0361 - Gangstermord vor hundert Zeugen
Stanton und Henk Visser begaben sich sofort auf ihre Plätze. Nachdem wir die Gewißheit hatten, daß sie dort angelangt waren, gingen wir auf das Haus zu.
Das Haus, in dem Ernest Stecklett wohnen sollte, war ein Prachtbau. Die Miete einer einzigen Wohnung würde sicher das Monatsgehalt eines G-man überschreiten.
Das Gebäude hatte acht Stockwerke, die je etwa sechs Wohnungen haben konnten. Wir konnten also nicht jede Wohnung kontrollieren.
Wir wandten uns deshalb an den Hausmeister, den wir im Erdgeschoß fanden. Wir brauchten ihn erst gar nicht aus der Wohnung zü klingeln, er hatte uns vom Fenster aus beobachtet und wollte sich wahrscheinlich erkundigen, was wir in dem von ihm verwalteten Haus wollten.
Er blieb vor der Tür seiner Wohnung stehen und sah uns neugierig an.
Der Mann war etwa fünfzig Jahre alt, er hatte ein schmales Gesicht, das von einer kantigen, messerscharfen Nase beherrscht wurde. Sein graues strähniges Haar war glatt nach hinten gekämmt.
»Sind Sie hier der Hausmeister, Mister?«
»Das bin ich, Gentlemen, und zwar schon seit vierzehn Jahren. Mein Name ist Sounders, Donald Sounders. Was kann ich für Sie tun?«
»Mein Name ist Cotton, das ist mein Kollege Decker. Wir sind FBI-Agenten. Würden Sie uns bitte in Ihre Wohnung begleiten? Wir haben etwas mit Ihnen zu besprechen. Das läßt sich hier auf dem Flur schlecht erledigen.«
»Ich weiß zwar nicht, was ich mit dem FBI zu tun hätte, aber bitte…«
Der Mann ging vor und führte uns in seine Wohnung.
Wir nahmen in einem Raum Platz, der Mr. Sounders offensichtlich als Büro diente.
»Darf ich Ihnen etwas anbieten, meine Herren? Einen Drink oder eine Zigarette?«
»Danke, Mr. Sounders, machen Sie sich keine Umstände. So früh am Morgen sind wir noch nicht für einen Drink zu haben«, antwortete Phil schnell.
Ich fuhr fort.
»Bei Ihnen wohnt doch ein Mann namens Ernest Stecklett. Stimmt das?«
»Ja, das stimmt. Mr. Stecklett wohnt bereits seit sechs Jahren in diesem Haus. Es ist ihm doch nichts geschehen?«
»Nein. Wissen Sie, ob Mr. Stecklett sich im Augenblick in seiner Wohnung aufhält?«
»Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen, Mr. Cotton. Mr. Stecklett ist Geschäftsmann und deshalb viel unterwegs. Manchmal läßt er sich tagelang nicht hier sehen. Heute habe ich ihn jedenfalls noch nicht gesehen.«
»Gut, können Sie uns sagen, wo wir Mr. Steckletts Wohnung finden können? Wir haben nämlich Mr. Stecklett einige Fragen zu stellen.«
»Die zweite Wohnung auf der rechten Seite des dritten Stocks«, war die knappe Antwort. Wir bedankten uns und wollten eben die Hausmeisterwohnung verlassen, als Phil noch einen guten Gedanken hatte.
»Angenommen, Mr. Stecklett befindet sich nicht in seiner Wohnung. Verfügen Sie über einen Zweitschlüssel?«
»Ja, allerdings, aber ich weiß nicht recht…« Die Stimme des Hausmeisters klang zögernd. Er überlegte wohl, ob sich das mit seinen Dienstvorschriften vertrug, wenn er uns einen zweiten Schlüssel aushändigte.
»Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Mr. Sounders«, beruhigte ich ihn und hielt ihm den Durchsuchungsbefehl vor die Augen, »wir verlangen von Ihnen nichts Ungesetzliches. Wollen Sie also den Schlüssel bitte holen?«
Der Mann entfernte sich mit schlurfenden Schritten und kam gleich darauf mit einem kleinen Schlüssel zurück. Seinem Gesicht war zu entnehmen, daß er sich auch .jetzt noch nicht wohl in seiner Haut fühlte.
Wir hatten jedoch nicht die Absicht, uns weiter mit dem Gemüt des Schlüsselgewaltigen zu beschäftigen. Wir bedankten uns und verließen seine Wohnung.
Ich benutzte die Treppe.
Phil blieb noch einen Augenblick unten und kam dann mit dem Lift nach.
Oben angekommen, wartete ich, bis Phil den Lift verlassen hatte, dann steuerten wir gemeinsam auf die Tür von Steckletts Wohnung zu.
Unsere Schuhe versanken in dem drei Zoll dicken Teppich, mit dem die Diele ausgelegt war.
Bevor Phil die Klingel in Bewegung setzte, taten wir beide die schon fast gewohnheitsmäßige Bewegung zur Schulterhalfter. Erst als wir unsere 38er in den Händen hatten, drückte Phil auf die Klingel.
Wir warteten gespannt, daß sich in der Wohnung etwas regte.
Würde jetzt, in wenigen Minuten, der Schlußstrich unter diesen Fall gezogen werden?
Die Antwort auf diese Frage lag zwischen uns und dieser aus Edelholz gefertigten Tür.
Vorausgesetzt natürlich, daß sich Ernest Stecklett in seiner Wohnung befand. Dort aber rührte sich noch immer
Weitere Kostenlose Bücher