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035 - Das Dorf der Kannibalen

035 - Das Dorf der Kannibalen

Titel: 035 - Das Dorf der Kannibalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Kraft war unheimlich.
    »Lauf nur zu, Dorian Hunter!« rief sie amüsiert. »Renn dir nur den Kopf ein! Das meine ich natürlich nur bildlich.
    Diesen Ausweg lasse ich dir nicht. Du wirst dich für oder gegen die Reisenden entscheiden müssen.«
    Hatte es einen Sinn, gegen die vier Kannibalen anrennen zu wollen? Er schüttelte den Kopf. Im Moment gab es keine Rettung für ihn; er mußte sich geschlagen geben.
    »Ich will die Leute sehen«, verlangte er.
    »Komm mit hinunter in unser trautes Heim«, spottete sie. »So etwas wird dir nicht alle Tage geboten, Dorian.«
    Mit einem ungnädigen Wink scheuchte die Hexe ihre Kreaturen zurück. Eva wußte, daß Hunter die Waffen gestreckt hatte. Ihre Rechnung ging auf der ganzen Linie auf.
    Die vier Kannibalen blieben dicht hinter Dorian, als er Eva über eine brüchige Treppe in ein weites, niedriges Kellergewölbe folgte, das von qualmenden Fackeln erhellt wurde. Die Szenerie erinnerte ihn an die Kulisse eines Horrorfilms.
    »Sieh sie dir an, Dorian!« sagte sie und blieb vor einer Bohlentür stehen. Ob sie seine Gedanken gerade angezapft hatte, ließ sie nicht erkennen. Sie schob zwei schwere Riegel beiseite, trat zurück und überließ es Dorian, die schwere Tür aufzuziehen.
    Sie gönnte den Touristen nicht die Gnade der Selbsttäuschung; sie hatte sie den Schrecken dieses engen, feuchten Kellerloches ausgeliefert. Die Reisenden standen apathisch in einer Ecke des Gewölbes und drängten sich wie verängstigte Schafe zusammen.
    »Sieh sie dir noch einmal genau an! Wir werden einen nach dem anderen fressen, Dorian. Einen nach dem anderen, bis du nachgibst. Es liegt also in deiner Hand, wie viele von ihnen sterben müssen.«
    »Du willst mich erpressen? Wie kann ich die Reisenden retten?«
    »Ich werde sie alle freilassen, Dorian.«
    »Leere Versprechungen.«
    »Sie werden sich an nichts erinnern und neben ihrem Bus stehen.«
    »Wie viele sind bereits …?« Er scheute sich, den Satz zu beenden.
    »Sechs. Wir haben immer großen Appetit, Dorian.«
    »Man wird sie später vermissen.«
    »Man wird glauben, daß sie im Sumpf umgekommen sind. Wenn wir erst wieder zur Schwarzen Familie gehören, brauchen wir kein Menschenfleisch mehr.«
    »Wenn ich dir nur trauen könnte.«
    »Das ist dein Risiko, Hunter. Doch komm weiter! Du sollst auch unsere Küche sehen.«
    Hunter folgte ihr in Begleitung der vier Kannibalen. Sie führte ihn durch einen leeren Raum und zeigte dann in ein niedriges Gewölbe. Hunter trat neben Eva und sah in die Hexenküche. Er war fast etwas enttäuscht.
    »Dort ist unser Ofen«, erklärte Eva und deutete auf eine Art Backofen, von dem nur die schwere, gußeiserne Frontplatte zu sehen war.
    Hunter ging tiefer in das Gewölbe hinein und musterte den klobigen langen Tisch. In der hinteren linken Ecke des Gewölbes loderte ein offenes Feuer, über dem ein riesiger Topf aus Gußeisen hing, der an einer Kette und einem Dreibein befestigt war.
    »Und wo schlaft ihr?«
    »Wir brauchen keinen Schlaf.«
    Die vier glatzköpfigen Kannibalen achteten nicht weiter auf ihn. Sie trotteten an ihm vorbei und verteilten sich im Gewölbe.
    »Stell dich dort an die Wand, Dorian! Geh freiwillig, ehe meine Knechte dich zwingen.«
    Hunter gehorchte. Er lehnte sich gegen die Wand und spürte im gleichen Moment, daß er sich nicht mehr zu rühren vermochte. Dicke Eisenketten hätten ihn nicht sicherer festhalten können. Er war ihr hilflos ausgeliefert.
    Sie war raffiniert und grausam zugleich, ließ ihm seine normalen Empfindungen und seine Sprache. Sie wollte ihn schreien und betteln hören, wollte sein Grauen mit jeder Pore ihres hexenhaften Körpers genießen.
    Sie war jetzt nicht mehr blond und sah auch nicht mehr attraktiv aus. Eva war eine alte gebeugte Frau von vielleicht neunzig Jahren mit einem runzeligen häßlichen Gesicht. Sie trug einen Kittel, der ihr als Kleid diente und saß inmitten ihrer Kreaturen. Von Zeit zu Zeit schaute sie hoch und beobachtete Hunter aus kurzsichtigen wasserklaren Augen. Das strähnige, lange, graue Haar fiel ihr immer wieder ins Gesicht, und sie schob es mit dem Handrücken zurück.
    So also hatte sie ausgesehen, bevor man sie damals vor Jahrhunderten verbrannt hatte. Sie gaukelte ihm nichts mehr vor; ihr kam es nur noch auf den Tausch an.
    Dorian schloß erschöpft die Augen. Er hatte sie angeschrien, als die Kannibalen das schreckliche Mahl aus dem Backofen geholt hatten, hatte Verwünschungen ausgestoßen. Doch sie hatte nur boshaft

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