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0363 - Der Gnom mit den sieben Leben

0363 - Der Gnom mit den sieben Leben

Titel: 0363 - Der Gnom mit den sieben Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ausgestreckt und stützte sich mit der linken Hand ab. Den rechten hielt er angewinkelt. Er war bereit, jeden Augenblick den Revolver zu ziehen.
    »Laß ihn!«
    Der Bucklige hatte sich noch mehr geduckt. Sein schiefer Mund war zu einem diabolischen Grinsen verzogen. In seinen kleinen Augen leuchtete der reine Mordwille. Die halb zerstörte Haut an seinen Wangen begann zu zucken, als stünde sie unter Strom.
    Braker bekam eine fürchterliche Angst. Obwohl er den Revolvergriff unter den Fingern spürte, traute er sich nicht, die Waffe hervorzuholen. Zu sehr hatte ihn der Befehl des anderen geschockt.
    Und der zog sein Messer.
    Braker kannte sich in der Szene aus. Er hatte oft genug gesehen, wie jemand eine Waffe hervorgeholt hatte. Aber nie mit der Geschwindigkeit wie dieser Gnom. Darin war er ein Meister.
    Mit der linken Hand hatte er den Dolch gezogen. Und er hielt die Klinge dabei nur mehr mit zwei Fingern umfaßt. Sie kamen dem Barchef vor wie lange Knochenbeine, so dünn war die weiße, teigig schimmernde Haut.
    »Della!« stöhnte Braker. »Verdammt, Della…«
    Aber Della tat nichts. Sie schaute zu, wie ihr Vater seinen linken Arm zu Boden schleuderte. Auf halber Höhe öffnete er die Faust, und der Dolch jagte auf Tassilo zu.
    Die Entfernung war zu kurz. Nie hätte es jemand schaffen können, dieser Waffe zu entgehen.
    Auch Braker nicht.
    Er spürte noch den Schlag, sofort danach den Schmerz und hatte das Gefühl, seine Brust würde in zwei Hälften zerrissen.
    Daß sein ihn stützender Arm wegknickte, merkte er nicht mehr.
    Und auch nicht den Aufschlag, da war Tassilo Braker bereits in einem Reich, aus dem es keine Rückkehr gab.
    Der Verwachsene aber nickte. Er schaute auf den Toten und grinste scharf. »Ja!« flüsterte er, »so hatte ich es haben wollen. Keiner schafft es gegen mich. Niemand wird es wagen, dich mir wegzunehmen, Della. Niemand! Hast du verstanden?«
    Sie nickte.
    Der Gnom bewegte sich auf sein zweites Opfer zu und zog die Klinge aus dessen Brust. Als er die Waffe wegsteckte, winkte er mit dem Zeigefinger seiner linken Hand.
    »Und jetzt kommst du mit.«
    Della blieb stehen. Obwohl sie vorhin getrunken hatte, spürte sie in ihrem Hals eine Trockenheit, die nicht natürlich war. Eine Folge ihrer Furcht.
    Ja, auch Della hatte Angst vor diesem verwachsenen Gnom, obwohl der ihr Vater war.
    Er streckte einen Arm aus. »Ich warte…«
    »Nein, verdammt.« Sie trat mit dem Fuß auf. »Ich bin freiwillig hergekommen. Er hat mich überhaupt nicht geholt. Ich wollte einen Job finden, er hat mir einen gegeben.«
    »Das weiß ich«, flüsterte der Gnom. »Das weiß ich sehr genau. Ich habe gesehen, wie du in seinen Armen lagst. Wie er dich anfaßte, überall berührte. Das hat er jetzt gebüßt. Du wirst zu mir zurückkehren. Nur in meiner Wohnung sollst du leben.«
    »Ich will nicht mehr in die Erde!« schrie sie. »Verdammt, ich will es nicht mehr!«
    »Danach wirst du nicht gefragt. Heute ist mein großer Tag, meine gewaltige Stunde. Heute werde ich den Kraftspender sehen, den ich so brauche. Ich habe Kontakt zu ihm bekommen. Ich spüre, daß der Würfel dabei ist, Entfernungen hinter sich zu lassen. Er wird mich erreichen, er wird mir seine Kraft geben, so daß ich auch gegen meine vielen Feinde ankommen kann.«
    »Es hat doch keinen Sinn«, versuchte Della den Verwachsenen zu überreden. Das Wort Vater wollte ihr einfach nicht über die Lippen kommen. »Wirklich, es hat keinen Sinn.«
    »Und wieso nicht?«
    »Du kannst es nie schaffen. Man ist dir auf die Spur gekommen. Dieser Mann aus dem Kloster.«
    »Interessiert mich nicht. Wenn mir der Würfel die Kraft für die weiteren Leben gegeben hat, bin ich unbesiegbar. Mein Haus wird zu einer dämonischen Trutzburg, in dem sich viele Schwarzblütler wohl fühlen können. Und du wirst mir dabei zur Seite stehen, Della.«
    »Nein, nein…«
    Er lachte spärlich. »Willst du auch sterben?« erkundigte er sich.
    »Ich bin bereit, jedes Opfer zu bringen, und da mache ich bei dir auch keine Ausnahme. Heute verschone ich dich. Daß du mir davongelaufen bist, schreibe ich deiner Jugend zugute, aber wehe dir, du versuchst es noch einmal. Dann garantiere ich für nichts.«
    Zum erstenmal bekam auch Della vor ihrem Vater Angst. Bisher hatte ihr nicht einmal sein Aussehen etwas ausgemacht. Nun aber fürchtete sie sich, denn sie wußte genau, daß ihr Vater auch sie nicht schonen würde, wenn es um seine Pläne ging. Er war ein Ausgestoßener, ein Verwachsener,

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