0354 - Mordmotiv nach Maß geschneidert
Dampfer leck und zünde das Öl an. Doppelt genäht hält besser, habe ich gedacht. Ihr beide könnt dann knobeln, ob ihr verbrennen oder ertrinken wollt.«
»Du scheinst uns viel zuzutrauen, Pokerface. Aber eins muss man dir lassen, was du machst, das erledigst du gründlich«, sagte Phil. Er versuchte, das mulmige Gefühl, das er wohl ebenso wie ich hatte, durch belanglose Reden zu vertuschen.
»Willst du uns nicht noch eine letzte Zigarette rauchen lassen, Pokerface?«, fragte ich. »Die gewährt jeder Henker seinem Todeskandidaten.«
Pokerface lachte auf, und zum ersten Mal begriff ich die Berechtigung seines Spitznamens. Obwohl er lachte, blieb sein Gesicht völlig unbewegt wie eine Maske.
»Meint ihr, ich wäre verrückt genug, euch beiden auch nur eine Hand loszubinden?«, fragte er höhnisch. »Das hieße, einer gefangenen Viper den ausgebrochenen Giftzahn wieder einsetzen.«
Wir schwiegen. Hobson grinste uns noch einmal an, dann sagte er: »Ich habe jetzt genug geredet, ich habe eine weite Heimfahrt und möchte noch ein paar Stunden schlafen, bevor es wieder hell wird. Macht’s gut, Schnüffler.«
Er winkte uns zu und ging hinaus. Das Licht ließ dieser Menschenfreund brennen, und die Tür verschloss er auch nicht mehr. Während der nächsten zehn Minuten hörten wir ihn am anderen Ende der Jacht wütend hämmern, dann stieg er an Deck, und eine Zeit lang hörten wir gar nichts.
Dann begann ein mittelschwerer Motor zu tuckern, und gleichzeitig hörten wir über uns das Prasseln der Flammen, die sich wie ein Sturm erhoben.
Mir wurde die Kehle eng, der ohnehin ausgedörrte Mund noch trockener.
»Wir müssen hier raus, Phil!«, keuchte ich.
»Das ist eine gute Idee.«
Während über uns die Flammen züngelten, sank die Jacht Inch um Inch.
Und wir lagen dazwischen, machtlos den beiden Elementen ausgeliefert, gefesselt und verpackt zum Versand, wie wir waren.
Ich begann an meinen Handfesseln zu zerren und hörte erst auf, als ich mir beinahe die Gelenke durchgescheuert hatte. Der Strick war fest und solide.
Das Blut pochte mir in den Schläfen, sauste in meinen Ohren, ich schien keine Luft mehr zu bekommen. Schweiß rann mir von der Stirn in die Augen.
***
Zehn Minuten lagen wir ganz still und starrten zur Decke hinauf. Dann sagte Phil heiser: »Es wird heißer, Jerry.«
Ich hatte es bemerkt. Die Hitze drang durch die Leichtmetalldecke über uns. Sie würde bald glühen, dann schmelzen. Die Flammen würden den Niedergang herunterspringen, würden an der Tür zum Laderaum gute Nahrung finden, und dann…
»Vielleicht«, sagte Phil, »löscht das Wasser, das in das Schiff eindringt, das Feuer, Jerry.«
»Er hat doch Öl genommen, Phil.«
Es wurde immer heißer, und bald wusste ich nicht mehr, ob die Hitze mir den Schweiß aus den Poren trieb oder die Angst.
Nun begann auch Phil verzweifelt an seinen Fesseln zu zerren. Allmählich wurde der Sauerstoff knapp.
Die Decke färbte sich hellrot.
»Vielleicht kommt jemand. Vielleicht. Irgendjemand muss doch sehen, dass das Schiff brennt.«
Es hatte keinen Zweck, auf fremde Hilfe zu warten. Wir mussten uns selbst helfen, wenn wir dieses Schiff lebend verlassen wollten.
Aber auch das angestrengteste Nachdenken führte zu keinem Ergebnis.
»Es ist hoffnungslos«, bestätigte auch Phil meine Gedanken, »wir dürfen uns nichts vormachen, Jerry.«
Es müsste möglich sein, dachte ich, sich vom Feuer die Fesseln abbrennen zu lassen. Aber dann schalt ich mich selbst wegen dieses dummen Gedankens. Die Flammen würden nicht nur die Fesseln, sondern viel eher die Kleider und die Haut angreifen. Und wenn es erst bei uns ist, besteht keine Hoffnung mehr, die Flammen zu durchdringen.
Nicht das Feuer, sondern das Feuerzeug musste helfen! Es müsste noch in meiner Tasche stecken. Aber wie sollte ich es herausholen, da doch meine Hände fest an meinen Körper geschnürt waren.
Als ich meine ersten Freiübungen machte, schaute Phil fast mitleidig auf mich. Ich legte mich auf den Rücken und warf die gefesselten Beine in die Luft, als ob ich einen Kopfstand machen wollte.
»Wenn du den Kopfstand während der Ausbildung nicht gelernt hast, Jerry, ist es wohl auch heute zu spät«, unkte Phil. Ich warf ihm einen wütenden Blick zu.
Es musste gelingen. Ich wusste, dass das Feuerzeug, zusammen mit einem Schlüsselbund, in der rechten Hosentasche steckte. Es würde also herausfallen, wenn ich nur hoch genug mit den Beinen kam.
Ein leises Geräusch entlockte mir
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