035 - Party im Blutschloss
dreimal kräftig daran. Sein Gesicht verfärbte sich. Er wurde
grasgrün und schnappte nach Luft.
»Was ist denn
das für ein Teufelskraut, Mann. Wollen Sie mich vergiften?«
»Der Tabak«,
entgegnete der Russe, »ist allerdings etwas stark.«
Aber das
hörte Henry Walker schon nicht me hr. Der stürzte an Kunaritschew vorüber, und
der Russe ließ ihn gehen. Er wußte, daß der junge Bursche nicht weit kommen
würde.
Henry Walker
bog scharf links ab, Richtung Toilette. Gemütlich folgte der Russe und
postierte sich vor der Tür.
»Ihr könnt
heutzutage wirklich nicht mehr viel verkraften, Walker«, meinte er, während er
einen herzhaften Zug nahm. »Angeben mit Hasch - aber bei einer kleinen
Zigarette, da macht ihr euch schon in die Hosen.
Ich glaube,
daß wir uns nach deiner Rückkehr vom stillen Örtchen in Ruhe unterhalten
können. Du wirst mir alles sagen, was vorgestern nacht passiert ist, klar?«
Ein Husten
antwortete ihm.
»Okay, Mister
Iwan. Aber bitte drücken Sie Ihre Zigarette aus, sonst, so fürchte ich, werden
wir unsere Unterhaltung mehr als einmal unterbrechen müssen.«
»Diese
Bedingung nehme ich an, Walker.«
Henry Walker
sagte noch etwas, aber seine Worte gingen im Rauschen der Wasserspülung unter.
●
Lorette Young
stöhnte leise. Unruhig legte sie den Kopf auf die Seite und öffnete
schwerfällig die Augen. Ein seltsamer Geruch stieg ihr in die Nase. Irgendwo in
ihrer Nähe war eine offene Feuerstelle. Als sie wieder klar sah, entdeckte sie
an der rohen Wand eine blakende Fackel.
Kaum atmend
richtete sich die blonde Schauspielerin auf. Das schulterlange Haar wischte
über ihr Gesicht. Lorette sah angespannt aus. Mit irrlichternden Augen blickte
sie sich um.
Wie kam sie
hierher? Die Erinnerung an das Unerklärliche kehrte zurück. Die Erscheinung im
»Roten Salon«, ihre Ohnmacht und nun dieses Erwachen hier in einer
Folterkammer!
Sie zuckte
zusammen, ihre Lippen zitterten, und mit einer fahrigen Bewegung strich sie die
strähnigen, verschwitzten Haare aus der Stirn.
Lorette Young
richtete sich auf. Sie saß auf einer mit grobem Leinentuch bespannten Liege. Es
fiel der Schauspielerin schwer, sich zu erheben. Schwindel packte sie, und sie
mußte diesen erneuten Schwächeanfall erst über sich ergehen lassen, ehe sie
langsam auf die Beine kam.
Es bereitete
ihr noch Schmerzen aufzustehen, aber sie hatte das Gefühl, daß der Fuß besser
geworden war. Hinkend tastete sie sich an der feuchtkalten Wand entlang. Das
dunkle Gewölbe spannte sich wie der bizarre Himmel eines fremdartigen Zeltes
über ihr.
Lorette Young
glaubte zu träumen. Das Gewölbe machte nicht den Eindruck als sei es
Jahrhunderte alt. Es war sauber, aufgeräumt, kein Stäubchen bedeckte den Boden,
kein Spinnfaden wehte ihr ins Gesicht. Mit weitgeöffneten Augen, als müsse sie
alles in sich hineintrinken, ging sie an den Wänden entlang und versuchte das
Grauen, das ihr die Kehle zuschnürte, zu ignorieren. Aber das war nicht so
einfach.
»Harry!«
schrie sie, daß es schaurig durch die Stille hallte, und sie mußte an die
Geschichte denken, die McKarring erzählt hatfce. Der irre Sir McCartney, dessen
große Liebe das Sammeln alter Waffen und Folterinstrumente gewesen war.
»Harry!
Piit!« Sie rief die Namen mehrmals hintereinander, und als ein schreckliches
Echo, das von einer anderen Stimme - und nicht von ihrer eigenen zu kommen
schien, schallte es zurück:
»H - a-a - r - r - y - y - y - P - i - i - i - it...«
Sie atmete
schwer und verhielt im Schritt Wie ein Mantel legte sich die Dämmerung über
ihren Körper. Die blakende Fackel sah aus wie ein böses, sich ständig
bewegendes Auge, das jede ihrer Bewegungen verfolgte.
»Es hat
keinen Sinn zu rufen, schöne Frau«, sagte da die Stimme neben ihr.
Sie klang
zart, ruhig und gelassen. »Hier hört Sie niemand.«
Mit einem
wilden Aufschrei warf Lorette Young ihren Kopf herum. Sie starrte auf eine
kleine, schmächtige Gestalt, die mit dem Schatten der mächtigen Säule
verschmolz und sich kaum davon abhob.
»Wer sind
Sie? Was wollen Sie von mir?« Die Stimme der Amerikanerin war wie ein Hauch,
kaum wahrnehmbar. Lorette zitterte wie Espenlaub, und sie fühlte, daß ihr
erneut der Schweiß ausbrach. Wie angeklatscht lag das minikurze Kleid an ihrem
Körper und gab ihre Konturen preis.
Die Blondine
versuchte vergebens, die Gestalt deutlicher wahrzunehmen. Aber sie sah nur den
Schatten und hörte die Stimme, die das Rauschen des Blutes in ihren
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