0351 - Wir jagten das schnelle Gespenst
Traylor winkte.
»Kommen Sie rein, Lieutenant«, rief er, »hier ist ein dringendes Telefongespräch für Sie!«
Traylor nahm den Hörer aus der ausgestreckten Hand des Pförtners.
Er lauschte kurz, dann deckte er mit der Hand die Sprechmuschel ab und bedeutete uns, zu warten.
»Jetzt wird’s interessant«, verkündete er, als er fertig war. »Der Arzt, der die Kopfwunde behandelt hat, hat sich bereits gemeldet. So viel Glück hatte ich wirklich nicht erwartet. Kommen Sie mit?«
Wir begleiteten Traylor in sein Office. Endlich hatten wir etwas Greifbares in Händen. Ich hatte nicht mehr das Gefühl, gegen eine Mauer zu rennen. Obwohl noch nicht sicher war, dass dieser Fall mit unserer Gespensterjagd etwas zu tun hatte.
Als wir in Traylors Office unsere Hüte an den Haken hängten, erhob sich ein Mann aus dem Sessel. Er stellte sich als Dr. Gerald F. Reece vor.
»Ich habe die Karteikarte, die meine Sekretärin von dem Patienten angelegt hat, gleich mitgebracht. Er kam vor ungefähr drei Wochen zu mir in die Praxis und ließ eine Kopfwunde behandeln. Das genaue Datum ersehen Sie aus der Karte. Er behauptete, von einem herabfallenden Blumentopf getroffen worden zu sein. Ich war mir zwar nicht sicher, aber nach der Art der Verletzung hätte es sein können. Ich fühlte mich nicht verpflichtet, seine Angaben nachzuprüfen!«
»Natürlich nicht, Doc!« Ich beugte mich über die Karteikarte.
Traylor und Phil sahen mir über die Schulter.
Der Patient Dr. Reeces nannte sich Morris Leminski.
Körpergröße, Gewicht und Haarfarbe stimmten.
»Sind Sie sicher, dass es sich bei dem Ermordeten um Ihren Patienten handelt?«
»Die Beschreibung trifft zu. Ich hielt es für meine Pflicht, Sie aufzusuchen, auch auf die Gefahr eines Irrtums hin. Um die Identität des Mannes vor einem Gericht beschwören zu können, müsste ich ihn natürlich erst gesehen haben!«
Phil und ich nickten uns zu.
Zeugen, die derart klar und bestimmt aussagten, gibt es leider nur wenige.
Traylor holte von seinem Schreibtisch eine Reihe Fotos, die die Fotografen der Mordkommission am Tatort angefertigt hatten.
»Kein Zweifel: Der Tote ist Mister Leminski«, sagte der Arzt bestimmt. »Ich bin bereit, meine Aussage zu beschwören!«
»Vielen Dank, Doktor«, sagte ich. »Sie haben uns wirklich sehr geholfen.«
Der Lieutenant wollte ganz sichergehen. Er fuhr mit dem Arzt noch einmal ins Schauhaus. Dort bestätigte der Doc seine Aussage, und wir waren einen Schritt weiter.
Phil und ich verabschiedeten uns. Der Jaguar brachte uns zurück in die 69. Straße, in der unser FBI Headquarter liegt.
Mr. Lorke hatte die Liste der Leute geschickt, die sich für sein Haus interessierten.
Sie umfasste ein halbes Dutzend Namen, aber ich schob sie vorläufig beiseite. Ifch würde das später überprüfen müssen. Der Neger aus der Ritterrüstung war immer noch nicht identifiziert.
Grace Flynn hatte uns sagen lassen, wir möchten im Labor vorbeikommen.
Grace war die neueste Erwerbung des FBI. Sie sah aus wie Jane Mansfield, hatte das Studium der Chemie mit Auszeichnung bestanden und hielt von den Männern nicht allzu viel. Das mussten unsere Herzensbrecher im FBI-Gebäude sehr bald erfahren.
Grace führte uns zu einem Tisch am Fenster, wo Schalen, Gläser und Flaschen wirr durcheinander standen.
Meine Pfeile lagen auch dabei. Ich kam mir vor wie ein Schuljunge, dem der Lehrer mit verklärter Miene die Geheimnisse der Alchemie beibringt.
Phil hielt sich vorsichtig hinter meinem Rücken. Er hatte seine Erfahrungen mit der forschen Chemikerin.
»Ihre Vermutung war richtig, Jerry.«
Sie hatte eine Stimme wie Zarah Leander.
»Die Pfeilspitzen sind vergiftet. Es ist mir allerdings noch nicht gelungen, die Art des verwendeten Giftes festzustellen.«
Das deckte sich mit dem, was die Experten der City Police herausgefunden hatten. Grace fuhr fort: »Die Katze, die Sie mitbrachten, ist zweifellos daran eingegangen. Die Obduktion ergab eine Herzmuskellähmung. Das Teufelszeug wirkt offenbar in Sekundenschnelle!«
»Können Sie die Herkunft des Giftes feststellen, Grace’«
»Dazu müsste man erst wissen, um welchen Stoff es sich genau handelt. Wenn es überhaupt eine Möglichkeit gibt…Warten Sie mal!«
Sie ging zu einem schmalen Bücherbord an der Wand. Ihre schlanke, wohlproportionierte Gestalt in dem weißen Arbeitskittel streckte sich, als sie eine dicke Schwarte herunterholte.
Sie legte das umfangreiche Werk vor uns auf den Tisch und schlug es
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