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0355 - Monster aus dem Mörderwald

0355 - Monster aus dem Mörderwald

Titel: 0355 - Monster aus dem Mörderwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die Bäume nicht, sondern verteilt sie nur und sorgt für weitere Ausbreitung…« Er erzählte von seiner Beobachtung. »Das heißt, daß wir das Amulett nicht mehr als Angriffswaffe einsetzen dürfen, zumindest nicht in dieser Form. Wir begünstigen damit nur die Ausbreitung des Mörderwaldes.«
    »Und der wächst das Dorf mehr und mehr zu und wird uns schließlich alle umbringen«, sagte Nicole.
    »Wir müssen irgendwie hier herauskommen«, sagte Zamorra. »Und zwar alle. Ich sehe nur eine einzige Möglichkeit.«
    »Und die wäre?«
    »Der Fluß«, sagte Zamorra. »Der wird nicht zugewachsen sein.«
    »Aber«, warf Ardais ein, »das hatten wir doch vorhin schon einmal kurz in der Diskussion. Er kann von Schlingpflanzen durchsetzt sein…«
    Zamorra schüttelte den Kopf.
    »Wenn der Fluß dermaßen zugewachsen wäre, würde er zwangsläufig über die Ufer treten«, sagte er. »Da das nicht geschieht, kann es höchstens vom Ufer aus überhängende Äste geben. Aber auch daran glaube ich nicht. Der Wald wird nicht damit rechnen, daß wir auch durchs Wasser entkommen könnten.«
    »He, Professor, unterstellst du diesen Bäumen etwa Intelligenz?« wollte Pierre wissen.
    »Intelligenz nicht gerade«, sagte Zamorra, »aber Instinkte. Vergeßt nicht, Leute - der Wald ist nicht mehr normal, sonst stände er nicht inzwischen hier im Dorf. Etwas hat ihn verändert, und etwas scheint ihn zu steuern, daß er Menschen angreift. Denn warum sonst hätten Bäume unseren Wagen blockieren sollen, warum wäre Nicole sonst angegriffen und fast getötet worden? Denn angegriffen hat sie selbst den Wald nicht.«
    »Ich glaube bald an den Osterhasen«, murmelte der Mann, der in der Schänke etwas von »Angeber« von sich gegeben hatte.
    »Und wie kommen wir nun an den Fluß?« wollte Alexandre Ardais wissen. »Wenn ich mich nicht irre, stehen zwischen den letzten Häusern und dem Fluß Bäume, und ratet mal alle, was das für welche sind…«
    Pierre grinste.
    »Es gibt doch unsere Gräben«, sagte er. »Sie können wir benutzen…«
    »Dann sehen wir die Gräben einfach mal an«, schlug Zamorra vor. »Und denkt daran, zwischendurch Frauen und Kinder zur Kirche zu schaffen…«
    Er sah sich nach der Kirche um. Die mußte doch schließlich irgendwo stehen. Dabei hatte er sie bisher noch nicht entdeckt.
    Gustave Verdier bemerkte seinen suchenden Blick und streckte den Arm aus. »Da«, sagte er.
    Die Kirche befand sich nicht, wie üblich, mitten im Dorf, sondern außerhalb am Berghang, wahrscheinlich, damit der Schall der Glocke weiter trug.
    Die Turmspitze ragte gerade noch über die Wipfel der Mörderbaumriesen hinweg. Es war unmöglich, das verlassene Gotteshaus zu erreichen.
    ***
    Lucie Villaird war in ihr Haus zurückgekehrt. Die fünfundzwanzigjährige Frau lebte allein hier. Sie hatte das Häuschen vor zwei Jahren übernommen und liebevoll restauriert, und die Menschen im Dorf hatten sie, die ehemalige Städterin, schon bald akzeptiert, weil sie ganz anders war, als man sich eine »Großstadtpflanze« gemeinhin vorstellte. Lucie paßte sich an, war hilfsbereit und gehörte längst dazu. Daß sie keinen festen Freund, Verlobten oder gar Ehemann hatte, war für die männliche Dorfjugend nur ein Ansporn, aber bis jetzt hatte Lucie allen Annäherungsversuchen widerstanden. Man respektierte es, gab aber nicht auf, und etliche der Jungs machten sich ihre geheimen Hoffnungen.
    Lucie fragte sich, was werden sollte. Es sah so aus, als gäbe es keine Möglichkeit, des vordringenden Waldes Herr zu werden. Gut, da war dieser Fremde im weißen Anzug mit seiner seltsamen Silberscheibe. Der Mann strahlte Vertrauen aus, und das, was er mit der Silberscheibe zustandebrachte, war wie Zauberei. Aber Lucie glaubte nicht wirklich daran, daß er etwas ausrichten konnte. Der Mörderwald war eine Naturgewalt, einem Erdbeben gleich, und dagegen konnte man auch nichts tun.
    Würden sie alle Opfer dieses Waldes werden?
    Es ist die Rache, dachte sie einmal. Die Rache der geknechteten Natur. Wir Menschen haben uns mit unserer Zivilisation gegen die Natur gestellt und zerstören die Umwelt mehr und mehr. Und wie immer es auch Zustandekommen mag - jetzt schlägt die Natur zurück. Der Wald stirbt nicht mehr, er tötet. Und wir bekommen die Quittung für unser jahrzehnte- und jahrhundertelanges zerstörerisches Verhalten…
    Aber dann schüttelte sie wieder den Kopf. Diese Gedanken waren unsinnig. Alles war unsinnig. Wie überhaupt konnten diese Bäume so schnell

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