wohnen«, sagte sie. »Ostereier suchen ist einfacher.«
»Glaubst du, ich habe vor, eine Wohnungstür nach der anderen abzuklappern?« fragte der Parapsychologe kopfschüttelnd. »Ich werde einfach irgendwo anfragen, ob in diesem Haus eine junge schwarzhaarige Frau wohnt, sie
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