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035 - Wettlauf gegen die Zeit

035 - Wettlauf gegen die Zeit

Titel: 035 - Wettlauf gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Dysdoorer! Schwingt die Paddel! Ich hab keine Lust, die Nacht auf dem Fluss zu verbringen! Nicht die geringste Lust!« Er blickte prüfend in den dunkelgrauen Himmel. »Außerdem wirds bald schneien, ich spürs in allen Knochen! In allen Knochen spürts der arme Haynz!«
    So wild er auch fuchtelte, so laut er auch herum kommandierte die kleine Flotte kam nur langsam voran. Es war etwas anderes, fünf leere Flöße flussabwärts zu steuern als fünf vollbeladene Flöße gegen die Strömung flussaufwärts zu bewegen.
    Nach der scharfen Biegung, die der Große Fluss in der Gegend von Crevelt machte, kam ihnen ein Kleinfloß entgegen. Drei Menschen standen darauf. Zwei waren ohne Zweifel Frauen Haynz erkannte sie an ihren verhüllten Köpfen. Eine verbarg einen unglaublich massigen Körper unter ihren bunten Tüchern und die andere überragte sogar den Mann um einen Kopf, der das Floß steuerte. Und noch etwas erkannte Haynz es waren zwei seiner eigenen Frauen. Allein die Frauen des Dysdoorer Hauptmanns trugen grüne Kopftücher.
    »Was ist das?« Er kletterte aus dem Eisenvogel und stellte sich neben Ärwyn an den Bug. »Frauen auf einem Floß? Meine Frauen? Was soll es bedeuten frag ich?«
    Der Mann auf dem Kleinfloß winkte. Etwas schien ihn sehr zu erregen. Es war Heapert, den Haynz als rechte Hand seines etwas unterbelichteten Bruders Gleemenz in Dysdoor zurückgelassen hatte. Er rief laut.
    »Was sagt er?« Haynz legte die Handflächen hinter die Ohren. »Kannst dus verstehen?«
    »›Verrat‹ schreit er«, sagte Ärwyn.
    »Verrat? Wie Verrat? Wieso Verrat?!«
    Das Kleinfloß näherte sich bis auf Rufweite, Heapert hörte auf zu paddeln. »Dein Bruder ist Hauptmann! Er zieht dir mit sechzig Bewaffneten entgegen…!«
    Haynz stand zunächst wie vom Donner gerührt. Krebsrot lief er an, seine Augen rollten in den Höhlen. »Was für Unsinn! Was du redest! Quatsch! Quatsch! Quatsch!«
    Das Hauptmannsfloß mit .dem Eisenvogel erreichte das Kleinfloß. Sie schoben es vor sich her, und Heapert wechselte auf das große Floß. Atemlos schilderte er, was in Dysdoor geschehen war. »… der Götterbote hat Gleemenz diesen Eisenvogel geschenkt«, schloss er. »Und einen Feuerprügel. Gleemenz fährt uns entgegen…«
    »Taratzenschwänziges Schielauge!«, tobte Haynz los. »Löchriger Wakudaschädel! Fischmaul! Wisaau-Rüssel!« Er schüttelte die Fäuste über dem Kopf, tanzte um seinen Eisenvogel herum, spuckte Gift und Galle. »Ich werd ihn rösten! Ich werd ihn aufschlitzen! Ich werd seine Eier meinen Andronen zu fressen geben! Ich werd…!«
    An der Vorderseite des Floßes blieb er schließlich zwischen Heapert und Ärwyn stehen. Und starrte die beiden Frauen an. Sie waren die einzigen aus dem Erbe seines Vaters, die noch nicht gestorben waren.
    »Mein eigener Bruder«, flüsterte Haynz.
    »Mein kleiner Bruder, den ich huckepack auf die Jagd getragen hab, mein kleiner Bruder, an dem mein Herz hängt… wie schrecklich ist das, wie schrecklich…«
    Plötzlich schlang er dem größeren Ärwyn beide Arme um den Hals, legte seinen Kopf auf dessen Schultern und heulte laut. »Mein eigener Bruder, mein kleiner Bruder… sag selbst, guter Ärwyn, ist das nicht ganz arg schrecklich…?«
    ***
    Dave saß an einem großen ovalen Tisch ein schwarzer Tisch voller Scharten, Flecken und Kerben. Hätte ihm jemand gesagt, der Tisch stamme aus den Büroräumen des letzten Kölner Oberbürgermeisters Dave hätte es geglaubt. Aber er fragte nicht nach, und niemand sagte etwas in der Art wahrscheinlich wusste auch keiner der fünfzehn Männer, die mit ihm am Tisch saßen, was ein Oberbürgermeister war.
    »Wir haben sechsunddreißig unserer Streiter zum Schwebenden Pfad geschickt«, sagte ein uralter Mann, den Honnes als Kanzler Jannes Attenau vorgestellt hatte. »Sie werden ihn von Gestein und Gestrüpp befreien, damit du dich von ihm aus mit deinem Feuervogel in den Himmel schwingen kannst.«
    Dave hatte die Überreste der alten Stadtautobahn gesehen, die sie hier
    »Schwebender Pfad« nannten. Sie ruhte hoch über dem Rhein auf Betonsäulen und hatte einst über eine Brücke geführt, die »Zoobrück«.
    »Und wie schaffen wir den Feuervogel auf den Schwebenden Pfad?«, wollte Honnes wissen.
    »Unsere Männer werden morgen eine Rampe bauen«, sagte Jannes Attenau. »Die Bäume dafür sind schon gefällt.«
    Ein Feuer brannte in einer Art offenem Herd. Der Rauch zog nur widerwillig durch den Kaminschacht ab und die Luft im Raum reizte

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