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036 - Die Hand des Würgers

036 - Die Hand des Würgers

Titel: 036 - Die Hand des Würgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurice Limat
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zurückhalten, sich sogar von ihm abwenden würden.
    Wer könnte das nun sein? Vielleicht die schöne Clara, ein sehr munteres, aufgewecktes Mädchen.
    In diesem Augenblick fällt mir auch das Sägewerk wieder ein. Immer noch glaube ich zu hören, wie dieser Mortagne sich mit seinen Eroberungen gebrüstet hat. Ihn wollte ich töten. Ich hatte schon den Holzklotz in der Hand. Das hat dann auch den Anstoß gegeben, daß ich Schluß machen wollte mit diesen Versuchungen, und eigentlich deshalb habe ich mir dann diese mörderische Hand abgeschnitten.
    Ich hatte gehofft, daß von dem Augenblick an, da ich mich von meiner rechten Hand, meinem schlimmsten Feind, trenne, dann alles für immer vorüber sei. Meine Hand habe ich verloren, aber dieser ungeheure, dieser schreckliche Feind quält mich noch immer.
    Clara ist doch die Freundin von Mortagne, seine Geliebte. Sie ist ein sehr schönes, sehr graziöses Mädchen, und manchmal, wenn ich sie beobachtete, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.
    Und an diesem Rücken läuft jetzt die kalte, metallene Schlange entlang, die am eisernen Halskragen festgemacht ist und mich zum Gefangenen im Keller meines eigenen Hauses macht. Ich werfe mich auf die Pritsche, und die Schlange rasselt und schimmert. Ich spüre die Kälte der einzelnen Kettenglieder durch den Hemdenstoff.
    Kein Geräusch machen. Wenn man lauscht, könnte man mich ja hören.
    Ich höre ja auch, daß oben gesprochen wird. Allmählich verstehe ich sogar einige Worte. Die Gedanken in meinem armen Kopf jagen einander, und weil ich meine Ohren spitze, verstehe ich ein paar Worte, einen Satz, und kann mir ein gutes Bild von der Unterhaltung machen.
    „Du bist ja verrückt! Hierher kommen!“
    „Ich mußte dich doch sehen.“
    „Weil ich dir doch schon gesagt habe, daß es zwischen uns beiden aus ist. Ganz aus.“
    „Warum denn? Loulou ist doch tot. Wovor hast du solche Angst?“
    „Ach, laß mich doch in Ruhe! Darum geht es doch gar nicht!“
    „Renaud. Renaud. Weich mir doch nicht immer aus. Ich kann nichts vergessen. Ich nicht, Renaud.“
    „Geh doch endlich! Sonst wird man dich noch erwischen!“
    „Wer soll mich erwischen? Kein Mensch kommt hierher. Und was den anderen betrifft …“
    Ich höre ein etwas nervöses, leises Lachen, das Lachen einer Frau, die sich ihrer Sache letzten Endes sicher ist.
    „Er ist unten. Angekettet. Der sagt nichts!“
    Neben mir rührt sich etwas. Es ist Faraud, der sich über diese merkwürdigen, fremden Stimmen zu wundern scheint.
    Schnell greife ich nach seinem Halsband, damit er keinen Lärm macht. Ich ziehe ihn nahe an mich heran und streichle ihn, um ihn zu beruhigen.
    Da ich ja nur eine Hand habe, sind meine Bewegungen ein wenig ungeschickt. Aber Faraud beruhigt sich, da er ja meinen Körper fühlt. Oben wird die Unterhaltung fortgesetzt.
    „Das ist zumindest unvorsichtig. Es war wirklich nicht nötig, daß du kommst. Warum mußt du dich unbedingt in diese Sache einmischen? Es ist doch zu gefährlich.“
    „Was soll daran gefährlich sein? Ich will dich einfach nicht verlieren, Renaud.“
    Oh, könnte ich nur diese Stimme identifizieren! Alle Mädchen, die in Frage kommen, lasse ich vor meinem geistigen Auge aufmarschieren: Clara, die kleine Chantal, die schöne Jeanne-Marie, die Tochter des Arztes. Und warum nicht? – die kleine Madame Velier, die Frau des Bürgermeisters. Sie ist sehr jung, und auch sie macht Renaud schöne Augen. Und Odette, Yvette und weiß Gott wer noch alles.
    Alle die Frauen, die mir jetzt in Verbindung mit Renaud einfallen, sind mir entkommen. Und keine von ihnen wird je für mich da sein, immer nur für Renaud und andere.
    Und alle, die ich aufgezählt habe, hätte ich in einem ganz bestimmten Moment einmal umbringen wollen. Meine Finger haben sich schon gekrümmt – aber sie haben ins Leere gegriffen.
    Alle, die Renaud je gehabt hat, und alle, die er je haben wird, möchte ich am liebsten töten.
    Auch Loulou. Aber Loulou ist ja schon tot.
    Alle sind liebeskrank, aber nicht nach mir. Mich betrachtet man als Ungeheuer, als Knecht, als Sklaven.
    „Du hast ganz vergessen“, höre ich Renaud sagen, „daß es einen Mörder gibt, der frei herumläuft. So wie Loulou umgebracht wurde, kann er auch jede andere töten.“
    „Na, und? Solange ich bei dir bin, riskiere ich doch nichts.“
    Renaud brummt etwas, doch das kann ich nicht verstehen. Vielleicht erzählt er jetzt, daß auch Corinne, Madame Vaison, angegriffen worden ist, obwohl der

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