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036 - Die Hand des Würgers

036 - Die Hand des Würgers

Titel: 036 - Die Hand des Würgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurice Limat
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Schlange hat mich eingeschnürt und hält mich fest. Ich stemme mich gegen die Mauer und zerre an den Ringen, an denen die Kette festgemacht ist. Ich fühle, wie die Kettenglieder über meine Haut gleiten, über meine einzige Hand, über meinen verstümmelten Unterarm, über meine Brust. Aber die Ringe halten. Nicht die Spur geben sie nach.
    Verdammte Schlange. Ich bin machtlos.
    Renaud schlägt um sich, er scheint zu toben. Und er röchelt.
    Faraud ist mir entkommen, denn ich habe ihn vergessen, als ich mit meiner einen Hand versuchte, mich von der Kette zu befreien. Es war eine völlig überflüssige Anstrengung. Aber Faraud rast über die Treppe nach oben, stürzt in das Zimmer hinein und knurrt und bellt fürchterlich.
    Was geht oben vor? Faraud hat angegriffen. Wen?
    Renaud röchelt noch immer. Ich höre ihn genau. Dann rast Faraud in den Garten hinaus und bellt.
    Er hat jemanden gestellt. Und dann verfolgt er ihn.
    Ich weiß nicht, warum, aber ich will nicht, daß er allein diesen Jemand verfolgt, daß er allein mit ihm kämpft. Ja, ich habe Angst um ihn. Ich will meinen Hund retten, meinen treuen Hund.
    Wenn Faraud allein kämpft, muß er unterliegen, denn die Hand will nicht nur Menschen töten, sondern auch Tiere.
    Faraud, mein treuer Faraud!
    Ich rufe ihn. Er kläfft in einiger Entfernung, aber er hört mich und kehrt zurück. Er hechelt nur noch ein bißchen, aber sonst ist er ganz ruhig. Jetzt ist er ja bei mir. Ich muß mich jetzt ziemlich ruhig verhalten, denn bei jeder Bewegung wird die Wunde am Nacken vom Halseisen noch tiefer gescheuert.
    Aber Renaud. Was ist mit ihm geschehen? Ich muß an ihn denken. Ich stelle mir vor, daß er tot ist, daß er – genau wie Loulou – erwürgt wurde. Und ich sitze angekettet in der Finsternis und kann nichts tun!
    Auch Corinne wäre um ein Haar erwürgt worden.
    Wenn Renaud tot ist, wird man nichts mehr über die Vorgänge erfahren. Hat er die Hand gesehen, so kann er nicht mehr darüber sprechen.
    Die verbrecherische Hand. MEINE HAND.
    Ich spitze die Ohren. Ich höre einen schwachen Seufzer, ein leises Stöhnen.
    Du lieber Gott, er lebt ja!
    „Renaud! Renaud!“
    Ich rufe ein paarmal. Ich rufe immer wieder, bis ich höre, daß er die Luft krampfhaft einzieht. Ich weiß, jeder Atemzug kostet ihn Anstrengung, aber er müßte bald zu sich kommen. Wahrscheinlich hätte nicht viel gefehlt, dann wäre er erwürgt worden, aber seine kräftige Konstitution hat ihm das Leben gerettet.
    Immer wieder rufe ich. Er steht auf, gibt mir Antwort, wenn auch nur schwach. Ich höre, wie er taumelt.
    Aber er bleibt auf den Beinen.
    Dann höre ich, wie er sich etwas zu trinken eingießt. Und schließlich kommt er die Treppe herunter, zu mir in den Keller. Ich mache Licht.
    Ich kauere auf meiner Pritsche, blute aus meiner Halswunde, werde von meiner Kette gepeinigt und mustere ihn. Er sieht noch ziemlich benommen drein und hält sich mit beiden Händen den Hals fest. Die Augen sind noch jetzt richtig verquollen.
    „Renaud, was ist denn passiert?“
    Er schaut mich an. Ich weiß, er will etwas sagen, aber er kann nicht. Er muß erst Speichel sammeln und zu schlucken versuchen.
    „Renaud, hat jemand versucht, dich zu töten?“
    „Ja“, krächzte er. „Die Hand. Dann ist also die Hand wiedergekommen?“
    Versteht er denn überhaupt, was ich sage? Er scheint sehr verstört zu sein.
    „Ja“, murmelt er endlich. „Die Hand. Sie hat mich im Schlaf überrascht.“
    „Faraud hat dich gerettet.“
    „Faraud?“
    Ich erkläre ihm, daß der Hund hinaufrannte, um ihm zu helfen. Er nickt und streichelt mechanisch den tapferen Faraud.
    „Sag mir doch, Renaud, was du gesehen hast! Du hast doch diese Hand gesehen, nicht wahr? Und es war keine Person, kein Mensch, nicht wahr? Nur die Hand und nichts als nur die Hand?“
    Er schluckte heftig. Er sagte kein Wort. Er hat sich nur auf die Pritsche gesetzt und den Kopf auf die Hände gestützt.
    Ich brauche ihm auch keine weiteren Fragen mehr zu stellen.
    Allmählich vergehen doch die Stunden dieser seltsamen, dieser merkwürdigen, spukhaften, mit Entsetzen angefüllten Nacht. Sie vergehen wie die Stunden jeder anderen Nacht.
    Am Morgen ist dann Monsieur Feras gekommen. Er war sehr besorgt und wollte ganz genau wissen, wie wir die Nacht verbracht hatten und was etwa vorgefallen sei.
    Er hat uns von oben her zugerufen, und Faraud ist hinaufgerannt, ihn zu begrüßen.
    Ich muß noch ein wenig geschlafen haben. Auch Renaud, glaube ich, hat

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