0347 - Satans Mädchenfänger
wir es nicht weit bis zur Chelsea Bridge. Es war die nächste Brücke themseabwärts, nur das Hinkommen gestaltete sich etwas schwierig, weil wir einen Bogen fahren mußten.
Wir rollten durch Pimlico und nahmen die Lupus Street. Darauf rollten wir ungefähr parallel zum Fluß.
Ich dachte während der Fahrt immer öfter an mein Kreuz.
Vielleicht übertrug es sich auch auf meinen Fahrstil, denn Suko gab Bemerkungen von sich, die ich von ihm nicht gewohnt war.
Über die Brücke brauchten wir nicht. Wir mußten nur in ihrer Nähe ab und zum Ufer der Themse hinunter. Dort sollte irgendwo der Club International liegen.
Auf den war ich gespannt.
An Churchill Gardes Estate rollten wir vorbei. Sahen hinter Bäumen Lichter schimmern und entdeckten auch das fallende Laub, das der Wind von den Ästen geblasen hatte und nun durch das Licht unserer Scheinwerfer taumelte, bevor es den Boden berührte.
Wir gerieten in eine Polizeikontrolle und konnten weiterfahren, nachdem die Beamten einen Blick auf unsere Ausweise geworfen hatten. Bis auf die am Ufer entlangführende Grosvanor Road fuhren wir nicht. Als die Brücke bereits in Sicht kam, bog ich in eine der kleinen Straßen ab, die zur Brückenauffahrt mündeten.
Häuser standen hier nicht mehr. Die Kreise der Straßen umrandeten zahlreiche Grasinseln. Manche waren mit wohlgestutztem Buschwerk bewachsen, andere mit Bäumen.
Suko hielt bereits erfolgreich Ausschau nach einem Schild.
CLUB INTERNATIONAL!
In roten Lettern geschrieben, glänzten die beiden Worte auf einer weißen Fläche.
»Wer sagt es denn«, meinte Suko. »Am besten ist es, wenn du rechts abfährst.«
Das tat ich auch, schaute erst nach links, sah dort nicht nur eine Straße, sondern weiter höher das Gestänge der Brücke und eine Gestalt, die von der Brücke her einen Abhang entlanglief, wobei sie wild mit den Armen ruderte. Freiwillig unternahm niemand einen solchen Spaziergang. Zudem noch mitten in der Nacht.
Da mußte etwas passiert sein.
Ich stoppte.
Auch Suko hatte den Mann gesehen. Er war früher aus dem Wagen als ich, überquerte die Straße und lief dem anderen entgegen, der den Abhang inzwischen hinter sich gelassen hatte.
Der Mann fiel meinem Freund fast in die Arme. Suko hielt ihn fest und redete beruhigend auf ihn ein.
Leider konnte ich nicht verstehen, was er sagte, aber er brachte seinen Schützling zum Bentley, wo ich bereits ausgestiegen war und die beiden neben dem Wagen stehend erwartete.
Wir hatten nicht weit von einer Laterne entfernt gehalten. Ihr Licht traf nicht nur den Wagen, auch Suko und der Fremde wurden getroffen, so daß ich ihn genauer erkennen konnte.
Sein Gesicht zeigte Erschöpfung. Leider auch einen anderen Ausdruck, den ich mit dem Begriff Angst umschrieb. Der Mann löste sich aus Sukos stützendem Griff und hielt sich an der Oberkante der offenstehenden Beifahrertür fest.
Ich saß noch im Wagen, beugte meinen Oberkörper zur Seite und fragte: »Was ist passiert?«
»Genaues weiß ich auch nicht, John, aber unser Freund scheint eine sehr interessante Begegnung hinter sich zu haben.«
»Laß ihn in den Fond!«
Ich hatte schon die Tür geöffnet, Suko drückte den Mann in den Wagen, wo er sich schweratmend gegen die Rückenlehne preßte, sich den Schweiß aus der Stirn wischte und uns seinen Namen sagte.
»Er weiß übrigens, daß wir von Scotland Yard sind«, erklärte mir mein Freund.
Das war gut. Da der Mann nicht davongelaufen war, konnte er meiner Ansicht nach nichts Schlimmes auf dem Kerbholz haben. Ich bat ihn, uns zu berichten.
Er erzählte. Stockend, immer wieder durch heftige Atemzüge unterbrochen, aber er präsentierte uns eine Geschichte, die zwar unglaublich klang, von uns dennoch geglaubt wurde.
»Zwei Mädchen hatte ich nur mitgenommen, aber die mußten etwas auf dem Kerbholz gehabt haben.«
»Was genau, wissen Sie nicht?« fragte Suko.
»Sie hatten Angst vor den Gestalten. Und eine schrie immer. Die Toten leben oder so ähnlich.«
»Können Sie die Gestalten näher beschreiben?« wollte ich wissen.
»Keine Ahnung. Es ging so schnell. Wohl Frauen waren es mit langen Gewändern – und… und ein L.«
Ich war plötzlich elektrisiert. »Was haben Sie da von einem L gesagt?«
Er nickte heftig. »Das trugen die Weiber vorn auf der Brust.« Er wischte über sein Gesicht. »Ich bin dann abgehauen, als der andere Wagen abfuhr. Meiner steht noch auf der Brücke.«
»John, das ist es!«
Suko hätte mir die Worte erst gar nicht so sagen
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