0354 - Gruft der wimmernden Seelen
besorgter Stimme.
»Auch!«
»Aber du willst nicht darüber reden.« Der Abt kannte seine Brüder genau, das stellte er jetzt wieder unter Beweis.
»So ist es.«
»Dann behalte es für dich.«
Pater Ignatius wiegelte ab. »Ich möchte es nicht immer für mich behalten, wahrscheinlich ist dies auch nicht möglich, aber im Moment muß ich einiges sortieren.«
»Das verstehe ich. Uns allen geht es oft genug so. Sollten die Probleme dir jedoch über den Kopf wachsen, möchte ich, daß du dich uns anvertraust. Wir haben zugestimmt, daß Jane Collins im Kloster aufgenommen wurde, und wir alle fühlen fast die gleiche Verantwortung für diese Frau wie du.«
»Das ist selbstverständlich. Ich möchte nur noch eines sagen. Wir werden in der Nacht Besuch aus London bekommen. John Sinclair trifft hier ein.«
»So schnell?«
»Ja, die Air Force wird ihm helfen.«
»Dann brennt es also?«
Ignatius nickte.
»Und was hast du vor?« fragte der Abt.
»Ich werde jetzt zu Suko gehen und auch bald zurückkommen. Vielleicht kann ich danach mehr sagen.«
»Das wünsche ich dir, Bruder Ignatius.« Mit diesen Worten war der Pater entlassen.
Im Flur blieb er stehen, drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand und richtete den Blick gegen die Decke. Seine Hände falteten sich zum Gebet. Er brauchte Kraft und flehte den Herrn an, ihm die Gabe zu geben. Was vor ihm lag, konnte furchtbar enden und sogar Menschenleben kosten, denn der Pater hatte die Warnung des Geisterjägers keinesfalls vergessen.
Und so machte er sich auf den Weg.
Sein Gang erinnerte an den eines alten Mannes. So gebeugt schritt er daher, den Blick auf die großen, quadratischen Steine des Fußbodens gerichtet.
Es war ein nicht gerade kurzer Weg vom Büro des Abts bis hin zu dem Raum, in dem Suko wartete. Dennoch hatte der Pater das Gefühl, als würde die Strecke viel zu schnell vorbeirauschen, denn seine Gedanken drehten sich noch immer um Suko und darum, was er ihm sagen sollte.
Die Notlüge mußte erfunden werden.
Der Inspektor erwartete ihn und sah den Pater auch kommen, denn Suko stand schon auf der Türschwelle. »Endlich!« rief er Ignatius entgegen. »Wer hat angerufen?«
Der Mönch merkte, daß ihm das Blut in den Kopf schoß. Zum Glück konnte Suko in der Düsternis des Flurs die Röte nicht erkennen, und eine Antwort bekam der Inspektor erst, als Ignatius den Raum betreten hatte.
»Es war John Sinclair!«
»O – und?«
Pater Ignatius hob die Schultern. »Leider hat er nicht viel sagen können. Die… die Leitung war plötzlich gestört. Um diese Zeit toben Herbststürme …«
Suko lachte, und der Pater hörte den falschen Ton heraus. »Ja, das ist ganz natürlich. Hat er wirklich nichts gesagt?« Lauernd hatte Suko die Frage gestellt.
»Wir sind über die Begrüßung nicht hinweggekommen. Er hat nicht einmal mehr eine Frage gestellt.«
»Du warst aber sehr lange weg.«
»Das stimmt. Ich habe noch Jane gesucht und mich auch mit dem Abt unterhalten.« Ignatius wunderte sich, wie glatt ihm die Lügen über die Lippen flossen.
»Wo hast du denn nachgesehen?«
»Auf der Toilette sogar. Aber da ist sie auch nicht. Tut mir leid, wir können daran nichts ändern.«
»Wir müssen aber etwas ändern!« erklärte Suko mit fester Stimme. »Und zwar in den nächsten Minuten.« Er kam einen Schritt vor. »Verstehst du nicht, sie befindet sich in Gefahr. Ich bin nicht umsonst hergekommen. Andere Kräfte sind dabei, den Würfel unter ihre Kontrolle zu bekommen. Sie wollen ihn zerstören.«
Der Inspektor hatte so eindringlich geredet, daß Ignatius in seinem Entschluß schon schwankend wurde. Fast hätte er dem Mann aus London geglaubt, aber eben nur fast, denn er dachte auch an den Anruf des Geisterjägers.
»Ja, das ist mir klar.« Der Mönch nickte. »Dann werde ich eine Suchaktion starten.«
»Wieso?«
»Ich sage den anderen Brüdern Bescheid, daß sie ihre Zellen verlassen, wenn es so wichtig ist…«
»Nein, nein, nein!« unterbrach Suko den Mann. »Nur wir beide werden sie suchen. Wir dürfen kein Aufsehen erregen und Jane Collins zusätzlich noch erschrecken. Dann dreht sie durch. Zu dir hat sie Vertrauen, zu mir auch…«
Bei der letzten Antwort hatte der Pater das Gefühl, Suko genau richtig eingeschätzt zu haben. Er wußte jetzt, woran er war. Dieser Inspektor spielte falsch.
»Gut, machen wir es allein. Und wo fangen wir an?«
»Das müßtest du am besten wissen. Du kennst dich hier aus.«
John Sinclair hatte dem Pater
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