035 - Party im Blutschloss
Die abgelegene
Straße, die am Loch Tay vorüberführte, glänzte feucht. Vom See her waberten
Nebelstreifen über den Boden Die Bäume am Straßenrand wirkten wie dunkle
Schemen.
McKarring
fuhr etwas langsamer. Es ging steil bergauf.
Die beiden
Wagen fuhren bis dicht an das weit offenstehende Tor heran. McKarring stieg
aus.
»Ich hatte
das Schloß an einen jungen Burschen vermietet. Für vorletzten Tag. Die
Schlüssel sind mir bis zur Stunde nicht wieder zugegangen. Normalerweise ist
das Hauptportal abgeschlossen. Offenbar aber haben es die Burschen vergessen.«
Reynolds
schüttelte den Kopf, während er aufmerksam die Lage des Schlosses studierte.
»Und Sie
haben wirklich keine Angst, daß Ihnen etwas von dem Inventar abhanden kommt?
Wenn jemand es wagt, hier mit seinen Freunden eine Party zu feiern, dann dürfte
es ihm auch nichts ausmachen, sich an dem Mobiliar zu vergreifen.«
McKarring
lachte leise, während er den Kragen seines Mantels hochstellte. Es war ein
verdammt kalter Morgen. Und hier oben pfiff ganz schön der Wind.
»Sie irren
sich, Mister Reynolds. Wenn sich ein paar junge Burschen entscheiden, hier
zusammenzukommen, dann tun sie das meistens, um ihren Mädchen zu imponieren
oder sich selbst zu bestätigen. Es kommt außerdem sehr selten vor, daß
überhaupt jemand die Idee hat, hier einen Saal zu mieten. Und selbst wenn
jemand die Unverfrorenheit besitzen sollte, etwas zu entwenden, er würde seines
neuen, zu unrecht erworbenen Besitzes nicht froh werden. Niemand nähme es ihm
ab, wenn erst einmal bekannt würde, daß dieser oder jener Gegenstand aus dem
Schloß »Bloody Grave« stammt. Sie dürfen nicht denken, daß man nur hier in
unmittelbarer Umgebung das Spukschloß meidet und furchtet. Sein unheilvoller
Ruf ist allgemein verbreitet.«
Reynolds
seufzte, während er sich mechanisch einen Zigarillo zwischen die Lippen schob.
»Merkwürdiges
Volk diese Schotten ...«, murmelte der Amerikaner leise. »Schottenwitze über
den Geiz sind mir bekannt - aber über deren Geisterglauben .«
»Was unsere
Schlösser anbelangt, so sind wir ziemlich eigensinnig«, bestätigte ihm
McKarring.
»Und
jedermann weiß davon - und glaubt es«, meinte Reynolds gedankenverloren. »Die
beste Reklame, die man sich denken kann. Einen solchen Werbefeldzug müßte man in
den Staaten durchziehen. »Bloody Grave - das Spukschloß«. Wenn es mir drinnen
so gut gefallt, wie die Bilder versprachen, dann sollten Sie mich vielleicht
demnächst mal mit dem Besitzer des Schlosses bekannt machen. Ich spiele mit dem
Gedanken, es
Stein für
Stein abtragen zu lassen, um es drüben in den Staaten wieder zu errichten.«
McKarring
schüttelte den Kopf. »Obwohl Bloody Grave eine Belastung ist, wird sich mein
Mandant wohl kaum auf ein solches Geschäft einlassen.«
Der
Filmproduzent winkte ab. »Sagen Sie das nicht, verehrter Mister McKarring!
Dollars sprechen oft eine eigene Sprache.«
Lorette Young
schmiegte sich an Harry P. Reynolds, als ob sie friere.
»Es sieht ja
ein bißchen unheimlich aus«, bemerkte sie leise, während ihre Blicke die
dunklen Zinnen, die wuchtigen Türme streiften.
Reynolds
streichelte das superblonde Haar des Stars.
»Genau das
soll es ja auch, Darling. - Ein Horrorfilm mit einem Märchensehloß dürfte wohl
nicht das richtige sein.«
McKarring
öffnete das wuchtige Tor vollends. Es quietschte in den Angeln. Kurz darauf
fuhren der Schotte und der Amerikaner ihre Wagen in den Schloßhof. Es fing an
zu nieseln, und der Schotte beeilte sich, zum Hauptportal des Schloßhauses zu
kommen. McKarrings Augenbrauen zuckten als er bemerkte, daß auch hier nicht
abgeschlossen war.
Er lächelte
ein wenig verzerrt als er das feststellte.
»Offenbar
haben sie fluchtartig das Schloß verlassen«, meinte er leise. »Die Umgebung muß
sie so erschreckt haben, daß niemand mehr auf die Idee kam, die Türen
abzuschließen. Sie haben sich offensichtlich ein bißchen zuviel zugetraut .«
Der Schotte
überschritt als erster die Schwelle.
Auf den
vollen Lippen Reynolds lag ein unergründliches Lächeln. Er amüsierte sich allem
Anschein nach über die Bemerkungen und das Verhalten McKarrings. Mit einem
Seitenblick streifte er die Gesichter seiner Begleiter. Die beiden
Schauspielerinnen sahen ziemlich ernst aus. Nur der Drehbuchautor, Pit Wright,
grinste unverschämt.
». dann bin
ich nur mal gespannt, wie uns der Geist des alten McCartneys empfangen wird«,
sagte er beiläufig, während er Gina Peters unterhakte.
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