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0359 - Die Teufelsvögel von Bombay

0359 - Die Teufelsvögel von Bombay

Titel: 0359 - Die Teufelsvögel von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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keine Chance. Sie waren schon tot - man hatte es ihnen nur noch nicht gesagt.
    ***
    Tirsa Sambhol nahm einen anderen Weg. Sie suchte das Nebenzimmer von Bianca Brentshaws Quartier auf. Vor der Tür blieb sie stehen und klopfte laut und energisch an. Wer immer da drinnen schlief - er mußte wach werden.
    Nach einer Weile wurde es drinnen laut. Licht wurde eingeschaltet. Durch einen winzigen Spalt unter der Tür sah Tirsa den Schimmer. »Was ist denn los?« grummelte jemand verärgert. Eine Männerstimme.
    ***
    Tirsa klopfte erneut gegen die Tür, wieder und wieder.
    »Ja, was ist denn nun los?« kam es wütend von drinnen. Endlich drehte der Schlüssel sich im Schloß. Die Tür öffnete sich nach innen.
    Der Mann, in Pyjama und Turban gekleidet, sah die Schlangen-Frau überrascht an. »Wer sind Sie? Was wollen…«
    Tirsa sagte nichts. Sie schlug nur einfach zu. Blitzschnell und präzise. Lautlos sank der Mann zusammen. Die Schlangen-Magie verlieh der Untoten unheimliche Kräfte. Der eine Schlag hatte ausgereicht, den Mann zu betäuben. Tirsa wußte, daß er in den nächsten Stunden nicht erwachen würde.
    Sie schleifte ihn ins Zimmer zurück und warf ihn auf sein Bett. Dann kehrte sie zur Tür zurück und schloß sie hinter sich wieder ordentlich ab.
    Sie überlegte, ob sie den Mann töten sollte, entschied sich aber schließlich dagegen. Seine Bewußtlosigkeit genügte völlig. Tirsa durchmaß das Zimmer und trat ans Fenster, um es zu öffnen. Sie beugte sich hinaus. Draußen war alles ruhig. Ein paar Insekten zirpten oder schwirrten vor dem Fenster herum, drangen ins Zimmer ein. Die Schlangen-Frau fühlte sich davon nicht gestört. Sie sah nach links. Dort war kein Lichtschein. Das bedeutete, daß Bianca Brentshaw bereits schlief oder zumindest das Licht in ihrem Zimmer gelöscht hatte. Feste Jalousien gab es nicht, nur weiche Vorhänge. Aber durch die konnte Restlicht dringen.
    Wenn Bianca bereits schlief, konnte das nur gut sein. Um so leichter ließ sie sich überraschen und töten.
    An die Vergangenheit dachte Tirsa nicht. Nicht an den langen Briefkontakt zwischen ihnen, nicht an das erste persönliche Kennenlernen vor Tagen, nicht an ihre Freundschaft. Der Tod stand jetzt zwischen ihnen, und er würde sie nicht einmal wieder vereinen können.
    Tirsa versuchte die Entfernung zu dem anderen Fenster abzuschätzen. Es konnte gerade reichen… einfacher wäre es natürlich gewesen, sich vom darüberliegenden Fenster herunterzulassen. Vor allem weniger kräftezehrend. Aber der Abstand war in der Höhe auch etwas größer als von der Seite. Die Fenster lagen immer paarweise beieinander, im einen Zimmer rechts, im anderen links. Vom anderen Zimmer her wäre Tirsa also wiederum nicht herübergekommen.
    Sie hoffte, daß Tschomols Beobachtung stimmte - daß das Fenster Biancas tatsächlich nicht abgesichert war. Wenn doch, würde die Schlange eine unangenehme Überraschung erleben. Das Sscacah-Wissen, bei der Verwandlung auf sie übergegangen, warnte sie davor.
    Aber es mußte geschehen. Noch in dieser Nacht mußte Bianca Brentshaw sterben.
    Tirsa schlüpfte aus ihrer Kleidung, die sie vom Tempel kommend mit einem kleinen Umweg noch in ihrer Wohnung wieder besorgt hatte. Sie wollte bei der Verwandlung die Sachen nicht beschädigen, immerhin brauchte sie sie anschließend wieder.
    Tirsa führte ihre Verwandlung herbei. Ihr Körper schien zu schmelzen, veränderte sich. Augenblicke später ringelte sich eine übergroße Kobra auf dem Teppichboden des Zimmers. Sie glitt auf das Fenster zu, über die Fensterbank hinweg und halb nach draußen. Die Schlange witterte. Dann bog sie ihren Körper zur Seite. Nach links, zu dem anderen Fenster hin. Sie spürte, daß es sie Kraft kostete, ihn draußen aufrecht zu halten, waagerecht in der Luft hängend. Sie schob sich immer weiter hinaus. Der muskulöse Schlangenkörper zitterte.
    Da war Biancas Fenster vor ihr. Aber es war geschlossen, verriegelt. Sie konnte es nicht einfach so aufstoßen.
    Entschlossen spannte sie ihre Muskeln. Sie mußte noch ein kleines Stück weiter hinaus, durfte dabei aber nicht das Gleichgewicht verlieren. Aber noch befand sie sich mit dem größten Teil ihres Körpers im »eroberten« Zimmer…
    Dann schwang ihr Körper mit dem großen Schädel herum, prallte dumpf gegen das Fenster. Ein betäubender Schmerz durchfuhr sie, aber sie blieb wach. Fast hätte die Kraft nicht ausgereicht. Aber dann zersprang die Scheibe doch, die Scherben flogen nach drinnen.

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