0363 - Der Gnom mit den sieben Leben
einer ruhigen Stunde konnte ich mit Jane möglicherweise darüber sprechen, jetzt war nicht die richtige Zeit.
»Du gehst so langsam, John«, sagte sie lächelnd und ein wenig vorwurfsvoll. »Ich bin keine Kranke.«
»Aber du hast…«
»Das Herz schlägt normal, John. Wenn du es nicht glaubst, frag Professor Prescott.«
»Es stimmt, Mr. Sinclair«, antwortete der Arzt. »Das Herz schlägt völlig normal. Es gibt keine Rhythmusstörungen, alles ist wunderbar. Ich kann es selbst nicht fassen.«
»Da hörst du es.«
»Okay, ihr beide habt mich überzeugt.«
Wir hatten mittlerweile die Sitzgruppe erreicht. Bill hatte der Detektivin bereits einen Sessel zurechtgerückt, in den sie sich setzen konnte.
Zuerst begrüßte Jane meine beiden Freunde. Sie umarmte Bill und auch Suko. Die beiden strahlten vor Freude, denn auch sie hatten mit mir in den vergangenen Monaten gelitten.
Als Jane sich gesetzt hatte, drehte sie so heftig den Kopf, daß ihre langen Haare flogen. »Kann ich etwas zu trinken bekommen?« wandte sie sich an den Professor.
»Dem steht nichts im Wege.«
»Dann hätte ich gern einen Whisky.«
Wir schauten sie überrascht an. »Wirklich?« fragte ich.
»Sicher, John. Du glaubst gar nicht, wie ich mich auf diesen Schluck gefreut habe.«
»Wenn du meinst.«
Gläser standen bereit, die Flasche ebenfalls, und so schenkte ich ihr einen Schluck ein. »Den Champagner trinken wir später«, sagte ich, als ich auch die Gläser meiner Freunde und das meine füllte.
»Einverstanden, Jane?«
»Immer.«
Keiner von uns bemerkte, wie sich der Professor zurückzog. Nur die Tür hörten wir, als sie ins Schloß fiel.
Wir hoben unsere Gläser. Über die Ränder schauten wir uns an.
Jeder wartete auf einen Trinkspruch des anderen, doch niemand traute sich so recht.
Ich fing Bills Nicken auf und machte den Anfang. »Auf dich, Jane, auf deine Rückkehr ins normale Leben, und auf uns und die Freunde, die dies leider nicht miterleben können. Cheers!«
Wir leerten die Gläser. Als Jane das Glas zurückstellte, blieb sie für einen Moment in der vorgebeugten Haltung sitzen und schaute nachdenklich auf die Tischplatte. Ihre Stirn hatte sich dabei in Falten gelegt.
»Hast du etwas?« erkundigte ich mich.
»Nein, nicht direkt.«
»Dann raus damit!« forderte Bill. »Es ist klar, daß du die Vergangenheit nicht so ohne weiteres über Bord werfen kannst, aber wir werden dir helfen. Auch Sheila und Shao…«
»Ja, wie geht es den beiden?«
»Gut, wie ich hoffe. Während wir hier in den Staaten hocken, befindet sich Shao bei Sheila. Ich muß sie übrigens noch anrufen und ihr Bescheid geben. Die beiden machen bestimmt ein Fest, wenn wir heil undgesund wieder in London eintreffen.«
»Möglich…«
Mir gefiel die Antwort nicht. Sie war so traurig dahingesagt worden. »Ja, was ist denn? Rede doch frei von der Leber weg.«
Jane spielte mit dem Glas. Ihre Bewegungen waren hilflos, als sie die Schultern hob. »Ich kann es euch jetzt nicht erklären. Ich brauche ein wenig Zeit, aber ich verspreche, euch über alles zu informieren. Okay?«
»Ja«, stimmte ich zu. »Du hast uns allerdings auch neugierig gemacht.«
»Vergiß es.«
Suko schaute seltsam und unwissend. Ebenfalls Bill. Wir konnten uns keinen Reim auf Janes Antworten machen.
»Und wo ist der Würfel?« fragte sie plötzlich.
Da hatte sie uns. Keiner gab ihr eine Antwort. Jane blickte von einem zum ändern. Forschend, fragend, und wir trauten uns nicht, ihr die Wahrheit zu sagen.
»Ihr habt ihn also nicht!« stellte sie fest.
»Genau!« bestätigte Suko.
»Und wo ist er?«
Zuerst hob ich die Schultern, danach Bill, und nur Suko versuchte eine Antwort zu geben. »In der Erde.«
»Wie?«
»Jane, ich habe es nicht geschafft!« Nach diesen Worten setzte ich mich auf die Kante. »Ich habe verloren, wenn du verstehst. Die andere Seite war stärker.«
»Der Spuk oder der Teufel?« Auch sie wußte Bescheid, welch mächtige Wesen hinter dem Würfel hergewesen waren.
»Vielleicht beide.«
»Nein, John, das kann nicht sein. Beide gehören zu den Schwarzblütlern, aber sie sind verflixt unterschiedlich, das weißt du selbst. Komm, rede dich nicht heraus.«
»Wir wissen es nicht«, sagte Bill. »Wie kommt das?« Jane rutschte herum, damit sie den Reporter anschauen konnte. »Willst du es ihr nicht sagen?« fragte mich mein Freund. Ich nickte. »Hör zu, Jane, das ist eine komplizierte Geschichte, aber du wirst sie verstehen…«
In den nächsten Minuten
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