0352 - Hemators tödliche Welt
reagieren müssen, denn es ging um ein Menschenleben.
Die Schwarzhaarige flog zur Seite, überkugelte sich einige Male, und ich setzte über den am Boden liegenden Ali mit einem gleitenden Sprung hinweg. Natürlich hatte die Frau nicht aufgegeben.
Das zeigte sie mir deutlich, als sie mich auf die Messerspitze schauen ließ.
Ein böses Grinsen entstellte ihr Gesicht. Wie ein kleiner Springball war sie auf die Füße gekommen, stand breitbeinig vor mir, und ich sah erst jetzt, daß sie wesentlich kleiner war als ich. Dafür war sie stämmig. Deutlich traten die Muskeln an ihren Oberschenkeln hervor, und auch die an den Armen konnten sich sehen lassen.
Ich hatte einen Moment Zeit, um sie genauer anzusehen. Ihr Busen war durch zwei braungoldene Stoffstreifen notdürftig verdeckt. Unter dem Bauchnabel trug sie einen breiten Gürtel, dazu flache Sandalen.
Das Gesicht wirkte breit. Die Augen standen weit auseinander und hatten asiatischen Einschlag, aber keine Mongolenfalten. Kurz und kräftig die Nase, die Stirn flach, nicht sehr hoch, und durch den Scheitel in der Haarmitte wirkte sie ebenfalls breit.
Hinter mir hörte ich Ali. Er beschwerte sich lautstark. »Dieses Weib wollte mich doch einfach killen. Mach du sie fertig, Partner.«
Um seine Worte kümmerte ich mich nicht, da ich die Frau keine Sekunde aus den Augen ließ.
Daß sie den Kampf nicht aufgegeben hatte, bewies mir ihre Haltung. Sie hielt die Klinge so, daß die Spitze genau auf mich deutete, und sie hatte ihre Arme dabei halb erhoben. Zusammengepreßt waren die Lippen, in den schwarzen Augen war die Wut zu lesen.
Ich hätte mit meiner Beretta schießen können, das wollte ich aber nicht. Wenn diese Person in Hemators Welt lebte, wußte sie bestimmt etwas darüber zu erzählen. So wartete ich ab, um sie zunächst einmal kommen zu lassen.
Und sie kam!
Es war ein kräftiger Sprung, mit dem sie sich nach vorn katapultierte. Dabei drangen wieder diese wütenden raubtierhaften Laute aus ihrem Mund. Sie besaß keine Kampftechnik, ihre Aktionen wurden von reinen Emotionen geleitet, und das machte es für mich leicht.
Ich schlug ihren Arm in dem Augenblick zur Seite, als er nach unten raste.
Die Klinge fehlte, ich packte ihre Schultern, hob sie hoch und schleuderte sie zu Boden.
Sie prallte hart auf, schien sich in dem Augenblick in einen Gummikörper verwandelt zu haben, denn gedankenschnell rollte sie sich herum und stand plötzlich wieder.
Ich sah noch einen Schatten, hörte ein klatschendes Geräusch, und der Arm der Frau fiel nach unten. Gleichzeitig verdrehte sie die Augen, während sie schon in die Knie sank.
»Das war’s«, vernahm ich Alis Stimme.
Ich drehte mich.
Mein junger Partner kam und hielt seine Fletsche hoch. Er hatte einen seiner flachen Steine verschossen und die Frau am Kopf getroffen. Jetzt hob er den Stein wieder auf und ließ ihn verschwinden.
Mit der Fletsche deutete er auf die am Boden liegende Person. »Das war ich ihr schuldig«, erklärte er.
»Wieso?«
»Sie wollte mich erstechen.«
»Sie ist aber nicht tot?« fragte ich.
Ali schaute mich erstaunt an. »Hältst du mich für einen Killer, Partner? Nein, tot ist sie nicht. Ich kann dosiert schießen. Glaub mir, im Gebrauch meiner Waffe bin ich spitze.«
»Ich glaube dir.«
Das Messer nahm ich an mich. Ich mußte es ihr aus den Fingern winden. Die Hand schien mit der Waffe verwachsen zu sein.
»Jetzt bin ich mal gespannt, wie lange sie bewußtlos bleibt«, meinte Ali und half mir, den Körper ein wenig zur Seite zu schaffen.
Wir brachten ihn bis in die Nähe des Turms. Dort lagen einige Steine, auf denen wir Platz nehmen konnten.
Die Frau lag zwischen uns.
»Von wo ist sie eigentlich gekommen?« wollte ich von Ali wissen.
Der Junge deutete am Mauerwerk in die Höhe. »Da oben hat sie irgendwo gelauert. Vielleicht in einem Fenster, was weiß ich. Jedenfalls konnte ich sie vom Boden aus nicht sehen. Urplötzlich war sie da. Ich habe Glück gehabt, denn sie hat gefaucht, da konnte ich noch zur Seite springen. Einfach umbringen wollte die mich.«
»Mal sehen, was sie uns zu sagen hat.«
»Bestimmt nicht viel.« Ali deutete auf die Bewußtlose. »Sie sieht ja zum Glück wie ein Mensch aus.«
»Sie ist auch einer.«
»Und wie kommt sie in diese Welt?«
»Das werden wir sie fragen.«
Ali wischte sich über die Stirn. »Bin gespannt, was wir noch alles erleben.«
Das war ich auch, ließ die Frau aber nicht aus dem Blick und wunderte mich, als sie plötzlich die
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