0367 - Der Hexenbaum
die Aura eines Menschen.
Aber dennoch… die Beweise, die er mit seiner magischen Kraft geliefert hatte, waren eindeutig.
Und diese Beweise retteten zugleich einem Fotografen namens Johnny Preston das Leben.
Im ersten Moment, als der Kahlköpfige sie als Hexe identifizierte, hatte sie geglaubt, Preston habe ihr diesen Mann auf den Hals geschickt. Dann, als er sich das Glas mit dem Campari zuschweben ließ, nahm sie an, Preston habe sie als echte Hexe enttarnt und deshalb einen Magier beauftragt, ihr die 30 000 Dollar wieder abzujagen. Aber dann war ihr klar geworden, daß das nicht die Art des Fotografen war. Wenn er Ahnung von Magie hatte, dann wäre ihm klar gewesen, daß es so nicht ging. So verwarf sie den ersten Gedanken wieder, Preston töten zu müssen.
Er durfte weiterleben. Vielleicht fiel er ja noch einmal auf so eine Sache herein.
Statt dessen sollte sie nun diese Su Ling töten…
Ein Gedanke kam ihr. Da war doch Sonia Parker, die unbedingt eine Hexe werden wollte. Sollte sie doch beweisen, wie weit sie zu gehen bereit war! Sollte sie doch Su Ling den Opferdolch ins Herz stoßen. Es würde ihre Einführung in den Kreis der Teufelsanbeterinnen werden! Tötete sie das Opfer, wurde sie akzeptiert, und Sybil und ihre Hexenschwestern würden sie in die Kunst der Schwarzen Magie und die Rituale einweihen, aus denen sie Kraft schöpften für ihre täglichen kleinen Gemeinheiten und Raffinessen. Versagte sie, würde Sybil die Opferung selbst vornehmen - und dann wurde auch Sonia getötet. Möglicherweise vom Teufel selbst.
Ja. So sollte es sein. Da kam ihr der Mordauftrag gerade recht. Sie erhob sich aus dem Sessel und schritt zum Telefon. Nacheinander rief sie drei verschiedene andere Frauen an, die wie sie selbst Hexen waren und die zu ihrem Zirkel gehörten. Sie teilte ihnen kurz und bündig mit, daß es ein Einführungsritual geben werde und daß sie sich auf Abruf bereit halten möchten. Es könne sehr kurzfristig geschehen.
Keine zeigte sich ablehnend.
Anschließend meldete sich Sybil Ranix telefonisch bei Sonia Parker.
»Komm zu mir. Ich habe eine Aufgabe für dich, die du erfüllen wirst, wenn du eine von uns werden möchtest«, befahl sie.
»Wo finde ich dich, Sybil?« hörte sie das andere Mädchen erregt fragen.
Sybil nannte ihr die Adresse. »Ich warte auf dich, aber ich warte nicht lange.« Und dann begann sie einige Vorbereitungen zu treffen.
***
Während sich Su Ling abmarschfertig machte, aktivierte Nicole das Amulett. Sie stellte fest, daß es fast noch leichter zu beherrschen war als Zamorras magische Scheibe. Allerdings fehlte jene innere Verbindung, die Zamorra, Nicole und Merlins Stern miteinander verband. Nicole war nicht in der Lage, Sid Amos’ Amulett mit einem Gedankenbefehl zu sich zu rufen, wie sie in einem raschen Experiment feststellte. Sie durfte es also auf keinen Fall in fremde Hände fallen lassen oder verlieren. Sie zweifelte, daß Sid Amos es rufen konnte, denn sonst hätte er nicht so darauf gedrungen, daß sie es ihm unbedingt zurückbrachte.
Nicole wob ein magisches Netz, in dem ein unbefugter Eindringling sich verfangen sollte. Ihr war zwar klar, daß eine Hexe sich daraus sehr rasch wieder würde befreien können. Aber dabei mußte sie Magie anwenden, und diese Magie wie auch die Zerstörung des Netzes sollte das Amulett eigentlich spüren können. Es war also eine Art Alarmeinrichtung, um festzustellen, ob ein Überfall stattfand.
Später, wenn Su Ling in Sicherheit gebracht war, wollte Nicole zurückkehren und die Wohnung richtig absichern. Wenn dabei sie von der Hexe überrascht wurde, hatte sie mit dem Amulett eine gute Möglichkeit, sich zu verteidigen und den Angriff zu erwidern, zumal die Hexe bestimmt nicht mit magischem Widerstand rechnen würde. Aber vorerst reichte die Zeit nicht. Nicole wußte nicht, wann der Angriff erfolgen würde, und sie wollte sich nicht auf Lings Schutz und die Hexe gleichzeitig konzentrieren müssen.
Nachdem die magische Warneinrichtung angebracht war, bediente Nicole sich Su Lings Telefon und sorgte nicht nur dafür, daß ein Taxi hierher kam, sondern auch für eine telefonische Reservierung in einem Hotel. Während der Taxifahrt hatte sie sich umgesehen, und die äußere Ansicht eines Hotels war ihr angenehm aufgefallen. Nun brauchte sie in Lings Telefonbuch nur noch nachzuschlagen und das Zimmer zu bestellen. Sie war froh, nicht wirklich in China zu sein. Dort hätte sie wesentlich größere Schwierigkeiten
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