0361 - Gangstermord vor hundert Zeugen
nicht eine Sekunde die Gewalt über den Wagen. Für ihn galt es, so schnell wie möglich den Vorsprung aufzuholen, den Ernest Stecklett noch immer besaß.
Stanton sah den Wagen des Gangsters in der Houston Street verschwinden. Sofort griff er wieder zum Sprechfunkgerät.
»Stecklett ist eben nach links in die Houston Street abgebogen. Ich bleibe weiter dran. Ende.«'
Sosehr Doug Stanton auch mit seinem Fuß auf das Gaspedal drückte, der Abstand zwischen ihm und dem Gangster verringerte sich nur wenig.
Stecklett kümmerte sich kaum um den Verkehr, der rings um ihn tobte. Er hatte den Vorteil, daß die Autos, die in seiner Richtung fuhren, durch die Sirene des Verfolgerwagens schon frühzeitig die Fahrbahn räumten.
Die Gasse, die sich Doug Stanton bahnen mußte, brachte also auch für den Gangster einen Vorteil.
Es kam also nur auf die Leistungsstärke der Motoren in beiden Wagen und auf die Geschicklichkeit der Fahrer an.
Als Stecklett erneut eine Kreuzung passieren mußte, nahm Doug wieder das Mikrofon von der Halterung. Nachdem auch er die Kreuzung hinter sich gelassen hatte, gab er den Richtungswechsel durch.
»Stecklett ist in den East River Drive eingebogen. Ich bin noch nicht näher an ihn herangekommen. Der Mann fährt wie der Teufel. Ist Unterstützung unterwegs?«
»Ich habe einige Streifenwagen der City Police mobilisiert. Sie werden…«
»Achtung, Mr. High«, wurde unser Chef durch die aufgeregte Stimme Doug Stantons unterbrochen, »der Kerl biegt schon wieder ab, diesmal in Richtung Williamsborough Bridge!«
»Dranbleiben! Ich lasse am Ende der Brücke eine Straßensperre errichten!« Stanton verließ nun mit einem Höllentempo den East River Drive und folgte dem Gangster auf die Williamsborough Bridge. Hoffentlich reichte die Zeit für den Aufbau einer Straßensperre durch die Streifencops aus.
Etwa drei Minuten lang ging die brausende Fahrt über die Brücke. Dann sah Stanton, der inzwischen bis auf hundert Yard an den Gangsterwagen herangekommen war, daß sich zwei Streifenwagen der City Police quer auf die Straße schoben. Aber Ernest Stecklett dachte nicht einen Augenblick daran, seine Geschwindigkeit zu verringern. Er raste mit unvermindertem Tempo auf die beiden Fahrzeuge zu.
»Der Mann ist ja wahnsinnig«, schrie Stanton ins Mikrofon.
Im letzten Moment konnten die Streifencops, die sich mit schußbereiten Pistolen vor die Fahrzeuge gestellt hatten, zur Seite springen.
Etwa zehn Sekunden lang war die Luft erfüllt von tosenden häßlichen Geräuschen. Einer der beiden Streifenwagen wurde zur Seite geschleudert. Sein Kotflügel rutschte scheppernd und kreischend über die Fahrbahn. Der zweite Wagen landete am Brückengeländer.
Ernest Steckletts Chevrolet war sekundenlang hin und her geschleudert worden. Auf der Gegenfahrbahn stoppte der Verkehr, da die Autofahrer zusahen und das Weiterfahren vergaßen.
Mehrere Augenblicke lang wußte Stanton nicht, was geschehen war. Als er dann sah, daß der Chevrolet in unverminderter Geschwindigkeit weiterfuhr, biß der G-man die Zähne zusammen und hielt auf die entstandene Lücke zu.
Die Richtung, die Stecklett eingeschlagen hatte, führte nach Brooklyn. Stanton ahnte, was der Gangster plante. In dem unwegsamen Labyrinth enger, düsterer Straßen konnte man leicht verschwinden.
Die Vermutung, die Stanton durch den Kopf schoß, wurde bestätigt, als Stecklett die Williamsborough Bridge verließ und nach rechts auf den Queens Express Way fuhr. Doug gab auch diese Richtungsänderung an Mr. High durch.
Der Abstand zwischen ihm und Stecklett hatte sich nach dem Zwischenfall auf der Brücke wieder vergrößert. Der Gangster mußte unter der Haube seines Chevrolet einen ungewöhnlich starken Motor haben.
Die Vermutung, Stecklett wolle sich irgendwo im Häuserdschungel von Brooklyn verdrücken, wurde zur Gewißheit, als Doug den Gangster auf die Flatbush Avenue fahren sah.
Stecklett verschwand in einer Seitenstraße.
Als Doug Stanton in diese Straße biegen wollte, sah er den Chevy quer stehen. Doug stieg hart auf die Bremse. Die Reifen radierten hart den Straßenbelag, der Wagen drehte einen Halbkreis, dann kam er zum Stehen, wenige Inch von dem Gangsterwagen entfernt, dessen Motor noch lief.
Ernest Stecklett selbst war jedoch verschwunden.
Stanton griff zum Mikrofon und erklärte Mr. High die Situation.
»Bleiben Sie, wo Sie sind, Doug. Es befinden sich acht bis zehn Streifenwagen in Ihrer Nähe. Ich schicke sofort weitere Verstärkung.
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