0351 - Jäger der Nacht
werden wir ein wenig warten müssen«, sagte er.
»Was soll der Quatsch mit dem Diskus?« fauchte Morehead. »Was sind Sie für ein Scharlatan?«
»Es ist kein medizinischer Eingriff«, sagte Zamorra. »Sie brauchen sich nicht zu beunruhigen. Ich übe keine unerlaubte ärztliche Tätigkeit aus. Ich helfe dem Mann nur ein wenig, das ist alles. Alles andere ist Sache des Arztes, der hoffentlich bald kommt. Sehen Sie… Brick atmet schon etwas leichter.«
In der Tat schien sich der Atem des Constablers ein wenig zu beruhigen. Zamorra preßte die Lippen zusammen. Zusätzlich zu dem Problem, dem Wolf zu helfen, hatte er es jetzt auch noch mit einem Werwolf zu tun.
Und mit den Menschen im Dorf, denen er beibringen mußte, daß es zwischen Wolf und Wolf doch ein paar gravierende Unterschiede gab…
***
Timothy Fairwydd fand es an der Zeit, zwischendurch auch mal wieder bei seinem Haus nach dem Rechten zu sehen. Immerhin hatte sich seine Tochter zum Schlafen niedergelegt, und wenn auch Türen und Fensterläden fest verriegelt und verrammelt waren, gab es Fairwydd zu denken, daß der Wolf offenbar in den Wagen des Constablers eingedrungen war. Wie auch immer - wer es schaffte, in ein Auto zu gelangen, für den boten auch Türschlösser und Fensterläden keine großen Hindernisse.
Fairwydd verabschiedete sich vorübergehend und verließ den Pub. Bis zu seinem Haus waren es nur ein paar Dutzend Meter. Da brauchte er sich nicht von einem anderen Mann begleiten zu lassen. Außerdem wollte er ja nur wissen, ob noch alles in Ordnung war.
Er ging über die Straße, sah sich sichernd um. Aber der Wolf war nirgendwo zu sehen.
Das Haustürschloß war unversehrt. Fairwydd sperrte auf, trat ein und verriegelte sie wieder von innen. Dann durchforschte er das Haus. Von drinnen war ihm das sicherer, als wenn er es draußen einmal umrundet und auf aufgebrochene Fensterläden geachtet hätte. Denn hier drinnen gab es keine Sträucher, die einem Wolf als Versteck dienen konnten.
Plötzlich stutzte er. Er war schon an der Stelle vorbeigegangen und kehrte jetzt verblüfft wieder zurück.
An einer Stelle befand sich auf dem Korridorfußboden ein dunkler Fleck!
Den hatte es da früher nicht gegeben. Ein zweiter Fleck fand sich ein paar Meter weiter. Fairwydd kniete sich nieder und berührte den Fleck vorsichtig. Er war klebrig, noch nicht ganz trocken.
Blut…?
Hier, im Haus? War dieser verdammte Wolf tatsächlich hereingekommen und hatte womöglich Yrene überfallen?
Für ein paar Sekunden setzte Timothy Fairwydds Denken aus. Dann kam die Angst. Nicht um sich, sondern um Yrene.
Langsam erhob er sich. Seine Hände umklammerten das Gewehr, als wollten sie es zerbrechen. Totenblaß folgte er der Spur. Die führte zu Yrenes Zimmertür.
O nein, dachte Fairwydd entsetzt.
Aber die Tür sah doch so unversehrt aus!
»Yrene?« fragte er halblaut, dann etwas lauter. »Yrene, bist du da drin? Antworte mir, wenn du kannst.«
Seine Tochter antwortete nicht.
Lieber Himmel, wenn der Wolf sie umgebracht hat, dann… Er dachte nicht weiter. Er löste eine Hànd vom Gewehr, berührte den Türgriff. Er fühlte wieder etwas Klebriges.
Hier, am Griff? Draußen? Aber Wölfe schlossen doch keine Zimmertüren hinter sich!
Warum nicht, wenn sie Autotüren öffnen können? fragte eine innere Stimme. Paß auf, Tiomothy!
Er paßte auf. Er öffnete die Tür, die nicht abgeschlossen war, ganz vorsichtig und ließ sie aufschwingen. Im Zimmer dahinter war es dunkel. Kein noch so schwacher Lichtschimmer von Mond und Sternen drang durch das verschlossene Fenster. Nur das Licht aus dem Korridor warf jetzt einen hellen Balken ins Zimmer.
Fairwydd versuchte Einzelheiten zu erkennen.
Das Bett, in dem Yrene gelegen hatte, war zerwühlt, aber leer! Hatte ein Kampf stattgefunden? Aber es gab keine Anzeichen…
»Yrene…?« fragte er heiser. »Wo bist du? Lebst du noch?«
Narr, schalt er sich. Mach das Licht an!
Seine Hand tastete nach dem Lichtschalter im Innern des Zimmers. Da vernahm er das verhaltene Knurren.
Es kam von rechts…
Fairwydds Kopf flog herum. Er sah die grell glühenden Augen des mordenden Ungeheuers! Noch während er den Gewehrlauf herumschwenken ließ, betätigte er den Lichtschalter.
Aber es blieb dunkel!
Jemand hatte die Birne der Deckenlampe aus ihrer Fassung geschraubt.
Fairwydds Zeigefinger betätigte den Abzug. Der Schuß brüllte auf. Eine Feuerlanze zuckte aus der Gewehrmündung und auf die Bestie zu. Im Licht des Blitzes sah
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