0352 - Hemators tödliche Welt
lag es auf dem Boden.
»Das ist erledigt«, flüsterte Leona.
Wir mußten in den Turm. Der harte Griff an meiner Schulter hatte mir bewiesen, daß es höchste Eisenbahn war.
Und so rannten wir los.
Ich lief am schnellsten. Leona und Ali hielten sich an meiner Seite.
Keine Bestie hielt uns auf, wir liefen auch den anderen Mutationen weg und standen erst still, als wir den Eingang hinter uns hatten. Dort drehten wir uns um.
Fürchterliche Gestalten schoben sich halbkreisförmig auf den Eingang zu. Ich fragte mich, ob es wirklich so gut gewesen war, hier Zuflucht zu suchen, aber wenn dieser Turm das Zentrum der Welt darstellen sollte, war uns keine andere Möglichkeit gegeben.
»Wenn die uns folgen, sieht es böse aus«, meinte Ali.
»Die bleiben draußen«, erklärte Leona.
»Wieso?«
»Als Wächter.«
»Moment«, sagte ich. »Das heißt, die Monstren draußen werden uns verschlingen, falls es uns gelingt, dem Turm zu entkommen.«
»So ist es«, erwiderte sie schlicht.
Ali, unser junger Begleiter, hatte andere Probleme. »Licht gibt es hier wohl nicht?«
»Nein«, erklärte die Frau.
»Wobei du den Turm nicht richtig durchsucht hast«, hielt ich ihr entgegen.
Sie hob die Schultern.
»Sollen wir denn hier stehenbleiben?« fragte Ali.
Ich hatte die Batterie meiner Bleistiftleuchte erst noch vor kurzem gewechselt und holte den Stab hervor. Ein paar Schritte entfernte ich mich von meinen Begleitern und knipste die Lampe dann an. Der Strahl war sehr dünn, aber er reichte aus, um das erkennen zu können, was sich in der unmittelbaren Umgebung befand.
Ich hatte den rechten Arm halb erhoben und schwenkte ihn über meinem Kopf im Kreis.
Der Lichtfinger tupfte gegen das, was wohl eine der Decken im Turm darstellen sollte.
Im ersten Moment war es kaum zu glauben, denn ich hatte das Gefühl, in einem gewaltigen Maul oder Schlund zu stecken. Die Umgebung sah wirklich aus wie ein Rachen, dessen Hälften so weit wie eben möglich aufgerissen waren.
Von der Decke hingen in Form langer Tropfen oder halb gerundeter Vorhänge versteinerte Schleimreste, die, wenn sie vom schmalen Lichtstrahl der Lampe getroffen wurden, rötlich braun schimmerten.
Waren es Kasematten oder Höhlen? Wahrscheinlich, denn ich entdeckte auch Treppen oder Verbindungsgänge über meinem Kopf, die nicht nur freilagen, sondern in Höhlen oder Eingängen verschwanden.
Leona hatte von einem Labyrinth gesprochen. Mein erster Eindruck bestätigte mir, daß sie dabei voll ins Schwarze getroffen hatte.
Auch die beiden anderen waren zu mir gekommen. »Na, habe ich recht gehabt?« fragte Leona. Sie hatte ihre Arme in die Hüften gestützt und folgte dem Strahl der Leuchte.
»Tatsächlich.«
»Fragt sich nur, ob es hier einen zweiten Ausgang gibt«, meinte Ali. »Da vorn können wir uns nur mehr durchschießen.«
Da hatte er recht. Wenn wir einen Blick auf den Ausgang warfen, sah es tatsächlich so aus. Die Kreaturen standen dort wie eine Mauer. Sie nahmen auch den größten Teil des sonst in die Höhle fallenden Lichts weg, so daß wir nur mehr die Umrisse des Eingangs erkannten, die ein graues Rechteck bildeten.
Wir hörten zudem widerliche Geräusche. Ein Reißen, Schmatzen und Flügelschlagen.
Ich konnte mir vorstellen, was dort passierte. Da wurde den Regeln der Natur entsprochen.
Leona sprach es aus. »Sie vertilgen Aas«, erklärte sie. »Das tote Krokodil war eine willkommene Beute.«
»Sehen wir zu, daß wir keine Beute werden.« Damit erschöpfte sich mein Kommentar. Zudem wollte ich endlich die Lösung des Rätsels finden. Wenn hier eine Zentrale existierte, wollte ich auch hin.
»Können wir auch in die Tiefe?« fragte Ali.
»Das weiß ich nicht«, erwiderte die Frau.
Ich leuchtete entgegengesetzt und der dünne Lampenstrahl traf eine Galerie, die sich über unseren Köpfen hinzog und praktisch zwei Seiten des Turms verband.
»Da müßten wir hoch.«
Keiner widersprach. Ich hatte beschlossen, den Anführer zu spielen. Ali sollte hinter mir bleiben und Leona uns den Rücken decken. Wer immer diesen Turm gebaut haben mochte, ich war ihm dankbar, denn er hatte auch Treppen angelegt.
Für eine ältere Person wären die Stufen zwar sehr beschwerlich gewesen, wir konnten sie nehmen, auch wenn wir dabei sehr große Schritte machen mußten.
Da die Treppe dicht an der Wand entlangführte, ließ es sich nicht vermeiden, daß wir die Wand auch berührten. Auch hierbei hatte ich das Gefühl, in gefrorenen Schleim zu fassen, der zudem
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