0357 - Die Treppe der Qualen
verlassen worden waren. Und sie sahen nicht so aus, als wären sie weichgekocht worden. Die Blicke, mit denen sie Suko bedachten, sprachen Bände.
»Euch ist klar, was euch erwartet?« fragte der Inspektor.
»Nein.« Sorrow hatte geantwortet, und er lachte breit.
»Das kann ich nicht unterstreichen. Ihr habt einen Mord begangen, und da hilft euch nichts. Wir werden alles genau rekonstruieren und euch die Beweiskette vorlegen. Weshalb habt ihr sie getötet?«
»Wir brachten sie nicht um.«
Suko nickte. »Wie ihr wollt. Aber sie war euer Schützling, oder irre ich mich da?«
»Wir kannten sie nicht.«
»Wirklich nicht?«
»Nein.«
Suko bückte sich und begann, die Taschen der beiden Agenten zu durchsuchen. Er fand Papiere, die auf die Namen Sorrow und Klakev lauteten. Mehr entdeckte er nicht. Auch keinen Hinweis auf Gabriela di Fanti. »Sie hat ihr Gesicht verloren«, murmelte Suko.
»Kann mir einer von euch sagen, wie das geschehen konnte?«
»Frag sie doch selbst«, erwiderte Klakev und begann leise zu lachen.
»Was hattet ihr mit ihr vor?« Suko ging auf die Antwort nicht erst ein. »Ihr habt genau gewußt, daß es sich um eine andere Person handelte, nicht wahr?«
»Wie?«
»Gabriela di Fanti hieß nicht so. Sie führte ein zweites Leben. Ihr erstes hatte sie hinter sich. Es lag lange zurück. Sehr lange sogar. Da gab es mal einen Kontinent. Die Menschen haben ihn Atlantis getauft. Er ist versunken, aber nicht alle sind umgekommen. Es gibt genügend Personen, die überlebt haben. Dazu zähle ich auch die Tote. Sie war nicht die, für die ihr sie gemacht habt, trotz der Tarnexistenz, die ihr für Gabriela aufgebaut habt. Sie war eine andere.«
»Wer soll sie denn gewesen ein?« wollte Sorrow wissen.
»Vielleicht jemand aus Atlantis.«
Die beiden Russen begannen zu lachen, und Suko sah ein, daß es keinen Sinn hatte, mit ihnen zu reden. Deshalb drehte er sich um und verschwand. Er gesellte sich wieder zu den anderen, die ihn erwartungsvoll anschauten und miterleben mußten, wie der Inspektor die Schultern hob. »Da ist nichts zu machen, sie schweigen wie die Austern.«
»Dann laß sie abholen«, schlug Bill vor. »Unser Geheimdienst wird sich über den kostenlosen Service sicherlich freuen. Die beiden scheinen mir verdammt viel zu wissen.«
»Der Meinung bin ich auch«, erklärte Suko.
Myxin stand neben dem Flügel und schaute auf die Tote. Manchmal strich er mit der Hand über das Haar oder ließ die Strähnen zwischen seine Finger gleiten.
»Woran denkst du?« fragte Suko, als er das nachdenkliche Gesicht seines Freundes sah.
Der kleine Magier ließ das Haar los. »Es muß einen Grund geben, daß diese Sache jetzt und heute passiert ist.«
»Wie meinst du?«
»Ich weiß es auch nicht. Nichts geschieht ohne Motiv. Ich hatte einen Tip oder Hinweis bekommen, daß wir hier gewissermaßen etwas finden würden. Da liefen plötzlich Fäden von allen Seiten zusammen. Was, so frage ich euch, ist geschehen?«
Bill begann zu lachen. »Wir können dir keine Antwort geben. Was mit Atlantis zusammenhängt, ist allein dein Problem. Du hast damals gelebt. Kara ebenfalls. Nur ihr beide könnt im Prinzip das Rätsel lösen, das den Tod dieser Frau umgibt.«
Myxin widersprach nicht. Er sagte nur: »Als ich meine Mutter tötete, existierte Kara noch nicht. Ihr Leben begann erst viel später. Das Land der Gesichtslosen ist damals zerstört worden. Ich habe einen Teil des Untergangs erlebt, aber vielleicht hat ein Rest überlebt. Das kann man ja nie wissen.«
Kara hatte sehr genau zugehört. »Schließt du bei dieser Antwort auch den Geist deiner Mutter mit ein?«
»Daran habe ich in der Tat gedacht.«
»Dann müßte er noch frei sein.«
Myxin nickte. »Und vielleicht kann es uns gelingen, ihn zu beschwören. Was hältst du davon?«
Sheila meldete sich spontan. »Ich finde es erschreckend!« flüsterte sie. »Das ist einfach furchtbar. Myxin, du bist der Mörder deiner Mutter. Du kannst doch nicht…«
»Ich kann vieles«, erwiderte der Magier. »Auch mir ist es nicht recht, dies zu tun. Manchmal verlangt die Situation, daß man über seinen eigenen Schatten springen muß.«
»Also, ich könnte so etwas nicht«, sagte Sheila. »Das wäre für mich ganz unmöglich.«
»Davon einmal abgesehen!« mischte sich Suko ein. »Wo wollt ihr diese Beschwörung denn durchführen.«
»An einem Ort der Magie natürlich«, erklärte der Magier. »Bei den Flammenden Steinen.«
Die anderen nickten. Jeder von ihnen
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