0354 - Gruft der wimmernden Seelen
kann Jane Collins in ihrer Lage keine Rücksicht nehmen. Sie tut es ja nicht von sich aus, sondern wird geleitet. Das mußt du begreifen. Und noch etwas, Pater.«
»Ja?«
Suko grinste ihn lauernd an. »Aus welchem Grunde hast du mich eigentlich belogen?«
Jetzt war es heraus. Ignatius trat einen Schritt zurück und spielte den Entrüsteten. »Ich, gelogen?« fragte er.
»Ja.«
»Das habe ich nicht, ich…«
Sukos rechter Arm schnellte vor und bekam den Kragen der Kutte zu fassen. Hart drehte er den Stoff herum. »Natürlich hast du mich belogen!« zischte er zwischen den Zähnen hervor. »Der Anruf meines Freundes John war wohl nicht gestört. Du Hundesohn hast genau Bescheid gewußt.« Suko drehte den Pater und befahl. »Schau zu Boden, Mann!«
Das tat Ignatius.
»Fällt dir nichts auf?« Noch immer ließ Suko den Pater nicht los.
»Nein – was?«
Suko drückte den Pater tiefer, der auch keine Anstalten machte, sich gegen den Griff zu stemmen, da er wußte, daß ihm Suko an Körperkräften überlegen war. »Das auf dem Boden sind Spuren. Fußspuren, wenn du es genau wissen willst. Ist jetzt alles klar?«
»Nein.«
Suko riß den Pater hoch, schleuderte ihn herum, so daß Ignatius mit dem Rücken gegen die Wand krachte. »Und diese Fußspuren stammen nicht von einem Mann, sondern von den schmalen Füßchen einer Frau.« Bei jedem Wort war Suko einen Schritt näher gegangen und hatte den Pater starr angeschaut. Und dann stand er vor ihm.
»Ich… ich …«
»Du bist ein Lügner, frommer Mann!« zischte der Inspektor. »Ein verdammter Lügner. Ich wäre fast auf dich reingefallen, aber nur fast. Sinclair hat angerufen. Kann ich mir vorstellen. Was hast du ihm gesagt, Pater? Los, rede!«
»Nichts.«
Suko schlug zu. Seine Faust verschwand im Stoff der Kutte, direkt über der Kordel.
Der Pater krümmte sich und begann zu würgen. Er ging in die Knie, hatte es schwer, Luft zu holen, wurde von dem Chinesen wieder aufgerichtet und gegen die Wand gelehnt.
»Was hat er gesagt?«
»Er… er … hat mich nur begrüßt. Ich … ich …« Ignatius begann zu husten und fiel Suko entgegen.
Der drückte ihn von sich. »Na ja, ist egal. Ich habe unsere Freundin entdeckt und werde dafür Sorge tragen, daß alles in die Reihe kommt. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Nein, Suko, das ist…«
Der Chinese war es leid. Er trat einen Schritt zurück, holte aus und schlug zu.
Diesmal sichelte dem Pater die Handkante entgegen. So schnell konnte Ignatius nicht reagieren. Er spürte den Treffer zwischen Ohr und Schulter. Ein heißes Gefühl jagte durch seine rechte Seite und endete in einer gewaltigen Explosion.
Sie fand in seinem Kopf statt.
Jetzt erst gaben die Knie des Paters nach. An der Wand entlang rutschte er zu Boden und blieb bewußtlos liegen.
Suko stand neben ihm und rieb sich die Hände. Dann drehte er den Kopf und schaute auf die Tür. Seine Augen leuchteten gefährlich. »Warte, mein Täubchen, ich komme. Ich bin schon da…«
***
Jane Collins spürte die schreckliche Angst, die sie bei ihrem Eintritt in die Gruft befallen hatte. Sie stand noch vor der letzten Treppenstufe, aber der Blick fiel frei in die Gruft hinein, und was sie dort sah, schleuderte Schauer und Furcht in ihr hoch.
Zwei Särge stachen ihr ins Auge!
Sie bestanden aus schwarzem Holz, besaßen Messinggriffe und nahmen fast die gesamte Breite der Gruft ein. Nebeneinander hatte man sie aufgestellt. Zwischen ihnen befand sich noch genügend Platz, um hindurchschreiten zu können.
Damit zögerte Jane. Sie wollte nicht tiefer in die Gruft hineingehen, denn hinter den Särgen, wo das Licht der Kerzenflamme nicht mehr hinreichte, lauerte die Finsternis.
Eine schwarze unheimliche Wand, die Jane noch mehr Angst einflößte. Nein, auf keinen Fall wollte sie in der Gruft bleiben. Da konnte die Große Mutter noch so viel sagen, zudem stand sie auch auf der anderen Seite. Es gab für sie nur eine Möglichkeit.
Wieder zurück!
Als Jane Collins daran dachte, machte sie schon auf dem Absatz kehrt und schritt die wenigen Stufen hoch, um die Tür zu erreichen.
Die Kühle der Klinke gab ihr jetzt so etwas wie Geborgenheit. Hastiger als beim erstenmal drückte Jane sie nach unten, stieß die Tür auf und blieb in dieser Haltung stehen.
Sie hatte etwas gehört.
Stimmen!
Für einen Moment lauschte sie in den Keller hinein. Die Stimmen waren von oberhalb in die Tiefe gedrungen, und Jane hatte sie sogar identifizieren können.
Da kamen Suko und
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