0361 - Gangstermord vor hundert Zeugen
ihren Kassen Falschgeld befand, hatte die sonst kühl-nüchternen Finanzmänner der »National Industry Bank« schockiert.
Wir hatten Mühe, gegen das Stimmengewirr anzukämpfen.
In unserer Begleitung befanden sich die Blütenexperten des FBI.
Der verantwortliche Manager der Bank sagte aus, daß an allen Kassenschaltern der Bank falsche Dollarnoten gefunden worden waren.
Eine erste Zählung ergab den Betrag von etwa zwölftausend Dollar, alles in Zehndollarscheinen.
Die Blüten waren so geschickt gefälscht, daß sie nur durch Zufall dem erfahrenen Bankmann Horace Newman aufgefallen waren.
Nur dann, wenn man die Scheine knickte, konnte der Fachmann einen winzigen Unterschied zu den echten Scheinen feststellen.
Nach einer kurzen Absprache mit Phil beschlossen wir, das Feld zu räumen.
Unsere Kollegen von der Falschgeldabteilung waren hier besser am Platze.
Ich versprach mir im Augenblick mehr von einer eingehenden Unterhaltung mit dem dicken Beathy.
Den Bericht über das Ergebnis der Untersuchungen in der »National Industry Bank« würden uns die Kollegen auf den Schreibtisch legen.
Nach einer knappen Stunde waren wir wieder im Office. Während Phil das Tonbandgerät für die bevorstehende Vernehmung von Miles Beathy empfangsbereit machte, forderte ich unseren Schützling an, um ihn zu vernehmen.
Miles Beathy trug stählerne Armbänder um seine Handgelenke. Seine tückischen Augen starrten mich von unten herauf an, denn er hielt seinen Kopf gesenkt.
Ich wies mit einer kurzen Handbewegung auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch. Beathy ließ sich darauf fallen. Ich hatte einen Augenblick lang Angst, der Stuhl würde unter seiner Last zusammenbrechen. Ich studierte einige Sekunden das Gesicht des Gangsters. Beathy wich meinen Blicken aus. Ich sah nur die rötlichen Borsten, die auf seinem Kopf unregelmäßige Wirbel bildeten.
»Wir wollen’s kurz machen, Beathy«, begann ich. »Ich habe nicht viel Zeit. Gestern wurde ein Holländer, Jan van der Moolen, von einigen Mördern erschossen. Erzähl mir, was du davon weißt. Aber die Wahrheit. Wenn du lügst, verbessert sich deine Lage nicht. Also los, ’raus mit der Sprache.«
Miles Beathy hatte sich nicht ein einziges meiner Worte entgehen lassen.
Jetzt, als ich schwieg, wollte er wieder in seine vorherige Gleichgültigkeit verfallen. Erst als ich hinter seinen Stuhl getreten war, sah er mich über die Schultern an.
»Keine Ahnung, wovon hier gesprochen wird, G-man. Ich kenne keinen van der Moolen, und wenn ihr hier einen Mord anhängen wollt, seid ihr an den Falschen geraten. Miles Beathy fällt auf albernes Geschwätz nicht herein.«
Er befeuchtete mit der Zunge seine Lippen und sah mich höhnisch grinsend an. Er fühlte sich als Herr der Lage.
Ich verspürte nicht die geringste Lust, meine Zeit mit einem widerspenstigen Ganoven zu vertrödeln. Gewiß war der Zeitpunkt nicht weit, an dem Miles Beathy von seinem hohen Pferd herabsteigen mußte.
Wir ließen den Burschen wieder in seine Zelle bringen und besprachen dann die nächsten Schritte, die wir zu tun hatten.
Schließlich kamen wir zu der Überzeugung, daß es heute für jeden Schritt schon zu spät war.
Wir beschlossen deshalb, uns zu Hause etwas Ruhe zu gönnen. Wir würden in den nächsten Tagen sicher unsere Kräfte noch anspannen müssen.
Wir gingen noch einmal bei unserem Chef, Mr. High, vorbei, um ihn über die Ereignisse der letzten Stunden zu unterrichten. Da der Bericht der Falschgeldexperten noch nicht vorlag, verließen wir das Distriktgebäude. Ich brachte zunächst Phil nach Hause und fuhr dann auch zu meinem Apartment.
***
Ich nahm den Hörer ab und meldete mich.
Eine mir völlig unbekannte weibliche Stimme fragte:
»Spreche ich mit Mr. Cotton? Hallo, bitte, melden Sie sich! Mr. Cotton?«
»Hier spricht Cotton. Was wünschen Sie?«
»Ich möchte Ihnen eine wichtige Mitteilung machen, Mr. Cotton. Wenn Sie nähere Einzelheiten über die Ermordung eines Holländers wissen wollen, dann kommen Sie schnell in die Coney Island Avenue 899. Fragen Sie nach Miß Mary Ann Mallone. Sie müssen aber schnell kommen, hören Sie?«
Bevor ich dazu kam, der Anruferin einige Fragen zu stellen, hörte ich ein leises Knacken in der Muschel. Das Gespräch war unterbrochen.
Ich überlegte einen Augenblick. Wollte man mich in eine Falle locken? Ernest Stecklett, oder wer sonst hinter dem Mord an Jan van der Moolen stecken mochte, hätte den Wunsch haben können, mich zum Schweigen zu bringen.
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