035 - Ein Horror-Fest um Mitternacht
friedlich, doch Lavrou glaubte zu wissen, in was für einer Gefahr sie schwebten, und ihm war klar, daß er der einzige war, der das drohende Unheil abwenden konnte.
Durch irgendeinen Trick täuscht das Ungeheuer meine Mitarbeiter, sagte sich der Chirurg. Nur bei mir kommt dieser Trick nicht an, bei mir verfängt das Täuschungsmanöver nicht.
Er schaute auf den dürren roten Hals.
»Fühlen Sie sich schon wieder besser?« fragte Cuca, die genau wußte, wie es um den Chirurgen stand.
»Ja«, sagte Lavrou geistesabwesend. Er wandte den Blick nicht von dem roten, gerippten Hals.
»Glauben Sie, Sie können schon wieder weitermachen?« fragte der Assistenzarzt zweifelnd.
Ich muß, dachte Lavrou. Ich muß. Nur ich kann uns retten!
»Vielleicht sollten Sie sich noch ein paar Minuten Ruhe gönnen«, meinte der Assistenzarzt. »Ich komme gut klar, habe keine Schwierigkeiten.«
»Es geht schon wieder«, sagte Costa Lavrou leise, als wollte er das Ungeheuer nicht wecken.
»Sind Sie sicher?« fragte der Assistenzarzt.
»Treten Sie zur Seite«, sagte Costa Lavrou heiser. Was von seinem Gesicht zu sehen war, sah blaß aus. Nur zögernd machte der Assistenzarzt Platz. »Schwester Phaedra«, sagte der Chirurg.
»Ja, Doktor?«
»Das Skalpell.«
»Hier«, sagte Cuca.
Lavrou nahm das scharfe Skalpell in die Hand und setzte es dem Ungeheuer an den dürren Hals.
»Dr. Lavrou!« schrie der Assistenzarzt. »Um Himmels willen, was tun Sie?« Er wollte sich auf den Chirurgen stürzen und ihn zurückreißen. Da zog Lavrou das Skalpell mit starkem Druck und blitzschnell durch.
Dann erst erfaßte ihn der Assistenzarzt und riß ihn vom Operationstisch zurück, aber da war es schon zu spät. Lavrou atmete erleichtert auf. »Ich habe es getan. Wir sind gerettet«, sagte er.
Und Cuca war mit ihm sehr zufrieden.
***
Chuck Martin war britischer Staatsbürger. Ein Bild von einem Mann, reich und unglücklich. Zwei gescheiterte Selbstmordversuche lagen hinter ihm. Er hatte gehört, daß es nach dem Tod ein schöneres Leben geben sollte.
Aber ein blinder alter Mann hatte ihm erklärt, daß einem dieses glückliche Leben nur dann beschieden war, wenn man sich nicht selbst vom Leben zum Tode beförderte.
Entweder man starb eines natürlichen Todes, oder man wurde – was man auch nicht beeinflussen konnte – ermordet… Ein bestellter Killer war schon wieder Selbstmord… Nur in den beiden Fällen durfte man auf ein schöneres Leben nach dem Tode hoffen.
Da Martin sich nach diesem anderen Leben sehnte, suchte er nach einer Hintertür, und er glaubte, eine gefunden zu haben. Er begab sich nach Athen, in Cypara Kulidis’ Büro, (hinter Cypara Kulidis verbarg sich niemand anders als Cuca), und bezahlte für den Besuch eines Ghouls auf seiner Insel.
Da er Gäste hatte und niemand wissen konnte, wen sich der Leichenfresser als Opfer aussuchen würde, war der Zufall im Spiel, und somit konnte man nicht behaupten, Chuck Martin habe seinen Tod bestellt.
Der Ghoul würde entscheiden, wer sterben sollte, und Martin hoffte, daß das Los auf ihn fallen würde. Als Chuck Martin schließlich während eines improvisierten Drogenfestes erfuhr, daß er nicht von Phaidon Eiliou als Opfer ausersehen war, drehte er durch.
Er wollte den Ghoul zwingen, ihn zu töten. Er griff den Leichenfresser an, erreichte aber nur, daß dieser ihn verletzte und schließlich bewußtlos schlug.
Vier Menschen befanden sich auf der Insel, zwei Mädchen, zwei Männer und wenn Phaidon Eiliou die Insel verließ, würden nur noch drei Menschen leben.
Noch war es sein Geheimnis, für wen er sich entschieden hatte.
War es Pamela West, das Mädchen mit dem kupferfarbenen Haar, das sich in einem der Zimmer im Haus eingeschlossen hatte?
War es Sue Conway, die das Haus fluchtartig verlassen und sich in einer Höhle verkrochen hatte?
Oder war es Adam Laven, der Mann, der die beiden Mädchen auf Kreta kennengelernt und mit ihnen hierher gekommen war?
Laven hatte Chuck Martins Revolver an sich genommen und sich ebenfalls in jener kleinen Höhle verborgen. Es gab deswegen eine Auseinandersetzung mit Sue, die ihn aus »seiner« Höhle vertreiben wollte.
Sie schaffte es, Laven den Revolver abzunehmen, und mit vorgehaltener Waffe wollte sie ihn zwingen, zu gehen. Doch er überrumpelte sie, holte sich den Revolver wieder und hätte sie beinahe im Zorn getötet.
Nun teilten sie sich das Versteck und hofften, daß Phaidon Eiliou nicht bereits einen von ihnen beiden suchte.
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