0344 - Die Hexe von Nottingham
beschreiben… es wird ja wohl einer wissen, in welcher Wohnung sie lebt.«
»Glaubst du, man wird dir antworten?« Nicole zeigte sich nicht überzeugt.
»Abwarten…«
Zamorra ging auf den Hauseingang zu. Er musterte die Reihe der Türschilder und Klingelknöpfe, dann drückte er auf einen der beiden unteren Knöpfe.
Nichts geschah.
Zamorra nahm den zweiten Knopf. Einige Sekunden später erklang eine Stimme aus dem Türlautsprecher. »Sie wünschen?«
Zamorra stellte sich vor. »Ich hätte gern eine Auskunft. Wohnt in diesem Haus eine schwarzhaarige junge Frau?«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Ich muß in einer dringenden Angelegenheit mit ihr sprechen.«
»Schauen Sie aufs Türschild, dann finden Sie es heraus«, kam es zurück.
»Mir ist leider der Name nicht bekannt.«
»Tut mir leid, Sir…«
Es knackte.
»Ich hab’s dir doch gesagt«, bemerkte Nicole gelassen. »Ich würde auch nichts sagen. Da könnte ja schließlich jeder kommen, nicht wahr? Sag mal… hast du deinen Sonderausweis vom britischen Innenministerium nicht zufällig in der Tasche?«
»Woher? Ich konnte ja zu Beginn unserer ausgedehnten Reise nicht ahnen, daß wir ausgerechnet hier landen und diesen Ausweis benötigen würden.«
Nicole seufzte. »Also wird die offizielle Tour auch nicht ziehen.«
Im selben Moment wurde die Tür geöffnet. Ein Mann mittleren Alters wollte nach draußen. Nicole stellte sich ihm in den Weg.
»Ich suche eine Bekannte«, sagte sie. »Wir haben uns flüchtig kennengelernt, aber ich hab’ die Karte mit ihrem Namen vergessen. Ich wußte nur noch Straße und Hausnummer. Vielleicht können Sie mir helfen.« Sie lächelte den Mann freundlich an. »Sie ist schwarzhaarig, jung, schön…«
»Wohnt im obersten. Die rechte Wohnung. Aber ich glaube, sie ist nicht zu Hause. Ihr Wagen steht nicht an der Straße. Der grüne Jaguar da vorn, ist das Ihr Wagen?«
»Ja…«
»Wenn sie zurückkommt, wird sie sich freuen. Sie stehen nämlich genau auf ihrem Stellplatz, und da ist dieses Teufelsweib sehr eigen…«
»Teufelsweib?«
»Hm… entschuldigen Sie mich, Miß, aber ich muß zum Bus. Wie gesagt, ganz oben, rechte Wohnung.«
Der Mann eilte davon. Nicole schob einen Fuß in die Tür, bevor die zufallen konnte.
»So macht man das«, sagte sie. »Wenn du mich nicht hättest…«
Er küßte sie auf die Wange. »Ich weiß es zu schätzen, cherie… aber angeblich nicht zu Hause, der Wagen fort… das Vögelchen scheint ausgeflogen zu sein.«
»Ausprobieren. Komm, bevor wir hier Wurzeln schlagen. Hast du dir schon überlegt, wie wir dieser Hexe entgegentreten?«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Nein. Wichtig ist, daß wir überhaupt wissen, sie wohnt hier. Vielleicht werden wir Beta hinzuziehen müssen.«
»Kaum. Der muß Ted bewachen. Gibt’s hier keinen Lift?«
Es gab keinen. Sie hatten alle fünf Etagen zu Fuß zu erklimmen. Normalerweise hätte der Aufstieg Zamorra wenig ausgemacht. Aber nach den vorangegangenen Strapazen der Beschwörung war er bei weitem nicht mehr so fit wie sonst. Daran konnte auch der »Zaubertrank« nichts ändern, von dem er ja vorerst nur wenig getrunken hatte. Der Rest lag in einer Plastikflasche abgefüllt im Handschuhfach des Wagens.
Dann standen sie vor der Wohnungstür.
»Saunders«, las Nicole vom Schild an der Wohnungsklingel ab. Sie überlegte, ob sie die Klingel betätigen sollte, und zögerte. Sie versuchte sich auf das zu konzentrieren, was sich in der Wohnung befand. Sie hatte eine magische Aura bei der falschen Krankenschwester gespürt, als sie einander passierten, und sie versuchte, diese Aura jetzt wieder hinter der Tür zu erspüren. Aber da war nichts.
Absolut nichts.
»Vielleicht ist sie tatsächlich fort…«
Zamorra griff nach der Türklinke. Er drückte sie probeweise nieder. Die Tür ließ sich öffnen. Sie war nicht abgeschlossen worden…
»Das ist eine Einladung«, stellte der Parapsychologe fest. »Komm.«
Ein wenig unwohl war ihm schon. Was, wenn es sich um eine Falle handelte? Mit gemischten Gefühlen trat er in den Korridor.
Und stutzte.
Da war ein großer Wandspiegel -gewesen. Der Rahmen hing noch da, auch ein paar zackige Splitter. Angeschmolzene Glassplitter lagen auf dem Teppich, einige steckten in der Tapete der gegenüberliegenden Wand… der Spiegel schien mit vehementer Wucht förmlich explodiert zu sein.
»Hier war etwas los«, sagte Zamorra. Er öffnete vorsichtig die nächste Tür. Ein Schlafzimmer. Leer. Eine
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